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Luzern

Hebammenvermittlung zieht positive Zwischenbilanz – es bleiben offene Fragen zur Finanzierung

Seit Februar wird Müttern über die Plattform «Hebamme-Zentralschweiz» eine Hebamme vermittelt. Trotz positiver Bilanz: Wie es mit dem Projekt nach dem Pilot weitergeht, bleibt unklar.
In der frühen Kindheit ist die Hebamme wichtig – für Eltern und Kind. (Symbolbild: Andrea Stalder)

Roseline Troxler

Kurz nach der Geburt gehört sie zu den wichtigsten Bezugspersonen für frischgebackene Eltern: die Hebamme. Nach der Zeit im Spital haben die Eltern viele offene Fragen und Anliegen. Die Hebamme leistet hierbei eine zentrale Arbeit. Das rechtzeitige Organisieren einer Hebamme geht aber im Vorfeld der Geburt oft vergessen. Hier kommt die Hebammenvermittlung hebamme-zentralschweiz.ch zum Zug. Der gleichnamige Verein startete im Februar mit seiner Online-Plattform. Und zieht ein positives Fazit. Co-Präsidentin Lea Kobler Odermatt, sagt: «Wir sind sehr zufrieden und freuen uns über die Anzahl Vermittlungen.» Dank der Plattform wurde seit Februar 360 Frauen eine Hebamme vermittelt.

Die Plattform wird sowohl von Schwangeren, Wöchnerinnen wie auch von den Spitälern rege genutzt, so Kobler. Eltern können sich entweder selbständig auf der Website anmelden oder erhalten Hilfe durch das Spitalpersonal. Die Anmeldung löst eine Anfrage bei den 81 registrierten Hebammen aus. Per E-Mail oder Telefon werden Schwangere sowie Wöchnerinnen kontaktiert. «Die Rückmeldungen zum Vorgehen sind sehr positiv», sagt Kobler. Beim Luzerner Kantonsspital (Luks) heisst es: «Die Plattform ist bedienerfreundlich und schnell. Das Angebot wird von den Anspruchsgruppen und Betroffenen geschätzt.» Nur selten werde die Unterstützung von Mitarbeitenden des Luks benötigt.

Vorgänger zogen Ende 2019 einen Schlussstrich

Bei der Hebammenvermittlung handelt es sich um ein Pilotprojekt. Vor dem Start hat die Hebammenzentrale Zentralschweiz Wöchnerinnen eine Hebamme vermittelt. 18 Hebammen haben rund zwanzig Jahre lang in Gratisarbeit Eltern eine freipraktizierende Hebamme vermittelt. Die Arbeit wurde nicht nur wegen des Babybooms immer aufwendiger, sondern auch, weil Frauen nach der Geburt weniger lange im Spital bleiben. Für die Hebammenzentrale Zentralschweiz war im Mai 2019 klar: «Unser Wunsch ist es, 2020 zu starten. Gelingt dies nicht, werden wir spätestens Ende Jahr die Reissleine ziehen und die Hebammenzentrale abschalten», wie Karin Bachmann, heute Co-Präsidentin der neuen Hebammenvermittlung sagt.

Mit der Online-Plattform ist die Vermittlung deutlich weniger aufwendig. Doch die Finanzierung der Plattform ist erst für die einjährige Pilotphase gesichert. Für Lea Kobler ist klar: «Die öffentliche Hand müsste die Kosten tragen.» Denn sie profitiere von der niederschwelligen Versorgung der freipraktizierenden Hebammen. Enttäuscht zeigt sie sich darüber, dass die Finanzierung zwischen den Spitälern, Gemeinden, dem Kanton und den Hebammen hin- und hergeschoben werde, «die Akteure aber zu wenig an einer solidarischen Lösung interessiert sind». Das Luks etwa profitiert mit über 3000 Geburten am meisten von der Vermittlungsarbeit der Hebammen, leistet aber keinen Beitrag.

