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Luzern

Luzerner Forscher zeigen: Wasserstoff kann auch günstiger hergestellt werden

Wasserstoff als Energieträger hat durchaus Potenzial. Das zeigt ein europäisches Forschungsprojekt, an dem auch die Hochschule Luzern beteiligt ist.
So wird Wasserstoff hergestellt und verwendet. (Grafik: Stadtwerke Mainz)
Eine 2020 eröffnete Anlage zur Herstellung von grünem Wasserstoff in Gösgen. (Bild: Fabio Baranzini)
Statt Benzin kommt hier Wasserstoff aus der Zapfsäule: Bertrand Piccard bei der Eröffnung der zweiten Wasserstoff-Tankstelle in der Schweiz, Anfang Juli in St. Gallen. (Bild: Benjamin Manser)

Stephan Santschi

Stephan Santschi

Stephan Santschi

Die Technologie steht etwas im Schatten des Elektro-Booms: Mit Wasserstoff angetriebene Fahrzeuge sind in der Schweiz noch eine absolute Seltenheit. Welches wirtschaftliche Potenzial hat Wasserstoff längerfristig? Dieser Frage widmete sich das EU-Projekt QualyGridS, an dem sich elf Partner aus acht Ländern beteiligten. Mit von der Partie war auch die Hochschule Luzern (HSLU). Ziel des Forschungsprojekts war es, die Herstellungskosten von «grünem» Wasserstoff zu reduzieren. Von jenem Wasserstoff also, der mithilfe von erneuerbarem Strom hergestellt wird.

Bevor wir konkreter auf die Arbeit der HSLU eingehen, sei zunächst erklärt, wie Wasserstoff entsteht und wofür er verwendet werden kann. Zum Einsatz kommen sogenannte Wasserelektrolyseure, die Wasser (H20) mit Hilfe von elektrischem Strom in Sauerstoff (O2) und Wasserstoff (H2) zerlegen. Später kann der Wasserstoff unter Zufuhr von Sauerstoff wieder «zurückverwandelt» werden. Bei diesem Vorgang wird Energie frei, mit der beispielsweise Autos und Lastwagen angetrieben werden können. Auch in der Industrie, zum Beispiel in der Glas- und Metallproduktion, kann Wasserstoff anstelle von Strom oder Erdöl genutzt werden. Der Vorteil: Wasserstoff ist ein lagerbarer und transportfähiger Energieträger. Er kann wie Benzin dorthin verteilt werden, wo er gebraucht wird. Der Tankvorgang dauert zudem kaum länger als an einer herkömmlichen Zapfsäule.

Allerdings ist der Wirkungsgrad von Wasserstoff eher schlecht: Die Aufspaltung von Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff verbraucht vergleichsweise viel und teure Energie, von der bei der späteren Verbrennung nur ein Teil wieder zurückgewonnen werden kann. Kein Wunder hat beispielsweise Volkswagen bereits vor einiger Zeit entschieden, die Technologie nicht weiter zu verfolgen, sondern voll auf Batterie-Autos zu setzen. Wasserstoff, so VW, sei zuwenig wirkungsvoll.

Produktion wird bis zu 15 Prozent günstiger

Die Arbeit des Instituts für Innovation und Technologiemanagement der Hochschule Luzern bestand nun darin, trotz aller kritischen Stimmen das wirtschaftliche Potenzial der Wasserstofftechnologie zu untersuchen. Interessant scheint Wasserstoff insbesondere für die Elektrizitätswirtschaft zu sein. Nach dem Studium der Betriebskonzepte verschiedener europäischer Netzbetreiber kamen die Luzerner Forscher zum Schluss: Wenn Wasserstoff dazu dienen kann, überschüssigen Strom zu «lagern», können die Herstellungskosten um bis zu 15 Prozent reduziert werden. Damit komme man langsam in einen wirtschaftlich interessanten Bereich. Konkret funktioniert das beispielsweise so: Wenn an einem heissen Sommertag die Solarzellen in der ganzen Schweiz auf Hochtouren laufen, aber nur wenig Strom gebraucht wird, kann der überschüssige Strom für die Aufspaltung von Wasserstoff verwendet werden. Bei einem späteren Engpass kann dann der Wasserstoff verbrannt und zur Stromproduktion verwendet werden.

So leistet der Wasserstoff einen wichtigen Beitrag zur Stabilisierung des Stromnetzes – was wiederum die Wirtschaftlichkeit von erneuerbarer Stromproduktion erhöht. Und auch die Produktionskosten von Wasserstoff selber können wie erwähnt um 15 Prozent gesenkt werden – was ihn wiederum für die Mobilität interessant macht.So plant etwa der Förderverein «H2 Mobilität Schweiz» die Lancierung einer 1600 Stück grossen LKW-Flotte, die mit Wasserstoff betrieben wird. Bei diesem Pilotprojekt beteiligen sich unter anderem Coop, Emmi und Galliker Transport. «Die Schweiz kann hier eine Vorreiterrolle übernehmen», sagt HSLU-Forscher Ingo Schneider. Damit dies gelingt, braucht es nicht nur neue Lastwagen, sondern auch ein neues Tankstellennetz. In der Schweiz gibt es bisher nur zwei Zapfsäulen für Wasserstoff, wobei bis Ende Jahr vier weitere hinzukommen sollen, unter anderem in Geuensee.

«Wesentlicher Beitrag zur CO2-Reduktion»

«Das Marktpotenzial von nachhaltig produziertem Wasserstoff wird vergrössert und ein wesentlicher Beitrag zur CO2-Reduktion geleistet», bilanziert Tanaka Mbavarira, die ebenfalls zum siebenköpfigen Forscherteam aus Luzern zählt. Und Ingo Schneider ergänzt: «Als Energieträger spielt Wasserstoff in der Schweiz bisher kaum eine Rolle, doch das kann sich schon bald ändern.»

Video: So funktioniert Wasserstoff-Mobilität

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