notifications
Luzern

Schulhaus Grenzhof wird unter Denkmalschutz gestellt

Niederlage für den Luzerner Stadtrat: Er soll seine Abriss-Pläne für das Schulhaus Grenzhof beerdigen. Das fordert der Kanton - er beurteilt die Schulanlage aus dem Jahr 1964 als «besonders schutzwürdig». Doch der Stadtrat will den Entscheid nicht akzeptieren.
Das Schulhaus Grenzhof in Littau: Die Stadt will es nicht sanieren und dafür das näher gelegene Schulhaus Rönnimoos ausbauen. (Bild: Dominik Wunderli, 22. November 2016)

Robert Knobel

Das Urteil der kantonalen Dienststelle für Hochschulbildung und Kultur ist unmissverständlich: Das Schulhaus Grenzhof in Littau sei ein «besonders schutzwürdiges Kulturdenkmal, an dessen Erhalt ein hohes öffentliches Interesse besteht». Deshalb hat die Dienststelle nun beschlossen, die Schulanlage unter Denkmalschutz zu stellen. Beantragt hatte die Unterschutzstellung die kantonale Denkmalpflege (wir berichteten). Damit stellt sich der Kanton definitiv gegen die Pläne des Luzerner Stadtrats. Dieser wollte das Schulhaus nämlich abreissen und den Schulbetrieb in der nahegelegenen Schulanlage Rönnimoos konzentrieren. Wo heute das Grenzhof-Schulhaus steht, hätten dereinst Wohnungen gebaut werden sollen.

Dass sich diese Pläne nicht so einfach umsetzen lassen, hat sich schon länger abgezeichnet. Es begann mit einer Protestnote von Architektenverbänden im vergangenen Frühling, welche den Stadtrat aufforderten, das Schulhaus zu erhalten. Der Grenzhof wurde Mitte der 60er-Jahre von den beiden Luzerner Architekten Friedrich E. Hodel und Hans U. Gübelin erbaut. Gemäss dem Kanton ist der Grenzhof ein «bedeutender Vertreter der gebauten Pädagogik der Nachkriegszeit».

Kanton zerzaust Argumente des Stadtrats

Auch das Stadtparlament verknurrte den Stadtrat zu einem Marschhalt - solange bis das Urteil des Kantons vorliegt. Dies ist nun geschehen. Bemerkenswert ist, dass der Kanton alle wichtigen Argumente des Stadtrats für einen Abriss geradezu zerzaust. So hatte der Stadtrat unter anderem aus städtebaulichen Gründen dafür plädiert, das Schulhaus durch eine Wohnüberbauung zu ersetzen, welche im Quartier eine Verbindungsfunktion hätte. Der Kanton hingegen findet, dass gerade die heutige Schulanlage Grenzhof ein «eigentliches Quartierzentrum» und ein «wichtiger Sozialraum» in diesem «zum Teil stark belasteten Quartier» darstelle.

Auch von einer Verlagerung des Schulbetriebs ins Rönnimoos hält der Kanton offenbar wenig. Das Schulhaus Grenzhof könne für rund 28 Millionen Franken saniert werden und sei danach «vollumfänglich für den Schulbetrieb nutzbar». Allerdings mischt sich der Kanton mit dieser Aussage in die internen Belange der Stadt Luzern ein - die Stadt kann nämlich selber entscheiden, wie sie ihren Schulbetrieb organisiert. Sollte die Stadt an der Zusammenlegung im Rönnimoos festhalten, stellt sich allerdings die Frage, was mit dem Schulhaus Grenzhof passiert, wenn es nicht abgerissen werden darf. Der Stadtrat hatte stets argumentiert, das Gebäude eigne sich nicht für eine Umnutzung.

Stadtrat reicht Beschwerde ein

Der Luzerner Stadtrat hat bereits angekündigt, er werde den Entscheid des Kantons nicht akzeptieren und Beschwerde beim zuständigen Regierungsrat Reto Wyss einlegen. Der Stadtrat hält am Abriss der Schulanlage Grenzhof fest – unter anderem deshalb, weil in den Gebäuden erhöhte Werte von Naphtalin festgestellt wurden (siehe Kasten unten). Dabei handelt es sich um denselben Schadstoff, der kürzlich in Ebikon im Schulhaus Höfli für Schlagzeilen sorgte. In Ebikon wurde das Schulhaus inzwischen geräumt, es soll bald abgerissen werden. Auch im Grenzhof werden die Schüler neuerdings teilweise in Provisorien unterrichtet, weil die Schadstoffwerte insbesondere im Trakt 2 des Schulhauses zu hoch sind. Aufgrund dieser Situation sei ein Erhalt der Schulanlage nicht mehr gerechtfertigt, findet der Luzerner Stadtrat. Man hoffe, das Projekt inklusive Ausbau der Schulanlage Rönnimoos rasch realisieren zu können.

Skepsis im Stadtparlament

Beim Stadtparlament hat der Stadtrat mit dieser Haltung allerdings keinen leichten Stand. Er musste bereits Kritik einstecken, weil er die Abriss-Pläne vorantrieb, obwohl die Stellungnahme der Denkmalpflege noch gar nicht vorlag. Rieska Dommann (FDP) ist nicht überrascht über den kantonalen Entscheid: «Aus fachlicher Sicht ist längst klar, dass es sich um ein herausragendes Objekt handelt.» Umso mehr ärgert er sich darüber, dass der Stadtrat am Abriss festhält. «Mit seiner sturen Haltung verlängert er das Prozedere unnötig, was zu einer weiteren Verhärtung der Fronten führt.» Dommann spricht damit die Boykott-Drohungen des Schweizer Architektenverbands an. Aus Protest gegen den Grenzhof-Abriss kündigte der Verband einen Boykott des Architekturwettbewerbs fürs Rönnimoos an.

Auch Judith Wyrsch (GLP) bezweifelt, dass eine Beschwerde vonseiten des Stadtrats die richtige Strategie ist, und Korintha Bärtsch (Grüne) findet das Grenzhof-Rönnimoos-Projekt grundsätzlich falsch. «Das Grenzhof ist ein pädagogisch herausragendes Primarschulhaus und soll auch als Primarschule genutzt werden. Eine andere Nutzung dafür zu suchen wäre falsch.» Auch die SP sieht den Stadtrat dazu gezwungen, die Situation neu einzuschätzen und Lösungen zu suchen, die mit dem Denkmalschutz im Einklang stehen.

SP-Grossstadtrat Mario Stübi kritisiert aber auch den Kanton: «Bedauerlich ist das lange Warten auf den Befund des Kantons, denn dieser wurde der Stadt ursprünglich auf Ende 2017 in Aussicht gestellt.» Stübi erinnert zudem daran, dass das endgültige Verdikt ja noch nicht gefallen sei.

Ganz auf die Seite des Stadtrats stellt sich die CVP: «Es ist schade, dass die Gesundheit der Schüler und Lehrpersonen beim Entscheid des Kantons offenbar keine entscheidende Rolle spielte», sagt CVP-Grossstadtrat Roger Sonderegger. Er frage sich zudem, weshalb der Denkmalschutz derart «elitär organisiert» sei. «Ich wäre dafür, dass das Volk viel mehr Mitspracherecht erhält», so Sonderegger. Ähnlich sieht dies die SVP, die den Stadtrat unterstützt. «Offensichtlich setzt der Kanton ein Machtzeichen auf Kosten der Schulkinder», sagt SVP-Fraktionschef Marcel Lingg.


Kommentare (0)