Auf Anfrage bestätigt Linus Estermann von der Unternehmenskommunikation des Luks, dass eine finanzielle Beteiligung an der Plattform auch kommendes Jahr nicht vorgesehen ist: «Bei Hebamme-Zentralschweiz handelt es sich um ein privates Leistungsangebot. Die Finanzierung solcher Leistungen ist durch die öffentliche Hand und die Krankenversicherer zu prüfen.» Die Finanzierungsfrage würde sich auch bei anderen privaten Organisationen im Umfeld des Luks stellen. «Insofern käme eine Mitfinanzierung von Hebamme Zentralschweiz auch einer Bevorzugung gegenüber anderen Organisationen gleich», führt Estermann aus. Ausserdem bezahle der Kanton Luzern als Eigentümer des Luks bereits einen Beitrag an Hebamme-Zentralschweiz.

Durch Stiftung, Lotteriegelder und Sockelbeiträge finanziert

In der Tat unterstützt der Kanton Luzern die Anschubfinanzierung der Plattform mit 50'000 Franken. Dabei handelt es sich um Lotteriegelder. Denselben Betrag zahlt die Albert-Koechlin-Stiftung. Und für das erste Jahr übernimmt das Geburtshaus Terra Alta in Oberkirch gratis die Vermittlung. Ausserdem bezahlt es einen Sockelbeitrag. Anders als das Luks beteiligt sich auch die Hirslanden-Klinik St. Anna in Luzern. Sie leistet pro Geburt wie das Geburtshaus Terra Alta einen Sockelbeitrag von 15 Franken. Während das Luks pro Jahr über 3000 Geburten zählt, sind es beim St. Anna rund 800 (wir berichteten).

Wie die Zukunft des Vereins Hebamme-Zentralschweiz aussieht, ist noch offen. Für Co-Präsidentin Lea Kobler ist klar: «Im zweiten Jahr müssen wir für die Vermittlung Löhne zahlen können.» Das Terra Alta und der Vorstand könnten diese Leistung nicht weiterhin gratis anbieten. Ab Februar 2021 werde mit Löhnen weitergearbeitet, bis das Geld versiegt sei. Um die Finanzierung langfristig zu sichern, lobbyieren die Hebammen derzeit bei den Sozialvorstehern aller Gemeinden und beim Verband Luzerner Gemeinden. VLG-Geschäftsführer Ludwig Peyer bestätigt, dass das Projekt vorgestellt wurde und sagt: «Wir warten die Pilotphase ab, werten diese dann aus und diskutieren das weitere Vorgehen.»

Unterstützung soll im Gesundheitsgesetz definiert werden

Auf politischer Ebene tut sich was. Der Luzerner Kantonsrat hat ein Postulat der grünen Kantonsrätin Noëlle Bucher erheblich erklärt. Im Vorstoss fordert sie, dass die Regierung den Aufbau und die Umsetzung des Projekts finanziell sicherstellt und sich bei den Gemeinden, Spitälern und Geburtshäusern für eine Beteiligung einsetzt. Die Regierung ist zwar nicht für eine alleinige und unbefristete Finanzierung, schreibt aber: «Wir finden es hingegen richtig, dass der Kanton grundsätzlich die Möglichkeit hat, solche Projekte mitzufinanzieren, und dass dafür eine gesetzliche Grundlage geschaffen wird.» Er schlägt vor, das Gesundheitsgesetz entsprechend zu revidieren. Der Kantonsrat hat die Revision des Gesundheitsgesetzes, bei der es noch um weitere Anpassungen ging, am 7. September in erster Lesung gutgeheissen.

Lea Kobler hat die Abstimmung im Kantonsparlament mitverfolgt. Und betont: «Es ist schön, dass sowohl der Vorstoss wie auch die Revision des Gesundheitsgesetzes von allen Parteien getragen wurde.» Wichtig sei nun, dass ein Entscheid gefällt werde. «Wir werden ins zweite Jahr starten, möchten das Angebot aber langfristig aufrechterhalten.»

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