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Luzern

Ein einzelner Luzerner Polizist ist für immer mehr Bürger verantwortlich

Schweizweit wird das Verhältnis von Einwohner pro Polizist besser, im Kanton Luzern nimmt die Polizeidichte ab. Das hat laut Kommandant Adi Achermann nicht nur politische Gründe.
Eine Patrouille der Luzerner Polizei auf dem Luzerner Franziskanerplatz.
(Bild: Eveline Beerkircher, Luzern, 12. Dezember 2019 )

Alexander von Däniken

Alexander von Däniken

Die Gleichung ist einfach: Je mehr Einwohner ein einzelner Polizist zu betreuen hat, desto schwächer ist das Korps aufgestellt. Das schlägt sich früher oder später in den Kriminalstatistiken nieder. Es fehlen Ressourcen, um grosse Drogenringe zu zerschlagen, im Milieu zu ermitteln oder nach Fussballspielen Ausschreitungen zu verhindern. Schon jetzt zeichnet sich ab, dass die Polizeikorps zu wenig Ressourcen haben, um gegen Internetkriminalität vorzugehen (wir berichteten).

Die Politik in vielen Kantonen hat darum in den letzten Jahren reagiert. Und die jeweiligen Polizeikorps aufgestockt. Kamen 2013 im Schweizer Durchschnitt 464 Einwohner auf einen Polizisten, sind es 2020 nur noch 454. Die Polizeidichte hat sich demnach um 2,2 Prozent verbessert. Im Kanton Luzern ist es umgekehrt. Hier hat sich die Dichte seit 2013 um 9,5 Prozent auf heute 617 Einwohner pro Polizist verschlechtert. Das zeigen die aktuellsten Zahlen der Konferenz der kantonalen Polizeikommandanten.

Nur sechs Kantone schneiden schlechter ab

Die Dichte von 617 Einwohnern pro Polizist bedeutet den siebtschlechtesten Wert des Landes. Nur Aargau, Nid- und Obwalden, Appenzell Ausserrhoden, Schwyz und Thurgau haben eine geringere Dichte. Der Luzerner Wert steht im Kontrast mit den Zielen der kantonalen Politik und des Polizeikommandanten Adi Achermann. Dieser hält wiederholt fest:

«Ziel der Luzerner Polizei ist es, eine Polizeidichte von weniger als 600 Einwohnern pro Polizist zu erreichen.»

Das hat auch der Regierungsrat definiert: Im aktuellen Finanzplan bis 2023 prangt bei der entsprechenden Vorgabe die Zahl 600.

Das Positive vorweg: Es könnte schlimmer sein. Denn das Kantonsparlament hatte schon vor Jahren eine Aufstockung des Korps um 50 Stellen bewilligt. Und Adi Achermann fügt an: «Bei Bevölkerungsumfragen wird immer wieder festgestellt, dass das Bedürfnis nach Sicherheit im Kanton Luzern hoch ist. Gleichzeitig ergibt sich aus den Befragungen, dass sich die Bevölkerung im Kanton Luzern sicher fühlt und dass die Polizei eine hohe Reputation hat.»

Die negativen Seiten überwiegen jedoch:

  • Die Aufstockung des Korps ist politisch immer wieder verzögert worden. Nach aktuellstem Fahrplan sind pro Jahr fünf zusätzliche Stellen geplant.
  • Die Bevölkerungszahl wächst prozentual schneller als jene der Polizisten. Allein zwischen 2013 und 2018 nahm die Einwohnerzahl um fast fünf Prozent zu, die Zunahme der Vollzeitstellen betrug aber nur 1,5 Prozent.
  • Auf 2019 trat im Kanton Luzern ein neues Pensionskassenreglement in Kraft. Wer konnte, liess sich per Ende 2018 zu besseren Bedingungen vorzeitig pensionieren.
  • Der Bewerbungsprozess braucht Zeit. Die Ausbildung an der Interkantonalen Polizeischule Hitzkirch dauert zwei Jahre.
  • Nicht jeder Interessierte wird aufgenommen. «Wir stellen an die Bewerberinnen und Bewerber hohe Ansprüche. Das heisst, dass wir bei der Rekrutierung und im Auswahlverfahren genau hinschauen, um die geeignetsten Kandidatinnen und Kandidaten für die Polizeiausbildung zuzulassen», sagt Achermann. Auf dieses Jahr hat die Luzerner Polizei die Rekrutierungskampagne neu aufgegleist: Interessierte sollen einen tieferen Einblick in den Beruf erhalten.
  • Neue Phänomene erfordern mehr Spezialisten. Beispiel Internetkriminalität. Achermann dazu: «Diese Spezialisten sind schwierig zu finden. Gerade im Bereich der Cyberkriminalität haben wir eine Stellenaufstockung erhalten, die Stellenbesetzung erweist sich aber als herausfordernd.»

Höheres Globalbudget, konstanter Aufwand

Die Polizei gehört mit der Volksschule und der Gesundheit zu jenen Bereichen, die im Kanton Luzern gemäss Finanzleitbild ein Ausgabenwachstum haben dürfen. Mit Blick auf das Globalbudget stimmt das auch. Zwischen 2013 und 2018 nahm das Globalbudget um über einen Viertel auf 88,1 Millionen Franken zu. Allerdings bewegt sich der Aufwand allein in den letzten Jahren konstant bei rund 129 Millionen Franken.

Gründe für den Anstieg des Globalbudgets sind laut Achermann sinkende Einnahmen. So blieben etwa die Einnahmen aus Ordnungsbussen jeweils unter den budgetierten Werten. Zudem gab es auch weniger Einnahmen beim Passbüro, wie der Kommandant erklärt: «Dies hat damit zu tun, dass die ersten biometrischen Pässe ab dem Jahr 2010 ausgestellt wurden. Nach Ablauf von zehn Jahren werden diese erneuert. Wir gehen davon aus, dass die Einnahmen beim Passbüro in den nächsten Jahren wieder ansteigen werden.»

Und ab 2017 fielen rund 15 Millionen Franken Ertragsanteil an Verkehrssteuern dauerhaft weg, was zu einem Anstieg des Globalbudgets führte. Grund dafür war eine Massnahme aus dem Sparpaket KP17. Schon bei der beschlossenen Stellenaufstockung ging die Polizei von einem Bedarf von 82 Stellen aus. Wird sich Achermann nun für einen weiteren Ausbau einsetzen? «Ob und wann weitere Stellen für die Polizei geschaffen werden, ist eine politische Frage.»

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