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Luzern

Einer motzt – bis sich im Städtli Sempach etwas ändert

Ein Rückblick der anderen Art: Seit 30 Jahren begleitet Werner Keiser das Geschehen in Sempach mit seinem bissigem Humor. Nun macht er daraus ein Cabaret – und vergleicht das Städtli schon mal mit Shanghai.
Werner Keiser bewaffnet sich gerne mit Gitarre und Wortwitz. (Bild: Pius Amrein, Sempach, 14. August 2018)

Interview: Urs-Ueli Schorno

Werner Keiser, Sie sind eigentlich Übersetzer. Wann haben Sie entdeckt, dass sie auch lustig sind?

Schon als ich sehr klein war. Im Löwen in Eschenbach habe ich Kasperlitheater aufgeführt für meine Eltern, Verwandten und Bekannten. Die haben schon damals Tränen gelacht ob der Darbietung. Das hat sich dann durchgezogen, etwa im Militär, wo die Vorgesetzten meine Satire mal mehr, mal weniger lustig fanden. Ich bin, gerade in Sempach, als humoristisch bekannt.

Sie sind bekannt als «Städtlimotzer». Was gibt es denn in Sempach zu motzen?

Motzen heisst, mit etwas nicht einverstanden sein. Wenn ich motze, dann wegen der menschlichen Ungereimtheiten, denen wir täglich begegnen. Da gibt es Eifersucht, Neid, Missgunst und Geiz. In der Politik läuft immer etwas schief. Da muss jemand her, der sich getraut, hinzustehen und etwas Salz in die Wunde zu legen. Es gibt übrigens auch in der Stadtverwaltung Leute, die denken, dass manchmal etwas Kontrastprogramm ganz gut tut. Ich versuche dabei die Leute in all ihren Facetten zu beschreiben, ohne bösartig zu sein.

Sie haben auch schon mal als Stadtpräsident kandidiert...

Das war 2008. Als Parteiloser gaben sie mir immerhin knapp 260 Stimmen. Ein ehemaliger Stapi sprach gar von einem Achtungserfolg. Die Kandidatur hatte schlicht zum Zweck, dass der «Freak» von CVP nicht durchgewunken wurde, sprich: man tatsächlich «wählen» konnte.

War’s eine Clownkandidatur?

Keinesfalls, sowie auch das Cabaret nicht clownesk daherkommt. Vielleicht den Leuten, die ich in den letzten 30 Jahren erleben durfte, ein wenig den Spiegel vorhalten, Selbstironie inklusive. Der Mensch ist letztendlich überall gleich, ob in einem Quartier von Shanghai, Los Angeles oder Berlin. Missgunst, Neid, Gier oder Geiz machen uns das Leben unnötig schwer. Da braucht es Querdenker, Motzer eben.

Was gefällt Ihnen eigentlich noch an Sempach?

Natürlich gibt es Positives. Das kommt im Programm deutlich raus, vor allem am Schluss. In den 30 Jahren hat sich «mein» Städtli zur Heimat gemausert.

Wollen Sie mit Ihrem Cabaret auch tatsächlich bewegen?

Was mich am Meisten bewegt ist, dass man den Namen Sempach besser «vermarkten» könnte. Die Schlacht von Sempach von 1386 ist jedem Stadtkind in Genf oder dem Bergbauerbub im Bündnerland ein Begriff. Sogar Österreicher können sich noch ungern daran erinnern. Nicht zuletzt finanziert der Kanton Luzern alljährlich die «Schlachtjohrziit», wenn auch mit Schwindsucht verdächtigem Budget.

Wieso soll jemand, der nicht aus Sempach kommt, Ihre Auftritte besuchen?

Auch Eschenbacher sind so und ähnlich. Oder, wie erwähnt, die Menschen überall auf der Welt. Selber bin ich auch nicht gefeit, jeder hat Knörze. Selbst der Filz hat eine menschliche Komponente, wenn er nicht allzu ausgereizt wird. Wäre ich damals Stapi geworden, hätte ich bestimmt auch Leute um mich geschart, denen ich vertrauen kann, inklusive Querdenker und Motzer.

Was wünschen Sie sich für die nächsten 30 Jahre?

Da befindet sich ein grösseres Projekt in mentaler Verarbeitung. Mehr möchte ich nicht verraten.

Hinweis: Werner Keiser ist Übersetzer, Städtlimotzer und Kolumnist dieser Zeitung. Sein Cabaret führt er am 17. und 24. August in der Tuchlaube in Sempach auf. Jeweils um 19 sowie um 21 Uhr. Reservationen über sempach1h@gmx.ch.

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