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Luzern

Krise mit Gutscheinen überbrücken: Luzerner Hilfsplattform wird rege genutzt

Seit zwei Wochen können geschlossene Stadtluzerner Geschäfte auf einer Online-Plattform Gutscheine verkaufen. Gelistet werden mittlerweile über 100 Anbieter, verkauft wurden mehr als 500 Gutscheine. Tendenz steigend.
Stehen hinter der Gutschein-Plattform (von links): Olivier Gachnang, Pascal Macek, Alex Fettig, Fabio Gräni, Ana Dejanovic, Luzia Wehrmüller und Leon Rausch. (PD)

Alexander von Däniken

Die Auswirkungen der Coronakrise sind in der Stadt besonders sichtbar. Restaurants, Bars, Boutiquen, Coiffeursalons: alles geschlossen. Was in Luzern nicht sichtbar ist: Viele Geschäfte haben trotzdem geöffnet. Und zwar virtuell. Auf der Online-Plattform www.wir-sind-luzern.ch können Kunden Gutscheine kaufen und diese dann einlösen, wenn die Massnahmen des Bundes wieder gelockert werden. Das hilft den Geschäften, ihre laufenden Fixkosten wie Miete oder Material auch in den schwierigen Zeiten zumindest teilweise zu decken.

Hinter der Plattform steckt die junge Luzerner Agentur «Go 2 Flow GmbH», die im E-Commerce und Online-Marketing tätig ist und sich bereits vor der Coronakrise das Aufhalten des Lädelisterbens auf die Fahne geschrieben hat. Geschäftsführer Olivier Gachnang ist mit dem Start mehr als zufrieden. Schon über 100 Anbieter seien auf der Plattform präsent. Mehr als 500 Gutscheine seien über die virtuelle Ladentheke gewandert. Gachnang:

«Diese Resonanz freut uns sehr. Und sie geht weiter, je bekannter die Plattform wird, desto mehr können die Unternehmen profitieren.»

Schon jetzt ist die Plattform vielseitig: Gutscheine sind bei Coiffeuren, Bars, Restaurants, Yoga-Studios, Bibliotheken oder Taxi-Unternehmen und vielen anderen Geschäften erhältlich.

«Nachtaktion» dauerte vier Tage

Die Plattform ist laut Gachnang in einer Nachtaktion entstanden, «die sich dann doch über vier volle Tage erstreckt hat». Am 16. März informierte der Bundesrat über den Lockdown und gab damit den Schliessbefehl für unzählige Geschäfte. Am Abend trafen sich Gachnang und seine Frau zu Hause. Sie führt in Luzern das Brautmodengeschäft «2 The Moon» und war über die Schliessung «unendlich traurig». Seine Stimmung war auch nicht besser, da er bereits zwei Absagen von Kunden hinnehmen musste. «Da lagen wir nachts im Bett und sprachen über die Situation. Schliesslich hatte die Frau die tolle Idee zur Plattform.»

Am nächsten Morgen trug Gachnang an einem Online-Meeting seinem elfköpfigen Team die Idee vor. «Alle waren begeistert. Es hat sich eine unglaubliche Dynamik entwickelt.» Rasch wurden Verantwortlichkeiten geklärt: für die Kontakte mit den Anbietern, für die AGB, die Fotografie und den Shop, fürs Logo und das Technische. Tag und Nacht habe das Team an der Plattform gearbeitet. Die Bezahlinfrastruktur konnte von einem Tochterunternehmen übernommen werden. So konnte die Plattform schnell gestartet werden.

Ein Modell auch für die Zukunft?

Die Geschäfte profitieren von den Gutscheinverkäufen, wie Gachnang ausführt: «Für die Anbieter fallen keine Aufschaltungs-Kosten an. Die Plattform ist ein unentgeltlicher Service.» Unklar war bisher nur, wie mit den Transaktions- und Administrationsgebühren zu verfahren ist. Seit heute Freitag ist klar: Die Geschäfte erhalten auch rückwirkend den vollen Wert der Gutscheine: Der ALI-Fonds (Attraktivierung der Luzerner Innenstadt) und die entsprechende ALI-Kommission unterstützen die Initiative der Go 2 Flow GmbH und stellen einen finanziellen Beitrag bis Ende Juni 2020 zur Verfügung. Unterstützung bieten auch die City Vereinigung Luzern und der Quartierverein Hirschmatt Neustadt.

Die Go 2 Flow GmbH selbst musste bis jetzt noch keine Kurzarbeit anmelden. Bei den Werbeaufträgen gebe es zwar Einbrüche, dafür laufe der ganze E-Commerce-Bereich sehr gut. Wird die Plattform auch nach der Krise weiter bestehen? Gachnang schliesst das nicht aus. Geplant sind eine Umfrage unter den Anbietern und vertiefte Gespräche mit Luzerner Wirtschaftsverbänden und Vereinigungen. «Oft ist vom Lädelisterben die Rede. Die Kombination von physischem Laden und Online-Möglichkeiten kann die Lösung sein», sagt Gachnang.

Josef Williner, Präsident der City-Vereinigung Luzern, freut sich über den Erfolg von «Wir sind Luzern»:

«Jeder verkaufte Gutschein trägt zum weiteren Bestehen der Läden in Luzern bei. Der Erfolg der Plattform ist gleichzeitig auch ein Erfolg der Geschäfte.»

Darum sei die Plattform keine Konkurrenz zur kostenlosen Online-Angebotsplattform «Solidarität City Luzern» der City Vereinigung, sondern eine ideale Ergänzung. Wer etwas schenken will, aber nicht genau wisse was, sei mit der City-Card der Vereinigung gut beraten, da diese in 200 Geschäften eingelöst werden kann. Wer sich bereits für ein bestimmtes Produkt oder eine Dienstleistung entschieden habe, sei auf der Gutschein-Plattform gut aufgehoben. Entsprechend sind die Seiten von der City Vereinigung Luzern und von «Wir sind Luzern» untereinander verlinkt. Ob die Plattform auch künftig Erfolg haben wird, ist laut Williner schwer abzuschätzen. Zumindest heute sei das Bedürfnis da. In dieser schwierigen Zeit sei es wichtig, aktiv Solidarität zu leben.

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