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Luzern

Auch Verkehrsverbund Luzern und Bundesamt für Verkehr hätten bestimmter handeln können

Der unabhängige Untersuchungsbericht zum Debakel um die Verkehrsbetriebe Luzern durchleuchtet auch die Rolle der Subventionsgeber: Diese hätten schon vor der Postauto-Affäre 2018 härter durchgreifen können, kritisieren die Autoren.
Die Verkehrsbetriebe Luzern organisieren den öffentlichen Busverkehr in der Agglomeration. (Symbolbild: Jakob Ineichen (Luzern, 12. März 2020))

Simon Mathis

Mittlerweile ist aus dem Subventionsdebakel rund um die Verkehrsbetriebe Luzern (VBL) ein Rechtsfall geworden. Der Verkehrsverbund Luzern (VVL) und das Bundesamt für Verkehr (BAV) wollen je eine separate Strafanzeige gegen die Verantwortlichen der VBL einreichen. Dabei stützen sie sich auf einen unabhängigen Untersuchungsbericht, den der Luzerner Stadtrat am vergangenen Freitag veröffentlicht hat. Dieser zeige, dass «die Verantwortlichen der VBL seit 2010 im subventionierten ÖV Gewinne erzielten und diese gegenüber den Bestellern nicht auswiesen», schreibt das BAV.

Obwohl sich die Kritik des Berichtes klar auf die Verkehrsbetriebe fokussiert; ganz unbescholten gehen auch die beiden Subventionsgeber BAV und VVL nicht aus der Untersuchung hervor. Die Autoren kommen nämlich zum Schluss, dass man den VBL durchaus genauer hätte auf die Finger schauen können. Laut Bericht ist BAV «insbesondere zuständig für die subventionsrechtliche Prüfung der Abrechnungen». Und dem Verkehrsverbund kämen auch Aufsichtsfunktionen zu. Die Autoren halten aber auch fest, dass die gesetzlichen Vorgaben zur Aufsicht «nicht restlos klar» seien.

Wollten die «Herren des BAV» nicht kritisieren?

Die Art und Weise, wie das BAV seine Aufsicht wahrgenommen habe, die Zurückhaltung des VVL sowie die unklaren Vorgaben bezeichnen die Autoren «in ihrer Gesamtheit als unglücklich». Im Zentrum der Kritik steht, dass VVL und BAV ihre Haltungen und Forderungen erst nach der Postauto-Affäre 2018 wirklich konsequent durchgesetzt hätten. Ein wichtiges Dokument in dieser Hinsicht ist der Revisionsbericht, den das Bundesamt für Verkehr 2012 für den VVL abgefasst hat. Der VVL gab ihn in Auftrag, um sich zu versichern, dass die Verkehrsbetriebe die Vorgaben einhalten.

Laut Bericht hatten die VBL den Eindruck, dass die Prüfung durch das BAV mit «gewisser Zurückhaltung» erfolgte. Der Bericht zitiert ein VBL-Dokument; es besagt, dass «die Herren des BAV nicht die Absicht hätten, das VBL-Modell zu kritisieren, sondern im Gegenteil deren Rechtmässigkeit bestätigen möchten, sofern nicht irgendwelche neuen Erkenntnisse dagegen sprechen würden».

VBL-intern wurde anscheinend auch vermerkt, ein erster Entwurf des BAV-Berichts hätte den VVL «direkt zu weiteren Abklärungen» animiert. Denn der Entwurf hielt anscheinend fest, «dass verschiedene Aspekte der VBL-Holdingstruktur nicht überprüft worden seien, so etwa die Berechtigung der Verrechnungssätze». Die Geschäftsleitung habe «dann aber in wesentlichen Punkten eine Verbesserung erreichen» können, «indem sie den Bericht in manchen Bereichen zu Handen des BAV korrigierte».

VVL sah keinen Sinn im Einleiten zusätzlicher Schritte

Für den Verkehrsverbund war die definitive Version des BAV-Berichtes offenbar «sehr ernüchternd». Der VVL bekam den Eindruck, dass das BAV ihn mit seinen Bedenken «allein» lasse. Die VBL zitieren den BAV-Bericht bis heute als Bestätigung dafür, dass alle von der mittlerweile umstrittenen Verrechnungspraxis wussten und niemand sie beanstandete. Dass der Verkehrsverbund nicht strenger durchgriff, erläutert VVL-Mediensprecher Romeo Degiacomi wie folgt: «Nach dem BAV-Bericht von 2012, auf den sich die VBL immer wieder berufen haben und der, wie sich jetzt herausgestellt hat, durch die VBL in deren Gunsten beeinflusst worden ist, bestand keine Aussicht auf Erfolg durch Einleiten zusätzlicher Schritte.»

Zum Bericht von 2012 schreibt das BAV auf Anfrage, dass er zu «wenig präzis abgefasst war». Ganz allgemein sagt Mediensprecher Andreas Windlinger:

«Aus heutiger Sicht sind auch dem BAV in der Thematik VBL Fehler unterlaufen. Diese werden intern gründlich aufgearbeitet und die Lehren daraus gezogen.»

Der externe Untersuchungsbericht bestätigt laut Degiacomi, dass der VVL auch in den Folgejahren von der VBL immer wieder mehr Transparenz und Einsicht in die Bücher verlangt habe, was dem Verkehrsverbund jedoch verwehrt worden sei. Erst im Anschluss an die Aufdeckung der Postauto-Affäre im Jahr 2018 habe sich auf politischer Ebene und in der öffentlichen Meinung die Forderung nach mehr Transparenz bezüglich Abgeltungen im subventionierten ÖV durchgesetzt.«Im Anschluss an die Postauto-Affäre war es der VVL, der sofort und aktiv die nötigen Schritte zur Aufarbeitung unternahm», so Degiacomi.

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