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Luzern

Luzerner Gemeinden wollen noch mehr Macht im Kantonsrat

64 aktuelle oder ehemalige Luzerner Gemeinderäte streben einen Sitz im 120-köpfigen Kantonsparlament an. Damit dürfte der Einfluss der Kommunen stark zunehmen. Ist das sinnvoll? Exponenten von links bis rechts sind sich uneins.

Lukas Nussbaumer

Lukas Nussbaumer

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Lukas Nussbaumer

Roland Emmenegger ist Gemeinderat – und er will künftig auch im Kantonsrat politisieren. Das gleiche Ziel wie der 46-jährige Hochdorfer verfolgen 63 weitere amtierende oder ehemalige Luzerner Gemeinderäte. 22 von ihnen gehören der FDP an, darunter Emmenegger. Damit hat die FDP am meisten Gemeindevertreter als Kantonsratskandidaten nominiert. Die Grünen sind die einzige im Parlament vertretene Partei, die keinen Gemeinderat stellt, wie die folgende Grafik zeigt:

Doch was bewegen Exekutivmitglieder wie Roland Emmenegger dazu, ein zweites politisches Amt ausüben zu wollen? Emmenegger:

«Wer als Gemeinderat im Kantonsrat ist, hat einen Wissensvorsprung. Das ist gerade für eine Zentrumsgemeinde wie Hochdorf und die Region Seetal wichtig.»

Der Freisinnige arbeitet neben seinem 50-Prozent-Pensum als Gemeinderat im gleichen Umfang als Marketingleiter. Neben Emmenegger kandidieren weitere 21 FDP-Gemeindepolitiker für das Kantonsparlament:

Früh zu wissen, welche Auswirkungen kantonale Geschäfte auf die Kommunen haben: Dieses Argument für Doppelmandate führt auch Rolf Born ins Feld. Der 56-jährige FDP-Mann weiss besonders gut, wovon er spricht: Er ist nicht nur Gemeindepräsident von Emmen und Kantonsrat, sondern auch Präsident des Verbands der Luzerner Gemeinden (VLG). Jener Organisation also, die von linker Seite oft als vierte Staatsmacht bezeichnet wird.

Diese starke Stellung des VLG führe zusammen mit der grossen Zahl an Gemeindevertretern im Kantonsrat dazu, dass die Gemeinden eine doppelte Macht hätten, kritisiert die 36-jährige SP-Fraktionschefin Ylfete Fanaj aus der Stadt Luzern:

«Interessenskonflikte sind für Gemeinderäte vorprogrammiert.»

Monique Frey, Fraktionschefin der Grünen, bläst ins gleiche Horn. Gemeinderäte würden von breiten Bevölkerungsschichten gewählt in der Meinung, sie würden dann im Kantonsrat für das Wohl ihrer Gemeinde einstehen.

«Einmal gewählt, geraten die Gemeinderäte sehr schnell in einen erheblichen Konflikt zwischen den Interessen des Kantons, den Anliegen ihrer Parteien und dem Wohl der Gemeinde. Der Loyalitäskonflikt zwischen Kanton und Gemeinde ist fast nicht auflösbar», sagt die 52-jährige Politikerin aus Emmen – und zieht aus dieser Feststellung den Schluss: «Es sollten künftig keine Gemeinderäte mehr im Kantonsrat Einsitz nehmen können.»

Grüne wollen keine Gemeinderäte im Kantonsparlament

Neu ist diese Forderung nicht: Freys Parteikollege Alain Greter verlangte 2011 in einer Motion exakt das Gleiche, scheiterte aber. Auch die Regierung lehnte den Vorstoss ab. Die damalige Justiz- und Sicherheitsdirektorin Yvonne Schärli (SP) sagte, Doppelmandate seien vereinbar, und sie seien zudem nachvollziehbar. «Gemeinden haben ein grosses Interesse, auf das kantonale Recht Einfluss zu nehmen und so ihren Handlungsspielraum mitbeeinflussen zu können.»

Diesen Satz könnte Schärlis Parteikollegin Ylfete Fanaj unterschreiben, denn es sei grundsätzlich positiv, wenn möglichst viele verschiedene Blickwinkel, auch jene von Gemeinderäten, im Kantonsrat Eingang fänden. «Problematisch ist aber die schiere Menge.» Würden alle 64 aktuellen oder früheren Gemeinderäte gewählt, bestünde mehr als die Hälfte des 120-köpfigen Kantonsrats aus Gemeindevertretern. «So verkommen Sessionen zu VLG-Gesamtsitzungen», sagt Fanaj.

Alle 64 Gemeindevertreter dürften die Wahl ins Kantonsparlament kaum schaffen. Doch ihre Wahlchancen sind aufgrund ihres Bekanntheitsgrads hoch. Das weiss auch Rolf Born – und er hätte kein Problem damit, wenn jeder zweite Kantonsrat zugleich Mitglied einer Gemeindeexekutive ist:

«Wenn alle 64 gewählt werden, ist das der von allen zu respektierende Wille des Volks.»

Schliesslich würden auch Vertreter des Gewerbes, der Industrie, des Sports, oder der Kultur gewählt. Born: «Diese Vernetzungen stören mich überhaupt nicht, sie gehören zu unserem politischen System. Die linke Kritik an Doppelmandaten ist letztlich nur eine Bevormundung der Wähler.» So verschieden die Sichtweisen sind: Gemeinderäte können es weit bringen – vier der fünf Regierungsräte sassen einmal in einer kommunalen Exekutive.

Diese Gemeindevertreter kandidieren für die restlichen Parteien:

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