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Luzern

Revision des DNA-Profil-Gesetzes: Zentralschweizer Kantone wollen Schranken öffnen

Die Mehrheit der Zentralschweizer Regierungen möchte aus biologischem Spurenmaterial den grösstmöglichen Nutzen herausholen.
Albert Vitali, Luzerner FDP-Nationalrat.

Evelyne Fischer

Weiblich oder männlich: Das Geschlecht einer Person ist derzeit das Einzige, was Strafverfolgungsbehörden aus DNA-Material herauslesen dürfen. Künftig könnte sichergestelltes biologisches Spurenmaterial wie Blut oder Haare viel detaillierter ausgewertet werden. Die Revision des DNA-Profil-Gesetzes soll es Strafverfolgern erlauben, neu auch Augen-, Haar- und Hautfarbe, die biogeografische Herkunft sowie das Alter zu eruieren. Die sogenannte Phänotypisierung soll – beispielsweise zusammen mit Zeugenaussagen oder der Auswertung digitaler Daten – ein schärferes Bild der gesuchten Person abgeben.

Kürzlich endete die Vernehmlassung zur Bundesvorlage. Nun zeigt sich: Bis auf Uri und Nidwalden haben alle Regierungen der Zentralschweiz eine Stellungnahme eingereicht – und begrüssen die Gesetzesrevision. In Luzern, Zug und Obwalden würde man sich gar wünschen, die Schranken noch weiter zu öffnen. Sprich: sich nicht nur auf die Auswertung äusserlicher Merkmale zu beschränken.

Der geplante «abschliessende Katalog auf Gesetzesebene» sei zu starr, hält dazu der Luzerner Justiz- und Sicherheitsdirektor Paul Winiker (SVP) fest. Parteikollege Stephan Schleiss, Landammann von Zug, pflichtet in seinem Schreiben bei: Eine fixe Aufzählung berge die Gefahr, «dass das Gesetz dem wissenschaftlichen Fortschritt permanent nachhinkt und nicht aktuell ist».

Christoph Amstad (CVP), Vorsteher des Obwaldner Sicherheits- und Justizdepartements, fände es ebenfalls zielführend, wenn sich auch angeborene Veranlagungen – beispielsweise Farbenblindheit – feststellen liessen. Wohlwissend, dass die Phänotypisierung «keine Wunderwaffe» darstelle, sollten die heute zur Verfügung stehenden Möglichkeiten «im Sinne der Täterermittlung bei Schwerstdelikten so umfassend wie möglich ausgeschöpft werden können».

Wer soll ein DNA-Profil anordnen dürfen?

Ein DNA-Profil soll nur bei Verbrechen angewendet werden dürfen – also bei Straftatbeständen, die mit Freiheitsstrafen von drei Jahren oder mehr bestraft werden. Dazu zählen etwa Vergewaltigung, Mord, schwerer Raub oder Geiselnahme. Das Analyseergebnis darf nur für Ermittlungen im konkreten Fall verwendet und nicht in der Datenbank gespeichert werden.

Der Gesetzesentwurf sieht vor, dass eine Phänotypisierung durch die Staatsanwaltschaft angeordnet werden muss. Die Sicherheitsdirektoren von Obwalden und Luzern könnten sich hier auch vorstellen, diese Befugnis in die Hände der Polizei zu legen. Denn: Wie die Auswertung von Fingerabdrücken oder Wangenschleimhautabstrichen diene auch die Erstellung eines DNA-Profils der Identifizierung einer Person – und damit der Deliktszuordnung oder dem Ausschluss.

Stellungnahmen: Linksgrün meldet Skepsis an

Auf Bundesebene ist nun die Auswertung der Stellungnahmen in Gange. «Grundsätzlich wird das Vorhaben unterstützt», sagte Thomas Dayer, Sprecher des Bundesamts für Polizei (Fedpol) kürzlich gegenüber der «Neuen Zürcher Zeitung». Gemäss der Nachrichtenagentur SDA ist vor allem im linken Spektrum Skepsis spürbar: Die Grünen lehnen das neue Fahndungsinstrument gänzlich ab, die SP fordert unter anderem einen abschliessenden Deliktskatalog für die Anwendung der Methode. FDP und GLP wiederum verlangen, dass die Phänotypisierung nur bei Verbrechen gegen Leib und Leben oder die sexuelle Integrität angewandt werden darf. SVP und CVP begrüssen die Änderungen grundsätzlich.

Die Revision geht auf eine Motion des Luzerner FDP-Nationalrats Albert Vitali zurück. Nach dem Vergewaltigungsfall von Emmen reichte er den Vorstoss «Kein Täterschutz für Mörder und Vergewaltiger» ein und hielt fest: «Die neuen wissenschaftlichen Möglichkeiten von DNA-Analysen werden wegen falsch verstandenem Datenschutz nicht voll ausgeschöpft.» In Zeiten, wo in Ausnahmefällen selbst der Internet-Pranger erlaubt sei, «dürfen Mörder und Vergewaltiger nicht straffrei ausgehen, nur weil man die wissenschaftlichen Möglichkeiten nicht ausnützt». Der grundsätzlich positive Tenor der Vernehmlassung freut Vitali.

«Schon die Lancierung der Motion kam in der Öffentlichkeit gut an. Handlungsbedarf ist vorhanden, hier herrscht ein breiter Konsens.»

Zurückhaltend gibt sich Vitali betreffend einer Lockerung des Merkmalskatalogs. «Wir dürfen das Fuder nun nicht überladen.»

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