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Luzern

Nur Schwyz und zwei weitere Kantone impfen langsamer als Luzern - nun solls schneller vorwärtsgehen

Nach einem gut inszenierten Start kommt die Impfkampagne im Kanton Luzern unterdurchschnittlich langsam voran. Nicht nur die Bevölkerung verliert die Geduld. Nun drückt der Kanton aufs Gas - und passt den Impfplan an.
Diese 90-jährige Frau aus einer Luzerner Landgemeinde erhielt als erste Schweizerin eine Corona-Impfung. (Urs Flüeler / Keystone (23. Dezember 2020))

Christian Glaus

 

Sie soll uns aus der Pandemie führen, doch ausgerechnet hier schneidet der Kanton Luzern unterdurchschnittlich ab: bei der Coronaimpfung. Gerechnet pro 100 Einwohner hat Luzern vom Bund mit Stand 7. April 27 Impfdosen bezogen. Das ist mehr als der Schweizer Schnitt von 25,54 Dosen. Verabreicht hat Luzern gemäss Zahlen des Bundesamts für Gesundheit (BAG) 18,78 Impfungen.

Langsamer als Luzern sind nur noch Schwyz, Nidwalden und Schlusslicht Zürich. Impfturbo ist der Kanton Uri auf Platz eins, gefolgt von Neuenburg und Genf. Der Kanton Zug ist in der Rangliste auf Platz sechs, Obwalden auf Platz 20.

Dass Luzern einen der letzten Plätze einnimmt, passt so gar nicht zum Signal, welches der Kanton am 23. Dezember ausgesendet hat. Eine 90-jährige Luzernerin erhielt den schweizweit ersten Piks, das Bild machte in der ganzen Schweiz die Runde.

Dass der Kanton Luzern zu den Schlusslichtern gehört, ist gemäss David Dürr, Leiter der Dienststelle Gesundheit und Sport, auf zwei Ursachen zurückzuführen: «Im Kanton Luzern gibt es jeweils – wie vom BAG empfohlen – Rückstellungen für die zweiten Impfungen.» Damit würden Unregelmässigkeiten bei den Lieferungen kompensiert und es müssten keine zweiten Impftermine verschoben werden, sagt Dürr: «Dies hat sich in der Vergangenheit bereits mehrfach bewährt.» Die andere Ursache bestehe in der Bevölkerungsstruktur: «Der Kanton Luzern hat vergleichsweise eine eher jüngere Bevölkerung. Deshalb erhält er anteilsmässig weniger Impfstoff als andere Kantone mit einer vergleichsweise älteren Bevölkerung.» Ausserdem würden mehrere Kantone nicht allen verfügbaren Impfstoff beziehen, um bei den Kennzahlen besser dazustehen. Neben den erhaltenen Impfdosen und den verabreichten Impfungen müsse auch die Zahl der ausstehenden Impftermine miteinander verglichen werden.

Nun will der Kanton wieder das ursprünglich eingeschlagene Tempo erreichen. Am Montag hat er den Impfplan angepasst, diesmal zu Gunsten der Impfwilligen: Ab Mai soll die breite Bevölkerung geimpft werden. Dies war bisher erst ab Juni vorgesehen. «Gegenwärtig und in den nächsten Wochen erwarten wir grössere Mengen an Impfstoff, mit denen wir das Tempo beschleunigen können», sagt David Dürr. Erwartet werden über 60'000 Impfdosen, ein grosser Teil davon ist bestätigt. Dürr ruft die Bevölkerung dazu auf, sich nun für einen Termin in einem der Impfzentren Luzern und Willisau (voraussichtlich ab 26. April geöffnet) anzumelden. Für Willisau sind innerhalb von knapp einer Woche nur rund 3500 Anmeldungen eingegangen. Beim aktuellen Anmeldestand wären die Impfungen bereits innert weniger Tage abgeschlossen. Der zusätzliche Impfstoff ermöglicht es laut Dürr, auch Impfungen in ausgewählten Arztpraxen und Apotheken anzubieten. Ziel sei es, in diesen Institutionen vor allem ältere Personen und chronisch Kranke zu erreichen, die sich nicht in ein Impfzentrum begeben können oder wollen.

Im Schnitt 22 Prozent der Impfstoffe als Reserve

Das bisher unterdurchschnittliche Tempo im Kanton Luzern hat in der Bevölkerung für Unmut gesorgt. Leser schreiben gegenüber unserer Zeitung vom «Impftrödelkanton» oder vom «Nichtfunktionieren der Impfaktivitäten». Dienststellenleiter Dürr zeigt dafür Verständnis. «Wir würden gerne mehr verimpfen», sagt er.

