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Luzern

Kantonales Rechtsgutachten bringt VBL zusätzlich unter Druck

Ein externes Gutachten kommt zum Schluss, dass sich der Kanton Luzern und seine Aufsichtsgremien im «Fall VBL» keine groben Schnitzer erlaubt haben – und stellt damit ein Kernargument der Verkehrsbetriebe Luzern (VBL) in Frage.
Ein Trolleybus der VBL in der Stadt Luzern. (Bild: Pius Amrein
(4. Juni 2021))

Simon Mathis

Die Aufsichts- und Kontrollkommission des Luzerner Kantonsrats (AKK) hat ein Rechtsgutachten zum Subventionsstreit veröffentlicht. Darin wird untersucht, wie die kantonale Aufsicht der Verkehrsbetriebe Luzern (VBL) funktioniert hat – und ob Anpassungen im System nötig sind. Verfasst wurde das externe Gutachten von Roland Müller, einem renommierten Spezialisten für «Public Corporate Governance», wie die AKK am Dienstagmorgen mitteilt.

Müller fokussiert sich im Gutachten ausschliesslich auf die Aufsichtstätigkeit der kantonalen Gremien (siehe Kasten), nicht aber auf diejenigen der Stadt Luzern und des Bundesamtes für Verkehr (BAV). Im Schlaglicht stehen also der Kantonsrat und seine Kommissionen inklusive AKK, der Regierungsrat, die Finanzkontrolle sowie der Verkehrsverbund Luzern (VVL). Die Frage, ob und welche Fehler die Verkehrsbetriebe selbst gemacht haben, ist nicht Gegenstand des Gutachtens – ebenso wenig wie die Frage, ob VVL und BAV zurecht von den VBL rund 22 Millionen Franken zurückfordern.

Kanton habe Aufsicht «gut wahrgenommen»

Trotzdem widerspricht das Gutachten einem Kernargument der Verkehrsbetriebe. Müller kommt nämlich zum Schluss, dass die kantonalen Gremien «ihre Aufsichtspflicht gut wahrgenommen» haben. Zur Erinnerung: Die VBL stellen sich auf den Standpunkt, dass nicht nur sie selbst Fehler gemacht haben; sie wollen also die Verantwortung des Subventionsstreites auf verschiedene Akteure verteilen. Glaubt man dem AKK-Gutachten, wird der Kreis der möglichen Verantwortlichen kleiner und kleiner.

Müller kritisiert aber auch – namentlich die beiden Subventionsgeber VVL und BAV. Der Verkehrsverbund habe «in der Phase vor der PostAuto-Affäre gegebenenfalls mehr Druck gegenüber den VBL ausüben können». Hier hätte eine bessere Unterstützung durch das BAV hilfreich sein können. Zurzeit jedoch nehme der Verbundrat des VVL seine Verhandlungs- und Aufsichtspflichten gut wahr. Er setze die Erwartungen des Regierungsrats um und informiere die AKK transparent.

Modell des VVL müsse nicht in Frage gestellt werden

Müller betont, dass sein Gutachten in erster Linie das Verbesserungspotenzial für die Zukunft aufzeigen soll. Er schlägt insbesondere vor, Offenlegungen und Ausstände im VVL-Verbundrat in einem detaillierten Reglement festzulegen. Zudem sollen Eignervertreter von öffentlichen Unternehmen künftig Mandatsverträge unterschreiben. Ein solcher Vertrag soll die Aufgaben des jeweiligen Verbundrats verbindlich regeln: etwa die Informationspflichten gegenüber dem Eigner, die Weisungsgebundenheit sowie Entschädigungs- und Haftungsfragen.

Hintergrund dieses Vorschlages ist die Tatsache, dass zurzeit ein Vertreter des Luzerner Stadtrats im VVL-Verbundrat sitzt: Mobilitätsdirektor Adrian Borgula (Grüne). Die Stadt ist gleichzeitig Alleineignerin der VBL, was Borgula in einen Interessenskonflikt gebracht hat.

Als weitere Massnahme schlägt der Gutachter vor, dass der VVL zusätzlich zu den mehrjährigen Rahmenvereinbarungen jährliche Zusatzvereinbarungen mit Transportunternehmen abschliessen soll. Dies, um besser auf aktuelle Entwicklungen eingehen zu können. Darüber hinaus sieht das Gutachten aber keinen Grund, das Modell des Verkehrsverbunds grundsätzlich in Frage zu stellen. Es sei «so weit ersichtlich erfolgreich».

Regierungsrat geht weiter als vom Gutachten empfohlen

Vor einigen Wochen hat der Regierungsrat eine Reform des VVL angekündigt: Die Stadt Luzern soll künftig aus dem Verbundrat ausgeschlossen werden. Auffällig ist, dass diese Massnahme im Rechtsgutachten keine Erwähnung findet. Der Gutachter hält sogar fest: Es sei «nachvollziehbar», dass die Stadt Luzern im Verbundrat vertreten sein müsse, solange der gesamte Verbundrat nicht ausschliesslich mit unabhängigen Fachpersonen besetzt sei.

Der Regierungsrat geht hier also weiter als die Empfehlungen des Gutachtens. Weshalb? Die jüngsten Ereignisse hätten gezeigt, dass hier Handlungsbedarf bestehe, sagt Paloma Meier, Sprecherin des Luzerner Bau-, Umwelt- und Wirtschaftsdepartements. Dies in erster Linie, um Interessenskonflikte zu vermeiden. Meier:

«So stand der Vertreter der Stadt Luzern beim Thema VBL in den letzten fast zwei Jahren im Ausstand, was auch Prozesse und Abläufe im Gremium nicht unbedingt erleichtert hat.»

Die VVL-Reform sei der Regierungsrat bereits vor längerer Zeit unabhängig vom AKK-Bericht und mit externer Begleitung angegangen. «Es war natürlich bekannt, dass die AKK einen Bericht in Auftrag gegeben hat und dass wichtige Erkenntnisse daraus auch in die Reorganisation des VVL einfliessen sollen.» Die Vernehmlassung zur AKK-Reform läuft noch bis Ende Juni. Bekanntlich kritisiert der Luzerner Stadtrat den geplanten Ausschluss der Stadt aus dem Verbundrat scharf.

Unabhängig davon sieht sich der Regierungsrat durch den AKK-Bericht «bestätigt»; insbesondere darin, dass der Kanton über «wirkungsvolle und zielführende Instrumente» verfüge, die beim Fall VBL korrekt angewandt worden seien, heisst es in der Mitteilung.

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