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Luzern

Ganz schön streng: Premiere am Slow-up im Luzerner Seetal

Tausende umrundeten gestern auf der autofreien Strasse den Baldeggersee. Unter die Velofahrer mischte sich auch unsere Autorin Natalie Ehrenzweig. Sie erzählt, was sie bei der Fahrt besonders beeindruckt hat.
Volle Konzentration vor dem Start: Autorin Natalie Ehrenzweig in Hochdorf. (Bild: Jakob Ineichen (19. August 2018))
Am Slow-up Seetal sind die unterschiedlichsten Velos zu sehen. (Bild: Jakob Ineichen (19. August 2018))

Natalie Ehrenzweig

Natalie Ehrenzweig

Zum ersten Mal in meinem Leben bin ich 25 Kilometer am Stück geradelt – rund um den Baldeggersee. Ehrlich gesagt war ich sicher, dass ich unterwegs schlapp machen würde. Aber siehe da: Ich hab es geschafft.

Unterwegs wird mir klar: Über eine Slow-up-Fahrt könnte man ein Buch schreiben. Da sind mal die Tausenden Menschen, die sich gemeinsam mit mir im Gegenuhrzeigersinn um den See bewegen – jeder hat eine eigene Geschichte. Zum Beispiel die junge Frau, die den See auf dem Rollbrett umrundet und dabei die ganze Zeit mit demselben Bein angibt: «mit dem anderen kann ich es nicht», ruft sie mir zu. Oder das Mädchen, das auf seinem rosa Velo mit dem rosa Helm gefährlich zu eiern anfängt und dann – ich habe es kommen sehen – umfällt und sich das Knie aufschürft, während die Mutter ruft: «Scho weder!». Da sind die jungen Herren, die eine Badewanne fahrbar gemacht haben oder der Mann, der sich ein Gestell gebastelt hat, mit dem er aussieht, als ob er dem Velo hinterher fliegen würde.

Apfelbäume, Kirchen und Störche

Ebenso viel gäbe es über die tolle Landschaft zu schreiben. Über den See, den man leider erst während der zweiten Hälfte der Fahrt wirklich sieht. Die Apfelbäume, die Mais- und Kürbisfelder und die Beeren. Beim gemütlichen Pedalen durch die Quartiere fallen mir die zahlreichen wunderschönen alten Bauernhäuser auf. Es hat schmucke Kirchen unterwegs und die Sicht auf das Schloss Heidegg ist auch flott. Und Störche! Ja, ich sehe Störche.

Erzählen könnte ich auch vom ungewohnten Gefühl, auf einer Strasse ohne Autos Velo zu fahren. Ich muss allerdings einräumen, dass es zwar schön ist, keinen Motorenlärm zu hören. Aber besonders entspannt ist die Fahrt trotzdem nicht. Gerade, wenn am Wegrand ein Verpflegungsstand lockt oder Unterhaltung angesagt ist, fahren alle langsamer, so dass fast ein Stau entsteht. Noch ein Tipp: Nie hinter Kindern auf einem Velo fahren. Die erweisen sich als recht unberechenbar bezüglich ihrer Fahrbahn und Bremstätigkeit. Zwischendurch verteilt sich die Menge aber auf der Kantonsstrasse. Wenn es dann sogar noch etwas bergab geht, dann ist da schon ein gewisses Freiheitsgefühl zu spüren.

Interessant sind auch die unglaublich unterschiedlichen Formen und Ausführungen an Velos, die es gibt. Alles ist unterwegs – vom Laufrad bis zum E-Bike. Velos in allen Farben, mit breiten oder klassischen Lenkern, supersportlich oder reichlich verziert. Neben den Velos haben einige Teilnehmer auch die Inlines angeschnallt. Da tun mir einige Knie leid, wenn da ein paar mit der X-Bein-Technik unterwegs sind. Die Königsdisziplin ist bei den Inlinern das gleichzeitige Schieben des Kinderwagens. Vereinzelt überholte ich sogar Jogger und Nordic Walker.

Stände mit Angebot vom Glace bis zum Thai Curry

Ich bin recht stolz. Nicht, weil ich Jogger überholt habe, sondern weil ich es geschafft habe. Unfallfrei, trotz der wenigen, die das mit dem Slow-up nicht ganz verstanden haben und mit rasierten Waden wie von der Wespe gestochen durch die Menge flitzten. Ich kam in einen richtigen Flow und erlaubte mir nicht einmal einen Halt an den vielen verführerischen Verpflegungsständen, wo es von der Wurst über die Glace bis zum Thai Curry alles gab. Ich hörte auch weder der Bluesrock-Band noch den Alphornspielern zu. In stetigem Tempo einmal um den Baldeggersee. So ein schöner Tag, so ein tolles Erlebnis.

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