«Der Kanton Luzern hortet keine Impfdosen im Kühlschrank.»

Der Impfstoff werde möglichst rasch verabreicht, «damit die impfwillige Luzerner Bevölkerung so gut und schnell als möglich vor Covid-19 geschützt wird». Eine Auswertung unserer Zeitung zeigt, dass Luzern in den vergangenen Monaten im Schnitt rund 22 Prozent der erhaltenen Impfstoffe als Reserve hatte.

Andere Kantone, darunter Zug, legten ein schnelleres Tempo vor. Sie verabreichten die erhaltenen Dosen sofort und standen zwischenzeitlich mit leeren Händen da, mussten also geplante Impfungen verschieben. Zug etwa lebte insgesamt knapp drei Wochen über seinen Verhältnissen, konnte Zweitimpfungen nicht wie geplant durchführen, weil erwartete Dosen zu spät eintrafen. Einmalig erhielten die Zuger Impfstoffe aus Kantonen, die zurückhaltender mit der knappen Ware umgingen – auch aus Luzern. Gesundheitsdirektor Martin Pfister (CVP) sagt: «Wie vom BAG empfohlen, verabreichen wir die erhaltenen Impfdosen so schnell wie möglich.» Dass wegen Engpässen Impfungen teilweise verschoben werden mussten, sei zwar für die Betroffenen ärgerlich, aus medizinischer Sicht aber unproblematisch. Der Impfstofftausch mit Luzern sei inzwischen ausgeglichen worden.

Kommission nimmt sich dem Impftempo an

Verschiebungen von Zweitimpfungen riskieren oder Reserven anlegen? Das scheint eine Glaubensfrage zu sein. Keine Freude am Luzerner Impftempo hat Jim Wolanin, FDP-Kantonsrat und Präsident der Kommission Gesundheit, Arbeit und soziale Sicherheit. «Die Position des Kantons Luzern auf der nationalen Rangliste gefällt mir nicht», sagt Wolanin auf Anfrage. Die Hintergründe kenne er nicht, diese sollen kommende Woche an der nächsten Kommissionssitzung besprochen werden. Wolanin versteht, dass der Kanton nach den Problemen mit den Impfstofflieferungen die Dosen zurückhaltend verabreicht. Aber:

«Alle Kantone haben dieselben Probleme und dennoch schaffen es andere, schneller zu impfen. Jeder Tag, der verstreicht, kostet uns.»

Wolanin hofft, dass der Kanton Luzern mit den grösseren Lieferungen, die er nun erhalten soll, das Tempo deutlich erhöht.

Mit einem gewissen Unbehagen verfolgt Ueli Zihlmann, Geschäftsführer der Ärztegesellschaft Luzern, die Diskussionen über das Impftempo in den Kantonen. «Da findet ein kurioser Wettbewerb statt», sagt er. Der Kanton Luzern habe mit den Impfungen in den Heimen rasch vorwärtsgemacht, sei aber «vom Bundesamt für Gesundheit ausgebremst» worden. Zihlmann spricht vom «Versagen des BAG». Zudem seien dessen Angaben zur Lieferung der nächsten Impfstoffe nicht verlässlich.

Zihlmann nimmt das Gesundheits- und Sozialdepartement in Schutz, zumindest ein Stück weit.

«Nicht besonders klug war der schnelle und medienwirksam inszenierte Start der Impfkampagne im Dezember.»

Denn damit seien – obwohl nur wenige Packungen des ersten Impfstoffs zur Verfügung standen – Erwartungen geschürt worden, die der Kanton schliesslich nicht erfüllen konnte. Und nun wird die Bevölkerung scheinbar immer ungeduldiger. Auch Ueli Zihlmann stellt dies fest. Zu Beginn der Kampagne sei es darum gegangen, besonders gefährdete Personen vor Corona zu schützen. Aus medizinischer Sicht sei dieses Ziel noch nicht erreicht, noch seien längst nicht alle Risikopatienten geimpft. Hier kommen Ende Monat die Hausärzte ins Spiel. Für breite Teile der Bevölkerung stehen inzwischen aber möglichst rasche Öffnungsschritte und damit verbunden die Rückkehr zur Normalität im Vordergrund.

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