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«Wort zum Sonntag»

Der Entlebucher Urs Corradini ist ein gefragter Mann

Seit 2013 leitet Urs Corradini den römisch-katholischen Pastoralraum Mittleres Entlebuch. Doch nicht nur das: Seit einem halben Jahr ist der Schüpfheimer auch Sprecher der SRF-Sendung «Wort zum Sonntag». Seine dortigen Äusserungen stossen nicht immer auf Begeisterung.
Urs Corradini – hier vor der Pfarrkirche Johannes und Paulus in Schüpfheim – leitet seit sechs Jahren den Pastoralraum Mittleres Entlebuch. (Bild: Manuela Jans-Koch, 22. Februar 2019)
Urs Corradini in seinem Arbeitszimmer im Schüpfheimer Pfarrhaus. Seine Familie bewohnt den Stock darüber. (Bild: Manuela Jans-Koch, 22. Februar 2019)

Lucien Rahm

Für Urs Corradini war schon als Kind klar, dass er sich in den Dienst der katholischen Kirche stellen wird. Warum genau, lasse sich nicht sagen. «Ich hatte kein spezielles Berufungserlebnis, ich wusste es einfach immer schon», sagt der Entlebucher Pastoralraumleiter, der seit 2013 die Pfarreien Schüpfheim, Flühli und Sörenberg leitet, und ausserdem als oberster katholischer Armeeseelsorger und «Wort zum Sonntag»-Sprecher beim SRF tätig ist.

Auch, wo Corradini genau herkommt, lasse sich nicht so klar bestimmen. Geboren im sanktgallischen Goldingen, wuchs er zunächst dort und danach in Emmenbrücke auf, wo er die Primarschule besuchte. Anschliessend führte sein Weg bereits ganz in die Nähe der Kirche. In Engelberg trat Corradini ins Internat ein und ging sieben Jahre lang zur Klosterschule. Nicht fremdbestimmt, etwa durch die Eltern – «das war mein eigener Wunsch», sagt der heute 49-Jährige. Nach erhaltener Matura folgte das Theologiestudium an der Universität Fribourg, das er 1994 mit dem Lizenziat abschloss. Später doktorierte er auch dort.

Von der Uni direkt in die Kirche – und in die Armee

Corradinis Weg führte ihn nach dem Studium direkt weiter in die Kirche. «Das ist heute nicht mehr üblich.» Als Pastoralassistent begann er seinen kirchlichen Dienst in einer Thuner Pfarrei. Just am selben Ort wurde er etwas später auch als Armeeseelsorger aktiv. Nach der Rekrutenschule als Spitalsoldat absolvierte Corradini die Feldpredigerschule. So konnte er zehn Jahre seines Militärdiensts als katholischer Seelsorger auf dem Waffenplatz Thun leisten.

In dieser Funktion kümmerte sich Corradini um die Sorgen der Soldaten: «Gewissensprobleme, die Frage nach waffenlosem Dienst oder religiöse Fragen.» Aber auch tragische Ereignisse erlebte Corradini in dieser Zeit. So begleitete er unter anderem eine Truppe während des Abschiedes eines im Dienst verstorbenen Soldaten. Bei einem Unfall mit einem Aufklärungsfahrzeug zog sich einer der mitfahrenden Rekruten derart schwere Verletzungen zu, dass er im Spital verstarb. «Das war ein schwieriges Gespräch, das ich mit seinen Eltern führen musste.»

«Wort zum Sonntag» in Armeeuniform führte zu Kritik

Nach zehn Jahren als Armeeseelsorger an verschiedenen militärischen Schulen gelangte Corradini zunächst auf die Stabsebene, bis er dann vor vier Jahren zum Chef der katholischen Armeeseelsorger ernannt wurde. Als solcher – zumindest optisch – trat er vor kurzem auch im Schweizer Fernsehen auf, wo er seit letztem Oktober regelmässig das «Wort zum Sonntag» spricht (wir berichteten). In einem seiner bislang sechs «Worte» trug er seine Armeeuniform, um zum Start der Winter-RS einige Sätze über das Militär und seine heutige Bedeutung zu verlieren. Sätze, die nicht bei allen Zuschauern gut ankamen.

Für einige Zuseher stehe die Uniform – für diese Symbol für Gewalt anwendendes Militär – im Widerspruch zur friedlichen Botschaft der Bibel. Auch ein Kollege aus der Kirche habe sich hierüber beschwert, sowie einige weitere Zuschauer. Eine Reaktion, die Corradini bewusst in Kauf genommen hat. Für ihn selbst besteht die Unvereinbarkeit von Bibelbotschaft und Gewaltanwendung indes nicht. «Für mich ist Waffengewalt zur Vermeidung von grösserem Unrecht legitim.» Auch aus der Bibel lasse sich das herleiten: Namentlich aus dem Auftrag, den Schwachen beizustehen. «Man kann doch nicht einfach zuschauen, wenn jemand massakriert wird.»

Handgeschriebene Briefe älterer Damen

Die Mehrheit der Rückmeldungen zum «Armee-Wort» – für keine seiner Sendungen gab es bisher mehr – sei jedoch positiv gewesen, sagt Corradini. «Viele, die etwas armeenah sind, haben sich darüber gefreut, dass so etwas im Fernsehen noch Platz hat.»

Auch sein «Wort» zum Thema «Leben und Sterben» brachte ihm zustimmende Reaktionen ein. Darin spricht sich Corradini kritisch gegenüber gewissen Formen der Sterbehilfe aus – und für den Erhalt des Lebens. «Dazu erreichten mich ein paar handgeschriebene Briefe – vor allem von älteren Damen, die sich dadurch ermutigt fühlten.»

Arbeitswoche hat nicht selten sieben Tage

Das Engagement beim «Wort zum Sonntag» – es ist jeweils auf zwei Jahre begrenzt – sei eine «rechte Büez», so Corradini. «Sehr herausfordernd, aber auch sehr spannend.» Mit den anderen zahlreichen Funktionen, die er zudem ausführt (Pastoralraumleiter mit drei Pfarreiteams, Religionslehrer, kirchliche Jugendarbeit, Leitung des Liturgieteams, Vorsteher («Präses») zweier Kirchenchöre, Pfarreiblatt-Autor und Weiteres), kommt somit einiges zusammen. «Es sind lange Arbeitstage, und die Woche hat gewöhnlich sechs davon. Nicht selten auch sieben.» Doch es gehe ihm gut dabei. «Es ist eine vielfältige Arbeit – sehr spannend und abwechslungsreich.»

Damit seine Familie dennoch nicht zu kurz kommt, gönnt sich Corradini zwischendurch ein freies Wochenende. An diesen widme er sich voll und ganz seiner Frau und den drei Kindern. Doch auch während der langen Arbeitstage muss seine Familie oft nicht auf ihn verzichten. Sein Büro befindet sich im Erdgeschoss des Pfarrhauses in Schüpfheim, welches die Corradinis bewohnen. Entlastet wird er zudem seit vergangenem Jahr durch einen Pastoralassistenten, der ihn bei der Arbeit in den drei Entlebucher Pfarreien unterstützt.

So hat Corradini nun wieder etwas mehr Zeit für seine zahlreichen Tätigkeiten. Der Jüngsten davon ist er am vergangenen Sonntag wieder nachgegangen. In seinem neusten «Wort» widmet er sich Kindern – allerdings vor einem kritischen Hintergrund. Er thematisiert die Diskussion um den chinesischen Wissenschafter, der vorgibt, menschliche Zwillinge genmanipuliert zu haben.

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