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Luzern

Missbrauchsfall in der Familie: Luzerner Täter unterliegt vor Bundesgericht

Die oberste Instanz bestätigt den Schuldspruch gegen einen Mann, der seine jüngere Schwester über Jahre hinweg sexuell missbraucht hat.

Bis es zum ersten Prozess kommt, vergehen mehr als elf Jahre. Im Oktober 2017 muss sich ein Mann vor dem Luzerner Kriminalgericht dafür verantworten, was er seiner jüngeren Schwester angetan hat. Wegen mehrfacher Vergewaltigung, sexueller Nötigung und sexuellen Handlungen mit einem Kind wird er schuldig gesprochen und zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von 30 Monaten verurteilt.

Ein Teil der Taten, die er vor seinem 18. Geburtstag begangen hat, ist da bereits verjährt, weshalb er für sie nicht mehr zur Rechenschaft gezogen werden kann. Er muss sechs Monate der Strafe im Gefängnis absitzen, dazu seiner Schwester eine Genugtuung von 15'000 Franken bezahlen. Der Beschuldigte zieht das Urteil weiter – erst vor das Kantonsgericht, wo er einen Freispruch vom Vorwurf der sexuellen Nötigung erreicht, dann vor das Bundesgericht.

Beschuldigter kritisierte, Vorwürfe seien nicht präzis

In seiner Beschwerde an die oberste Instanz des Landes verlangt er, das Urteil des Kantonsgerichts müsse aufgehoben, der Fall dorthin zurückgeschickt werden. Er begründet seine Forderung damit, dass der Anklagegrundsatz verletzt worden sei. In einem strafrechtlichen Verfahren müssen die Vorwürfe präzise umschrieben werden, besagt das Prinzip.

Die angeklagte Person muss wissen, was ihr zur Last gelegt wird, damit sie sich vor Gericht verteidigen kann. Der Beschuldigte kritisiert, ihm sei nicht klar gewesen, welche sexuellen Übergriffe ihm genau vorgeworfen würden und welche Tatbestände er mit welchem Verhalten erfüllt haben solle.

Vorwürfe des Täters zurückgewiesen

Das Bundesgericht teilt die Kritik des Beschuldigten nicht, wie aus dem am Freitag veröffentlichten Entscheid hervorgeht. Inwiefern für ihn nicht klar sein sollte, was ihm vorgeworfen werde, sei nicht nachvollziehbar. «Es bestanden für den Beschwerdeführer zu keinem Zeitpunkt Zweifel daran, welches Verhalten ihm angelastet wird.» Daher habe er sich angemessen verteidigen können, urteilen die beiden Richter und die Richterin.

Zu den sexuellen Übergriffen ist es über längere Zeit hinweg bis zum Herbst 2006 gekommen, teilweise mehrmals wöchentlich. Angesichts der Häufigkeit und Gleichförmigkeit der Taten stützt die oberste Instanz das Vorgehen der Staatsanwaltschaft, die einzelnen Übergriffe in der Anklageschrift nicht auseinanderzuhalten. «Eine derartige Zahl von Erlebnissen, die sich immer wieder über einen Zeitraum von mehreren Jahren in vergleichbarer Weise ereigneten, lässt sich gerade im familiären Kontext nicht mehr in allen Einzelheiten zeitlich und sachlich einordnen», stellt das Bundesgericht klar. Kurz: «Eine Verletzung des Anklagegrundsatzes liegt nicht vor.» Die Beschwerde wird abgewiesen.

Bundesgerichtsurteil 6B_997/2019 vom 8. Januar 2020

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