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Luzern

Luzerner Verein kümmert sich um behinderte Kinder - und braucht nun selbst Verstärkung

Seit 16 Jahren engagiert sich ein Luzerner Verein für die Entlastung von Familien mit behinderten Kindern. Das Angebot ist derart beliebt, dass der unterdotierte Vorstand an seine Belastungsgrenze stösst.
Emma beim Malen: Es handelt sich um eines der Kreativ-Angebote des Vereins «Heilpädagogische Entlastungsangebote Vogelsang». (Bild: PD)

Stephan Santschi

Sie war ein grosser Erfolg, die Benefizveranstaltung vom 3. Dezember. Wie jedes Jahr lud der Verein «Heilpädagogische Entlastungsangebote Vogelsang» (HEV) am Tag des Menschen mit Behinderung zu einem Spezialprogramm. Rund 400 Besucher kamen ins Surseer Stadttheater, um sich von den Kabarettformationen «Ohne Rolf» und «Clown Syndrom» unterhalten zu lassen. «Es war wunderbar», berichtet Charlotte Schulthess. Die 65-jährige Stadtluzernerin präsidiert den Verein mit Sitz in Schenkon, der sich seit der Gründung 2002 für behinderte Kinder und deren Familien einsetzt. «Auf den Erlös des Events sind wir angewiesen. Zudem betreiben wir Öffentlichkeitsarbeit, indem wir uns in neuen Kreisen bekannt machen.»

In welchem Bereich sich der HEV engagiert, machte sich schon beim Apéro bemerkbar. Menschen mit dem Downsyndrom servierten Snacks und Getränke, «das machte Eindruck. Für viele ist ein Downsyndrom das Schlimmste, das man haben kann». Später wurden in einer Powerpoint-Präsentation Momente aus den Natur-Sommertagen vorgeführt. «So sehen die Leute konkret, was wir tun.»

80 Prozent der Kinder sind geistig behindert

An diesen Natur-Sommertagen können, auf zwei Wochen verteilt, insgesamt 36 Kinder für jeweils eine Woche unter fachlicher Leitung teilnehmen. «In Sachen Behinderung gibt es keine Grenze nach unten», erläutert Schulthess die Klientel, die sich altersmässig zwischen 5 und 18 Jahren bewegt. 80 Prozent der Kinder seien geistig behindert, viele leiden an einer zusätzlichen Einschränkung wie Epilepsie oder Autismus, haben eine körperliche Behinderung und sind im Rollstuhl. Andere brauchen spezielle Diäten oder erhalten das Essen über eine Sonde.

Während der Sommertage stehe die Bewegung im Mittelpunkt. «Wir versuchen, so viel wie möglich draussen zu machen.» Auf einem Aussenplatz oder in der Turnhalle der Schulanlage in Kottwil wurden im letzten Sommer Parcours oder ein Wasserbassin aufgestellt. Auch Bräteln im Wald, Spaziergänge zum naheliegenden Bauernhof oder spontane Unternehmungen sind möglich. «Damit entlasten wir die Familien schwerbehinderter Kinder. Die Eltern können für einmal mit den gesunden Geschwistern etwas machen oder Zeit für sich selber nehmen. Dafür sind sie sehr dankbar.»

«Die Eltern können für einmal mit den gesunden Geschwistern etwas machen oder Zeit für sich selber nehmen.»

Charlotte Schulthess, Heilpädogogische



Entlastungsangebote Vogelsang






Im Gegensatz zu den Lagern von Insieme oder den Sportwochen von «PluSport» übernachten die Kinder nicht vor Ort, sondern gehen jeweils wieder nach Hause. «Jeden Morgen holen wir sie mit unserem Taxidienst ab und bringen sie am Abend wieder zurück.» Für Eltern und ihre behinderten Kinder sei das gegenseitige Loslassen oft schwierig und Teil eines Prozesses. «Bei uns können sie damit beginnen.» Im Weiteren leistet der HEV finanzielle Unterstützung an Familien, die sich die Sommertage oder andere Lager nicht leisten können. 2017 gab der Verein insgesamt 75'000 Franken aus.

Die Finanzierung setzt sich aus Zuwendungen von Vereinen, Stiftungen, Firmen, Kirchgemeinden sowie aus Schenkungen, Spenden und Mitgliederbeiträgen zusammen. Der Zweck des Vereins hat sich seit der Gründung verändert. Ursprünglich hatte man unter dem Namen «Heilpädagogische Tagesspielgruppe Vogelsang» (HTV) eine Tagesspielgruppe für Kinder mit speziellen Bedürfnissen in die Welt gerufen.

«Nach zähen Verhandlungen übernimmt diese Aufgabe seit 2010 der Kanton. Deshalb können wir uns nun auf Entlastungsangebote während der Ferien konzentrieren», erklärt Schulthess, die bis zu ihrer kürzlichen Pensionierung 40 Jahre lang an der Heilpädagogischen Schule in Luzern unterrichtet hat.

Hilferuf nach personeller Unterstützung

Wer sich an der Benefizveranstaltung ein Bild vom Verein machte, bemerkte das Herzblut und die Frische, mit dem die nur vier Vorstandsmitglieder am Werk waren. «Diese Rückmeldung hat mich gefreut», sagt Schulthess. «Die Verantwortung ist bei uns auf wenige Schultern verteilt. Wir sind unterdotiert und in unserer ehrenamtlichen Arbeit an der Grenze der Belastbarkeit. Wir sind auf der Suche nach ein, zwei zusätzlichen Vorstandsmitgliedern, die uns unterstützen.»

Dass ihnen die Arbeit nicht ausgehen wird, davon ist sie überzeugt: «Aufgrund der anhaltenden Sparmassnahmen des Kantons wird das Bedürfnis nach Entlastungsangeboten noch grösser werden.»

Weitere Infos: www.entlastungsangebote.ch

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