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Luzern

«U 20»: Die Schweiz als Puzzle

In der aktuellen «U 20»-Kolumne macht sich Josh Müller, 17, Schüler an der Kantonsschule Sursee, Gedanken über die Geschichte und den Charakter der Schweizer.
Josh Müller

Josh Müller

Seit eh und je pflegt die Schweiz viele komische Gebräuche und unterschiedliche Lebensarten. Genau wie jedes Land hegt sie diese gefühlt schon seit Urzeiten. Sie sind praktisch eingebaut in die kulturellen Gene der Eidgenossenschaft und haben den ihnen gebührenden Platz in der Seele der meisten Schweizer Bürgerinnen und Bürger.

Was aber dann auffällt, sind lokale Unterschiede und Differenzierungen in der Bevölkerung. Diese gehen vom simplen Aufregen über zum Beispiel einen «langsamen Aargauer»-Autofahrer bis zu regionalen Fussballschlachten und Armee gesteuertem Auseinandertreiben der verfeindeten Gruppierungen vor der Gründung des Kantons Jura, wobei gerade die bürgerkriegsähnlichen Zustände etwa in Moutier 1975 ein interessantes Licht auf die sonst so stereotypisch friedlichen Schweizer werfen.

Ein Italiener könnte gar einen Schweizer nach seiner Herkunft fragen und dieser würde wahrscheinlich mit der Angabe seines Wohnorts antworten; genau dies ist es, was mich fasziniert. Viele Schweizer identifizieren sich zwar oberflächlich mit der strahlenden roten Flagge und dem weissen Kreuz, aber innerlich scheinen die meisten eine viel tiefere Verbundenheit zu ihren Kantonen, Ämtern und Gemeinden zu spüren. Dies ist zwar in vielen Ländern so, manchmal sogar ausgeprägter, aber bei wenigen gibt es traditionell enge oder Klischee behaftete Denkschemata auf so einem unglaublich kleinen Gebiet. Besonders tiefgründig wird es dabei, wenn man die unterschiedlichen Dialekteinfärbungen nachahmt und kommentiert.

Wahrscheinlich beruhen diese Selbsteinteilungen stark auf den früheren Gründungsprinzipien der Schweiz, wobei jeder Kanton dem Bündnis in einem langen Prozess oft einzelgängerisch beitreten musste wie ein Individuum. Ich vermute aber bei diesem «Problem» eine Hilfe im Verlauf der Entstehung der Schweiz, denn ich spekuliere, dass durch die unglaubliche Aufmüpfigkeit und den starken Eigensinn eine Basis der seit 1848 bestehenden Demokratie gelegt wurde. Sieht man alle und jeden als Feind an, lässt man sich nicht so schnell regieren oder unterdrücken und schon gar nicht, wenn dieser einen anderen Dialekt spricht! Trotzdem funktioniert die Schweiz schlussendlich gut als Einheit, als ein staatlicher Organismus, der aus unterschiedlichen Ethnien besteht und gerade deshalb immer wieder neu aufblüht.

Hinweis In der Kolumne «U20» äussern sich Schüler der Kanti Sursee zu frei gewählten Themen. Ihre Meinung muss nicht mit derjenigen der Redaktion übereinstimmen.

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