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Luzern

Ein Emmer macht aus der «Luzerner Zeitung» Kunstwerke

Werner Richli liest unsere Zeitung zwei Mal. Einmal, um sich zu informieren und einmal, um daraus Material für seine nächste Collage zu sammeln. Daraus entstehen verblüffende Unikate.
Der Künstler Werner Richli (69) in seinem Atelier im Untergeschoss seines Hauses in Emmen. (Bild: Philipp Schmidli, 26. Juni 2018)

Yvonne Imbach

Was Künstlern an Inspirationsquelle dient, ist breit gefächert: die Natur, Werkstoffe, ein Lebensereignis. Bei Werner Richli ist es die «Luzerner Zeitung». Aus jeder Ausgabe kreiert er etwas Neues, zusammengesetzt aus den Elementen der Zeitung. Immer wählt er dasselbe Format – jenes einer Postkarte – und klebt die Karten auf Karton, wo vierzig Stück aneinandergereiht Platz finden.

Die Idee dazu kam Richli Ende 2017. Als pensionierter Unternehmer der Richli AG will der 69-Jährige seine Zeit sinnvoll nutzen: «Bei mir muss immer etwas gehen, ich muss kreativ sein. Ich überlegte mir ein Projekt, bei dem ich jeden Tag etwas erschaffen kann.» Erst habe er mit Farben gearbeitet, die trockneten ihm aber zu wenig schnell.

Über 170 Bilder gestaltet

Etwas davon blieb aber haften: «Auf jedes Bild klebte ich das Datum des jeweiligen Tages, das ich mir von der Frontseite der Luzerner Zeitung ausschnitt.» Das führte zur Idee, die Zeitung selbst als Inspirationsquelle und Rohmaterial zu nutzen. «Ich setzte mir das Ziel, jeden Tag des Jahres 2018 aus der aktuellen Ausgabe eine Collage zu gestalten.» Bereits sind über 170 Bilder entstanden (eine Auswahl in unserer Bildergalerie unten).

Was Richli an Kunstwerken zaubert, ist verblüffend und begeistert. Jedes Bild ein Unikat, die Techniken unterschiedlich, die Aussagen breit. Eine mehrschichtige Rose, eine Banane mit geschälten Buchstaben, ein prominentes Gesicht oder ein surreales Tier – er zerschneidet Bilder und Texte, klebt sie neu zusammen und verleiht ihnen ein zweites Leben. Er interpretiert Geschichten, wenn er etwa das Thema Demenz und das Bild einer zerbombten Stadt vermischt und daraus einen Kopf kreiert, in den eine Bombe einschlägt. Auch die Typografie regt Richlis Fantasie an. So klebt er neue Wörter und textet sinnleere Sätze. Pro Karte benötigt er bis zwei Stunden in seinem Atelier, das er sich im Untergeschoss seines Hauses eingerichtet hat.

Ein festes Ritual – und keine Todesanzeigen

Konsequent ist Richli in zwei Dingen: Er verwendet nur die jeweils aktuelle Tageszeitung und nie Elemente aus Todesanzeigen. Sein Ritual: «Ich lese die Zeitung zwei Mal. Morgens teile ich sie mit meiner Frau und informiere mich.» Mittags nehme er das Blatt erneut zur Hand und prüfe aus künstlerischer Optik, was ihm auffalle. «Das lasse ich den Nachmittag über wirken, und erst nach dem Abendessen setze ich mich hin.» Interessant ist, was der gelernte Textilfachmann feststellt: «Sehr selten gibt es grossflächige, gelbe Fotos. Ich wünsche mir mehr Gelb. Ich verwende es immer, wenn es vorkommt.» Bei den Blautönen sei Himmelblau oft vorhanden, andere Blaunuancen oder Violett seien rar.

Man kennt Werner Richli als Mitbegründer der Emmer Fasnacht, Initiant der «Szene Emmen» sowie als Skulpturenkünstler. Falls er es bis zum Jahresende durchhält, könnte er sich vorstellen, die Bilder in einer Ausstellung zu zeigen und sie für einen guten Zweck zu verkaufen. Das Ziel des treuen LZ-Abonnenten (fast 50 Jahre!) sind 345 Collagen, so oft erscheint unsere Zeitung 2018. Herausfordernder sind die Sommerferien, wenn Richli drei Wochen im Ausland ist: «Ich bin nicht sicher, ob ich es schaffe, 21 Ausgaben nachzuarbeiten.» Wir werden Ende Jahr nachfragen.

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