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Luzern

Gefühlte Wahrheiten

Die Abkühlung in der Badi hat so ihre Tücken. Vor allem, wenn das Wasser mehr kalt als kühl ist, wie in Ruswil. Immerhin: Das «Rahmenprogramm» stimmt.
Michael Graber, Redaktor Kultur und Gesellschaft.

Michael Graber

In der Badi meines Wohnorts ist der Sprung ins Wasser noch eine Mutprobe. Nicht weil es ein Zehn-Meter-Sprungbrett hätte, sondern weil das Wasser eigentlich immer bitterkalt ist. Aus reichlich unerklärlichen Gründen erreicht das Becken auch nach langen Hitzeperioden kaum Temperaturen, die Mediziner als «unbedenklich» beschreiben würden. Der langsame Weg über die Treppe in den Pool inklusive Annetzen ist eigentlich unmöglich – wenn es noch leicht windet, drohen Erfrierungen.

Natürlich: Das sind gefühlte Wahrheiten. Aber das sind auch die Zahlen, die jeweils vor der Badi angegeben werden. Teilweise steht da «Wasser: 23 Grad». Es mag sein, dass ich mit meinen Erfrierungen etwas übertreibe, aber gegen diese «23 Grad» ist das maximal leicht geflunkert. Ich stelle mir vor, wie die netten Damen aus der Badi Ruswil am Morgen bei einem Kaffee jeweils Zahlen würfeln und diese dann auf die Tafel schreiben. Gemessen ist die Temperatur sicher nicht. Oder zumindest nur mit einem sehr optimistischen Thermometer.

Aus sportlicher Sicht machen die Temperaturen nah dem Gefrierpunkt durchaus Sinn: Wenn man mal drin ist, muss man ständig in Bewegung bleiben. Und eigentlich ist meine Badi auch die einzige, in der man noch behaupten darf, man springe jetzt ins kühlende Nass. Andernorts wähnt man sich über die Sommermonate beinahe in einem Thermalbad.

Ich will trotzdem in keine andere Badi. Dort mag zwar das Wasser wärmer sein, aber dafür ist das Essen schlechter, der Grill kälter und das Bier wärmer. Das sind alles Dinge, die mir eigentlich deutlich wichtiger sind als die Badetemperatur. Und wenn die Luft genügend warm ist, dann springt ja so manch einer gerne in einen Gletschersee. In Ruswil kann man das ohne vorgängige mehrstündige Wanderung.

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