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Ebikon

Er wollte Buschpilot werden: Kirchenmusiker geht in Pension

30 Jahre lang hat Sigisbert Koller den Ebikoner Chor Santa Maria geleitet und mit ihm neue Pfade beschritten. Er erzählt von den schönsten Momenten und wie dem ein geplatzter Jugendtraum vorausging.
Sigisbert Koller, umgeben von Chor- und Pfarreismitgliedern, während seines Abschiedsapéros vor dem «Aussingen».
Bild: Manuela Jans-Koch

Sandra Peter

Nach 30 Jahren als Hauptverantwortlicher für Kirchenmusik und Leiter des Chores der Pfarrei Santa Maria Ebikon geht Sigisbert Koller in Pension. An seine Anfänge in Ebikon erinnert er sich lebhaft und zählt eines der ersten Projekte zu den Highlights. Das weltliche Konzert «Movie94» sei ein abenteuerliches Vorhaben gewesen, erzählt der 64-Jährige. Kurz nach seinem Start begannen die Planung und die Proben dafür. «Ich war neu und voller Tatendrang», sagt er und lacht. «Ich kannte den Chor noch nicht so gut.» Auf dem Programm standen Lieder aus Kinofilmen und viele mussten sich erst mit der fremden englischen Sprache anfreunden.

«Als sie aber gemerkt hatten, worum es geht, zogen sie voller Kreativität mit», erzählt der Chorleiter weiter. Seine ruhige, gelassene Stimme erhält einen begeisterten Ton, wenn er von Konzerten und Inszenierungen wie jener des Konzertsaals als Kino inklusive bespielter Leinwand spricht. «Als ich sie damals für meine Ideen begeistern konnte, hatte ich die Hürde genommen», sagt Koller. Anschliessend sei der heute 56 Mitglieder zählende Chor jeweils begeisterungsfähig für neue Pfade gewesen.

Neue Gruppen sind unter seiner Leitung gediehen

Seine Hauptaufgabe sei jedoch die liturgische Musik gewesen, betont Koller, die Gestaltung von kirchlichen Feiern und Zeremonien. Unter seiner Leitung entwickelten sich aus dem Chor weitere Formationen, wie etwa die Choralschola oder die Kantoren Santa Maria. Zu den besonderen kirchenmusikalischen Anlässen zählten beispielsweise die Mitwirkung bei der Vereidigung der Schweizer Gardisten im Petersdom zu Rom, ein gemeinsamer Auftritt mit dem damaligen AML-Sinfonieorchester oder die Uraufführung bei «Bach goes Jazz» mit klassischem Orchester, Jazzband und Chor.

Bereits in der Kindheit spielte die Musik eine wichtige Rolle im Leben von Koller, der in Schaffhausen aufgewachsen ist. In der dritten Klasse begann er mit Klavierunterricht und sein musikbegeisterter Vater gründete mit seiner Frau, den drei gemeinsamen Kindern und dem Vikar der Gemeinde einen Kirchenchor. Als Erwachsener absolvierte Koller von 1980 bis 1986 die Ausbildung zum Kirchenmusiker an der Akademie für Schul- und Kirchenmusik in Luzern. Anschliessend studierte er in Stuttgart und schloss mit dem Konzertdiplom für Orgel ab. Danach war er in Hitzkirch als Nachfolger von Joseph Röösli tätig und wechselte 1993 zur Pfarrei Santa Maria nach Ebikon.

Musik statt Flugzeugtriebwerke

Als junger Mann hatte Koller ursprünglich jedoch andere Pläne. «Ich hatte die Idee, meine Leidenschaft fürs Fliegen später einmal als Buschpilot zu verwirklichen», erzählt er. Der Weg dazu hätte über eine Ausbildung zum Militär- und Linienpiloten geführt. Er absolvierte dazu die fliegerische Vorschule und wurde beim Militär in die Fliegertruppe eingeteilt. Zudem begann er ein Studium als Elektroingenieur an der ETH Zürich.

«Als ich bei einem Gespräch sagte, ich würde trotz Befehl keine Bombe über einem Dorf abwerfen, wenn dort noch Zivilisten vermutet würden, hatte sich der Traum vom Pilotewerden erledigt.»

Später hätten ihm dann auch die Aufgaben bei den Bodentruppen nicht mehr zugesagt und er verweigerte den Wehrdienst. Deswegen erhielt er eine fünfmonatige Gefängnisstrafe, wovon er knapp vier Monate in Schaffhausen absitzen musste. Die erste Woche verbrachte er komplett isoliert. «Das war ein Tiefpunkt, da versteht man die Welt nicht mehr», sagt er rückblickend. Später wurden die Regeln gelockert und er durfte tagsüber einer Arbeit ausserhalb des Gefängnisses nachgehen. Danach rückte die Musik aus seinem Privatleben vermehrt auch in den beruflichen Fokus und blieb es bis heute.

Zukünftig frönt er seiner Passion freier

Die letzten Einsätze mit dem Santa-Maria-Chor als auch dem Singkreis Lukas, deren Leiter er ebenfalls ist, liegen nun hinter Koller. Im Moment habe er aber noch organisatorische Arbeiten abzuschliessen, wie etwa Notenmaterial sortieren oder auch seine Nachfolgerin Julia Stadelmann in Ebikon in die zukünftigen Aufgaben einführen, erzählt Koller.

Als Organist will er weiterhin tätig sein. «Nach meinem doppelten Beinbruch vor rund drei Jahren konnte ich lange Zeit nicht mehr spielen», sagt Koller. Er könne sich auch vorstellen, dass er bei ausgewählten Projekten wieder mitmache. Doch der Kirchenmusiker sagt auch:

«Ich freue mich darauf, dass die kommende Zeit freier wird – die Musik wird aber weiterhin mit im Boot sein.»

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