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Luzern

Klimawandel: In Luzern liegt nur noch an halb so vielen Tagen Schnee wie vor 60 Jahren

Die Zahl der Tage mit einer geschlossenen Schneedecke hat sich in Luzern innerhalb von 60 Jahren fast halbiert. Und sie wird weiter abnehmen. Anders sieht die Entwicklung in den Bergen aus.
Schätzungsweise ein halber Meter Schnee türmt sich in Luzern auf diesem undatierten Bild. Doch die Stadt in einem weissen Kleid wird zu einem immer selteneren Anblick. (Bild: ETH Bibliothek ZH)

Christian Glaus

Christian Glaus

Lawinen in den Bergen, Überschwemmungen im Flachland: Die Klimaveränderung hat massive Auswirkungen auf den Winter in der Schweiz. Der Rekordwinter 2017/18 könnte beispielhaft für die Winter stehen, wie wir sie in Zukunft zu erwarten haben. Oben grosse Schneemengen, unten Frühling. Dies zeigen die kürzlich veröffentlichten Klimaszenarien bis 2060 des Bundesamts für Meteorologie und Klimatologie – kurz Meteo Schweiz.

Für unsere Region heisst das konkret:

In den Alpen dürfte mehr Schnee liegen als bis anhin. Dies scheint im Widerspruch zur Klimaerwärmung zu stehen. Klimatologe Stephan Bader von Meteo Schweiz erklärt: «Entscheidend für die Schneemenge und die Anzahl Schneetage in der Schweiz sind die Luftmassen, die hierher gelangen. Künftig werden es auch im Winter vermehrt wärmere Luftmassen sein – und diese können mehr Feuchtigkeit aufnehmen als kalte Luft.» Es wird also mehr Feuchtigkeit zugeführt. In den Bergen fällt der Niederschlag trotz steigender Null-Grad-Grenze in Form von Schnee.

Allerdings: «Der Winter wird weiter oben stattfinden.» Liegt die Null-Grad-Grenze auf der Alpennordseite heute bei rund 600 Metern, wird sie bis 2050 auf gut 1200 Meter steigen, wobei sie naturgemäss stark schwankt. Für die Skigebiete bedeutet das laut Bader: «Die Kampfzone wird bei rund 1500 Metern zu liegen kommen.» Wer in diesen Lagen auf den Wintersport setzt, dürfte zu den Verlierern gehören. Auf dieser Höhe liegen beispielsweise die Skigebiete Marbachegg (bis 1500 Meter), Wirzweli (bis 1600 Meter) oder Sörenberg (bis 1700, Rothorn 2300 Meter). Heute liegt die «Kampfzone» bei 1000 bis 1200 Meter.

«Winter in den Hochalpen wird schneesicherer»

Ob mehr Schnee in den Bergen gleichbedeutend ist mit mehr Schneetagen, sei eine andere Frage, so Bader. Tendenziell werden die Winter mit der zunehmenden Wärme kürzer. Sie beginnen später und enden früher. «Dafür werden die Winter in den Hochalpen schneesicherer.»

Im Flachland sieht es freilich anders aus. Hier wird die Anzahl Tage mit mindestens 1 Zentimeter Schnee weiter abnehmen. Meteo Schweiz geht davon aus, dass es 2060 in Luzern noch sieben Tage mit einer Schneedecke geben wird. Das ist massiv weniger als früher. Zwischen 1960 und 1979 gab es in Luzern durchschnittlich 48 Schneetage. Seit der Jahrtausendwende waren es nur noch 26 – fast halb so viele (siehe Grafik). Der massivste Einbruch fand Ende der 1980er-Jahre statt. Vorübergehend gab es von Dezember bis März keinen Winter mehr, sondern lediglich eine Verlängerung des Herbstes.

Wenige Jahre nach dem Einbruch hat sich die Lage stabilisiert. Es gibt wieder einen Winter, aber nicht mehr so schneesicher wie zuvor. Was genau zu dieser Entwicklung geführt hat, können selbst die Klimatologen nicht erklären. Fest steht, dass es einen Zusammenhang mit der Klimaerwärmung geben muss. Die Wintertemperaturen sind etwa in gleichem Masse gestiegen, wie die Anzahl Schneetage zurückgegangen ist. Bader erklärt: «Man stellt sich immer vor, dass sich das Klima kontinuierlich ändert. Doch so funktioniert die Natur nicht. Änderungen erfolgen sprunghaft.» Die Frage stellt sich deshalb: Wann erfolgt der nächste Sprung?

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