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Luzern

«Grosse Herausforderung»: Rücktritte von langjährigen Luzerner Gemeinderäten bringt Verwaltungen in Bredouille

In vielen Luzerner Exekutiven kommt es zu gewichtigen Rücktritten. Das Know-how der Politiker ist schwierig zu ersetzen – aber nicht unmöglich.
Brigitte Jozsa tritt nach 12 Jahren als Bildungsvorsteherin von Inwil zurück. (Bild: PD)
Gregor Jung, Finanzchef von Inwil, hat seinen Rücktritt nach 12 Jahren eingereicht. (Bild: PD)
Nach sechs Jahren ist Schluss: Carmen Blaser, Bildungs- und Kulturvorsteherin von Vitznau, gibt ihr Amt ab. (Bild: Gemeinde Vitznau)
Alex Waldis ist seit 13 Jahren Gemeindeammann von Vitznau. Er hat per Ende Legislatur seinen Rücktritt bekannt gegeben. (Bild: Gemeinde Vitznau)
18 Jahre: So lange ist Regula Heuberger schon Sozialvorsteherin von Schüpfheim. Im Sommer tritt sie zurück. (Bild: PD)
Erwin Dahinden ist seit acht Jahren Vorsteher des Ressorts Raum und Sicherheit in Schüpfheim. Nun tritt er zurück. (Bild: PD)

Niels Jost

Niels Jost

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Bei den Wahlen vom 29. März werden Dutzende Gemeinderäte im Kanton Luzern nicht wieder antreten. Damit geht viel Wissen verloren. Wie schaffen es die Gemeinden, dieses Know-how zu kompensieren? Unsere Zeitung hat bei drei Gemeinden nachgefragt, bei denen es zu gewichtigen Rücktritten kommt. So viel vorweg: Eine gut aufgestellte Verwaltung ist schon die halbe Miete.

Inwil: Neue Stelle in Verwaltung geschaffen

In Inwil treten zum Beispiel per Ende der Legislatur Bildungsvorsteherin Brigitta Jozsa und Finanzchef Gregor Jung (beide CVP) zurück – nach zwölf Jahren. Zudem hat Inwil im vergangenen Sommer mit dem neu gewählten FDP-Regierungsrat Fabian Peter bereits seinen langjährigen Gemeindeammann verloren.

Gerade weil diese drei Politiker so lange im Amt sind, hat man die Abgänge kommen sehen und sich vorbereiten können, sagt Gemeindepräsident Josef Mattmann. Er persönlich habe sich beispielsweise gegen einen Rücktritt entschieden, sagt der 62-Jährige, der seit zwölf Jahren im Amt ist. Und: «Wir haben die Pensen der Gemeinderäte gekürzt und die Verwaltung reorganisiert.»

Neu hat Inwil gemeinsam mit Ballwil eine 25-Prozent-Stelle des Leiters Infrastruktur geschaffen, welche den Abgang von Fabian Peter auffangen konnte. Ohne­hin seien bereits viele Aufgaben rund um das Bauen an das regionale Bauamt Oberseetal ausgelagert. Auch für die jetzigen Rücktritte sei man ge­wappnet: «Bei den Finanzen haben wir eine gute Finanz­abteilung und bei der Bildung eine funktionierende Schulleitung und Bildungs­kommis­sion.» Josef Mattmann bilanziert: «Klar muss sich ein neuer Ge­meinderat zunächst einarbeiten, aber in unserer Verwaltung steckt viel Know-how.»

Vitznau: Fachwissen nur schwer ersetzbar

Ähnlich präsentiert sich die Situation in Vitznau. Dort treten die parteilose Bildungs- und Kulturvorsteherin Carmen Blaser und Gemeindeammann Alex Waldis von der FDP zurück. Blaser ist seit sechs Jahren im Amt, Waldis, der ein 60-Prozent-Pensum inne hat, seit 13 Jahren. Die Rücktritte seien eine «grosse Herausforderungen», sagt Gemeindepräsident Herbert Imbach. In einer kleinen Gemeinde wie Vitznau seien die Exekutivmitglieder auch stark in die operativen Geschäfte eingebunden, wodurch sie sich viel Fachwissen und weitere Kompetenzen aneignen würden. Dies schränke nun die Auswahl möglicher Kandidaten ein (siehe Box).

Wie kann also das Wissen kompensiert werden? «Langfristig gelingt dies nur, wenn die Aufgaben von Verwaltung und Gemeinderat klarer getrennt werden», sagt Imbach. Dadurch gehe bei einem Wechsel nicht automatisch auch Know-how in der Verwaltung verloren und die Gewaltentrennung zwischen operativer Arbeit und politischer Verantwortung sei gesichert.

Schüpfheim: Führungsmodell in Verwaltung hilft

Diese klarere Trennung von strategischen und operativen Aufgaben ist in Schüpfheim bereits vollzogen. Seit 2016 kennt die Entlebucher Gemeinde das Geschäftsführermodell. «Das Modell erleichtert uns die bevorstehenden Wechsel im Gemeinderat», sagt Gemeindepräsidentin Christine Bouvard Marty.

In Schüpfheim treten nach acht Jahren Erwin Dahinden (SVP), Ressort Raum und Sicherheit, sowie Sozialvorsteherin Regula Heuberger (CVP) zurück, die seit 2002 im Amt ist. «Die Ziele für die neue Legislatur werden von den bisherigen und den neuen Gemeinderäten in zwei Phasen erarbeitet und im neuen Gremium verabschiedet», sagt Bouvard Marty. Erfahrungsgemäss werde dabei eine gute Brücke zwischen den alten und neuen Amtsträgern geschlagen, und auch der Geschäftsführer sowie die Abteilungsleiter würden aktiv mit einbezogen, so die CVP-Politikerin.

Gemeindeverband: Wechsel als Chance sehen

Das Thema Rücktritt beobachtet man auch beim Verband der Luzerner Gemeinden (VLG) – auch wenn dieser nicht direkt in die Chargenwechsel involviert ist. Gemäss Geschäftsführer Ludwig Peyer sind diverse Faktoren entscheidend, wie schwerwiegend ein Rücktritt für eine Gemeinde ist. Der CVP-Kantonsrat nennt etwa die Grösse der Verwaltung, das Führungsmodell oder die Dossier-Übergabe. «Entscheidend kann auch sein, wie gut die Geschäfte und Prozesse verwaltungsintern dokumentiert wurden.»

Für den VLG-Geschäftsführer ist aber klar: Grundsätzlich muss eine Gemeinde fähig sein, auch gewichtige Abgänge verkraften zu können, gemäss dem Motto: «Jeder ist ersetzbar». Dies sei in der Privatwirtschaft nicht anders. Dazu Peyer: «Es ist eine Ur-Kompetenz jeder Gemeinde, funktionieren zu können und sich so aufzustellen, um Rücktritte auffangen zu können.» Ein Patentrezept gebe es dafür zwar nicht. Jedoch bringe jeder Wechsel auch Chancen mit sich, um auf die Abläufe oder allfällig festgefahrene Prozesse ein neues Licht zu werfen.

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