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Luzern

Gesangsfest in Hitzkirch: Dieser Chor zeigt, wie man den richtigen Ton trifft

Über 100 Chöre nehmen an diesem Wochenende am zweiten Innerschweizer Gesangsfest teil. Der Schüler- und Jugendchor Utopia aus Escholzmatt ist einer davon. Wir haben ihn begleitet.

Es ist Samstagmorgen um 10.30 Uhr. Vor den Turnhallen, beim Empfang der Chöre des Innerschweizer Gesangsfests in Hitzkirch, warten die Mitglieder des Schüler- und Jugendchors Utopia aus Escholzmatt auf ihren Chorleiter Simon Strebel. Dieser besichtigt mit denjenigen Jugendlichen, die in Hitzkirch übernachten werden, gerade das Nachtlager. Der Entlebucher Chor ist soeben in Privatfahrzeugen von einigen der Eltern auf dem Festareal in Hitzkirch angekommen. Es bleibt noch Zeit bis zum grossen Auftritt des Chors.

Mia Limacher (11) aus Schüpfheim freut sich auf den Auftritt, denn es sei schön, zu zeigen, was man kann. «Ich singe am liebsten Pop», erzählt sie. Die Vorbereitungen für das Gesangsfest seien streng gewesen. «Wir hatten manchmal zweimal in der Woche Probe und gingen auch ins Probeweekend», sagt Mia. Sie sei schon nervös, aber dann atme sie tief durch und sage sich «es kommt gut».

Auch Chorleiter Simon Strebel ist etwas nervös, denn die letzte Prüfung, an der der Chor teilgenommen habe, sei eine Weile her. Strebel sagt:

«Damals bekamen wir die beste Beurteilung ‹vorzüglich›, doch inzwischen sind viele neue Mitglieder im Chor. Die Note ‹gut› ist unser Ziel.»

Inzwischen ist Christine Elmiger eingetroffen, die dem Chor als Guide für den Tag zugeteilt ist. Sie achtet vor allem darauf, dass der Zeitplan eingehalten wird. Die Kinder bekommen die Teilnehmerbändel und einen Begrüssungsdrink. Muss noch jemand aufs WC? Ach ja: Warten gehört halt auch zur Vorbereitungszeit.

Cola und Guetzli zur Ablenkung

Inzwischen ist es 11.00 Uhr. Bevor es zum Einsingen geht, gibt’s noch einen kleinen Imbiss: Cola, Wasser, aber auch Äpfel, Guetzli oder Getreidestängel stehen zur Auswahl. Die meisten greifen zu, sind froh um die Ablenkung. Auch Aline Portmann (11) aus Escholzmatt isst genüsslich noch ein Weggli: Essensregeln vor dem Singen gäbe es keine.

Die Aufregung steigt. Die Kinder und Jugendlichen kichern. Die Zusammenarbeit der beiden Chöre – Schüler und Jugendliche – laufe sehr gut, meint Britney Philip aus Escholzmatt. Das Schwierigste sei, dass alle während des Singens konzentriert blieben, weiss die 14-Jährige.

Jetzt aber Abmarsch zur Interkantonalen Polizeischule, wo Utopia einsingen wird. Auch René Muri, einer der mitreisenden Väter, läuft mit. Es seien viele Proben gewesen in der letzten Zeit, denn vor kurzem hat der Chor auch noch das 20-Jahr-Jubiläum gefeiert: «Da muss man als Familie mehr planen, zum Beispiel, wann meine Tochter Fiona ihre Hausaufgaben machen kann.»

Drei Minuten zu spät, 11.33 Uhr, stehen die 42 Sängerinnen und Sänger im Raum B, um einzusingen. Simon Strebel weist sie an, locker zu stehen, die Schultern zu kreisen, den Körper abzuklopfen und das Gesicht zu entspannen. Sie sollen lächeln, Rechnungsaufgaben lösen, um sich zu konzentrieren. Mit verschiedenen Übungen werden sie warm. «Na, ne, no und guet» wird gesungen, ebenso «ma, me, mi, mo, mu». Sie singen noch einmal Einsätze durch und der Chorleiter macht auf wichtige Punkte aufmerksam.

Die Zeit rennt. Der Auftritt vor der Fachjury rückt näher. Nun setzen sich die Kinder und Jugendlichen hin, schliessen die Augen, atmen bewusst und lauschen den letzten motivierenden Worten ihres Dirigenten.

Schon wieder sind die Escholzmatter etwas knapp dran, sodass sie fast zur Kirche rennen müssen, wo um 12.15 Uhr ihr Minikonzert vor der Fachjury stattfindet. Hände zittern, doch jetzt wird eingestanden und zügig reingelaufen. Die Kirche ist praktisch voll und unter aufmunterndem Klatschen machen sich die Kinder und Jugendlichen auf der Bühne parat – auch das Maskottchen, das wie der Chorleiter aussieht, fehlt nicht. Die Glocke läutet: Es gilt ernst!

Chor gibt alles – und wird dafür belohnt

Mit Esther Bucher am Flügel singt der Schüler- und Jugendchor Utopia von Escholzmatt vier Stücke, darunter auch die «Bärgandacht». In der Kirche ist es derweil mucksmäuschenstill – zwischen den Liedern wird nicht geklatscht. Das Lächeln, das sie aufsetzen sollten, verschwindet aus einigen Gesichtern, Einschüchterung macht sich etwas breit. Doch sie singen mit sehr viel Engagement, die Dynamik verblüfft, der Jodelteil beeindruckt mit der Kirchenakustik und trotz des enormen Tempos des letzten Liedes bewegen sich die Münder total synchron. Der letzte Ton ist gesungen. Nun branden den Kindern und Jugendlichen tosender Applaus, anerkennende Pfiffe und «Woohooos» entgegen. Und schon geht es wieder von der Bühne runter.

Der Druck ist weg: Mit grosser Freude liegen sich die Chormitglieder in den Armen, die Eltern haben verweinte Augen und sogar Chorleiter Simon Strebel gibt zu, er hätte mit den Tränen gekämpft. «Ich bin sehr zufrieden, sie haben gezeigt, dass sie am Tag X noch einen Sprung nach vorne machen können», schwärmt er. Joël Schnider (13) aus Escholzmatt hatte sich im Voraus Sorgen gemacht, ob die «Bärgandacht» gut komme. Auch er freut sich über den gelungenen Auftritt: «Ich war schon angespannt. Ich habe all die Menschen gesehen und mich trotzdem konzentrieren müssen. Jetzt bin ich gespannt auf das Resultat».

Am frühen Abend erhielten Joël und der Chor die Quittung für ihren Auftritt: «Vorzüglich» lautet das Prädikat des Fachgremiums. Den darauffolgenden Jubel kann man sich unschwer vorstellen.

Mehr Infos zum Gesangsfest: www.igf-2019.ch

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