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Luzern

Oskar Mathis verlässt den Luzerner Gemeindeverband und bilanziert: «Links-Grün muss mehr kooperieren»

L-20-Urgestein Oskar Mathis verlässt die Politbühne mit dem Rücktritt aus dem Vorstand des Gemeindeverbands definitiv.
Oskar Mathis (65) aus Horw will das Rentnerdasein geniessen. (Bild: Pius Amrein (Luzern, 30.Juni 2020))
Claudia Röösli (links) und Martina Winiger. (Bild: PD)

Lukas Nussbaumer

Lukas Nussbaumer

8 Jahre im Einwohnerrat von Horw, dann 3 Jahre Mitglied der Schulpflege, schliesslich 16 Jahre Sozialvorsteher und gleichzeitig während 5 Jahre Kantonsrat und während 6 Jahre Bereichsleiter Gesundheit und Soziales im Verband der Luzerner Gemeinden (VLG): Oskar Mathis blickt auf eine lange Politkarriere in verschiedenen Funktionen zurück. Nun verlässt der letzte Woche 65 Jahre alt gewordene Horwer die Politbühne mit dem Rücktritt aus dem Vorstand des VLG (siehe Kasten) definitiv.

Für Mathis ist es ein endgültiger Abschied, er hat alle Anfragen von Verbänden und Organisationen abgelehnt. «Ich mache einen Schnitt und bereite die dritte Lebensphase bewusst vor.» Er freue sich auf Wanderungen, Radtouren und das Skifahren sowie auf die gemeinsame Zeit mit seiner Frau Monika, die auch nächstens pensioniert werde. «Sie hat mir in all den Jahren als Politiker den Rücken freigehalten. Nun steht das Privatleben im Vordergrund», sagt der Politiker der Gruppierung L20, die in Horw das links-grüne Spektrum abdeckt. Weil sich Mathis als Sozial- und Gewerkschaftspolitiker sieht, hat er sich im Kantonsrat der SP-Fraktion angeschlossen.

«Von Respekt geprägte Diskussionen»

Doch dort, im von Sachpolitik oft weit entfernten Kantonsparlament, hat sich der Sozialpädagoge und -arbeiter «nie so richtig wohlgefühlt. Ich war viel lieber Exekutivpolitiker und habe über die Parteigrenzen hinaus Lösungen gesucht.» Mathis, der vor seiner Wahl in den Gemeinderat von Horw das Kinderheim Hubelmatt in Luzern geleitet hat, ist keiner, der polarisiert. «Das geht als Exekutivmitglied nicht, auch fundamentalistische Politiker sind in einem Gemeinderat fehl am Platz.»

Seine links-grünen Positionen hat Mathis aber immer pointiert formuliert. Der frühere VLG-Präsident Rolf Born, der mit Mathis auch im Kantonsrat politisiert hat, sagt: «Oskar hat seinen Kernbereich im VLG sehr kompetent und engagiert vertreten. Es war ihm ein Anliegen, uns Bürgerlichen die links-grünen Positionen klar zu machen.» Trotz unterschiedlicher Meinungen habe er mit ihm immer sehr gut diskutieren können, der gegenseitige Respekt sei gross gewesen. Abseits der Politik, erinnert sich FDP-Mitglied Born, sei der Umgang mit dem «manchmal etwas chaotisch veranlagten» Mathis locker gewesen. Geschätzt hat Born Mathis’ Kompromissbereitschaft: «Oskar ist einer, der über den eigenen Tellerrand hinaus blickt.»

Doch verrät nicht seine Ideale, wer zu fest auf andere eingeht und stets den Kompromiss im Auge hat? Wie erreicht man als einziger Linker im VLG-Vorstand seine Ziele? Mathis umschreibt sein Rezept so: «Linke Anliegen darf man in einem bürgerlichen Kanton oder Gremium nicht mit harter Oppositionspolitik einbringen. Man muss versuchen, seine Ziele mit kleinen Schritten zu erreichen. Wer eine Mehrheit vor den Kopf stösst, hat es nachher schwer, wieder einen guten Draht zu finden.»

Ein richtig gutes Verhältnis zwischen SP und Grünen, so wie in der Horwer L 20, das würde sich der in Alpnach aufgewachsene Mathis auch auf Kantonsebene wünschen. «Links-Grün muss mehr kooperieren statt sich abgrenzen.» Eine enge Zusammenarbeit hat Mathis in den letzten Jahren auch im VLG vermisst – mit der Stadt Luzern, die den Verband aufgrund eines Parlamentsentscheids 2014 verlassen hat. «Ohne die Stadt fehlen der Blickwinkel einer Grossgemeinde und das Know-how der breit aufgestellten Verwaltung.»

«Einfluss der Gemeinden wird überschätzt»

Es ist unschwer festzustellen: Ein starker VLG ist Mathis ein grosses Anliegen. Von einer Aufteilung des Verbands in Stadt-Agglo- und Landgemeinden hält er denn auch nichts. «Die Gemeinden müssen mit einer Stimme reden, aber auch Minderheitsmeinungen sollen transparent sein. Nur so können sie sich beim Kanton Gehör verschaffen.» Die vorab von linken Kreisen geäusserte Kritik, der VLG habe zu viel Macht und betrachte sich bisweilen als vierte Staatsebene, weist er zurück. «Die Entscheide fallen im Kantonsrat. Dort sind die Gemeindevertreter mit etwas mehr als 20 von 120 Mitgliedern eine klare Minderheit. Der Einfluss der Gemeinden wird überschätzt.»

Das zeige sich etwa darin, dass es dem Kanton gelinge, den Kommunen ständig mehr Lasten aufzubürden. Mathis nennt als Beispiel einen Teil der Aufgaben- und Finanzreform, wonach die Gemeinden für die Ausrichtung aller Ergänzungsleistungen zuständig sind. Er sei im VLG angetreten, um Verbundaufgaben zwischen Kanton und Gemeinden zu bewahren. Das sei ihm in diesem Fall nicht gelungen. «Ich bedaure das, denn es handelt sich um eine Last, die von den Gemeinden sehr schwierig zu steuern und abzuschätzen ist. Es ist eine Blackbox.»

«Kanton soll strenges Regime lockern»

Ein starker Verband heisst für Mathis auch möglichst viel Gemeindeautonomie. Deshalb begrüsst er die Abkehr der Regierung von ihrer «Fusionsdruckpolitik». «Zusammenschlüsse müssen von der Basis her kommen. Verordnungen von oben schüren nur Abwehrreflexe.»

Finanzreformen, Vernehmlassungen, Fusionen – damit hat der über die Parteigrenzen hinaus geschätzte Oskar Mathis nun nichts mehr zu tun. Gefragt, was er sich für den Kanton Luzern wünsche, antwortet er: «Eine Politik, die weniger stark auf die Finanzen ausgerichtet ist.» Es sei zwar richtig gewesen, die Schulden abzubauen. «Doch jetzt darf man das strenge Regime wieder lockern. So sinkt die Gefahr, dass den Gemeinden immer mehr aufgebürdet wird.» Stand jetzt, dürfte dieser Wunsch nicht so schnell in Erfüllung gehen. Genauso ein zweites Anliegendes des Neu-Rentners: Er wünscht sich eine zweite linke Vertretung im achtköpfigen VLG-Vorstand. «Unser Anteil in den Parlamenten steigt, es ist Zeit für einen zweiten Sitz.»

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