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Masterarbeit

Der Wahl-Vorhersager aus Beromünster

Der 26-jährige Elias Räber hat an der Universität Luzern sein Diplom erhalten. In seiner Masterarbeit entwickelte der Politikwissenschafter ein Modell, um Wahlprognosen zu erstellen.
Elias Räber posiert am Bahnhof Luzern mit seiner Masterarbeit, während eine Trachtengruppe vorbeiläuft. (Bild: Eveline Beerkircher, 14. September 2019)

Yvonne Imbach

Nach fünf Jahren Studium nahm Elias Räber am Freitag an der Uni Luzern sein Diplom entgegen und darf sich nun «Master of Arts in Political Science» nennen. Der 26-Jährige aus ­Beromünster hat im Hauptfach Politikwissenschaft und im Nebenfach Geschichte studiert. In seiner Masterarbeit widmete er sich dem Blick in die Zukunft: Er entwickelte eine eigene quantitative Wahlprognosemethode, die er in rund 60 Seiten wissenschaftlich erarbeitete. Genauer erklärt, erforschte er ein Wahlprognosemodell für Schweizer Nationalratswahlen.

Kann Räber nun quasi in eine politische Glaskugel schauen? Er sagt lachend: «Nein, Wissenschaft ist seriös. Mich faszinieren Prozesse, Entwicklungen und Abläufe.» In der Einleitung zur Masterarbeit stellte er fest, dass Wahlprognosen in der deutschsprachigen Politikwissenschaft im Vergleich mit der US-Politikwissenschaft ein eher «stiefmütterliches Dasein» hätten. Dabei dienten sie als bedeutsamer Orientierungspunkt für die Parteien, die Wahlkampf betreiben. Er sagt:

«Wenn die Prognose nicht zufriedenstellend ausfällt, kann eine Partei noch Massnahmen im Wahlkampf ergreifen und versuchen, Gegensteuer zu geben.»

Für seine Masterarbeit blickte Räber auf die letzten drei Nationalratswahlen von 2007, 2011 und 2015 zurück. Er recherchierte Umfrageergebnisse, Statistiken des Bundes und verglich bestehende Wahlprognosemodelle mit den tatsächlichen Resultaten. Die Erkenntnisse wertete er wissenschaftlich aus. Die Retrospektive der Analyse und die Prognose hängen laut Räber eng zusammen. «Mein Interesse liegt bei den Menschen: Wie denken sie, wie verhalten sie sich, aufgrund welcher Gründe fällen sie welche Entscheidungen?», erklärt der junge Wissenschaftler. Bei Wahlentscheidungen unterscheidet Räber kurzfristige und langfristige Faktoren: Kurzfristig sind etwa Sachthemen mit aktuellem Bezug wie etwa Umweltfragen oder der Effekt einer Werbekampagne. Als langfristig gilt die Parteibindung des Wählers oder dessen Sozialisierung, also wie politisch war das Elternhaus und welche Partei wurde gewählt.

Auch Räber sieht im Elternhaus den Grundstein für sein politisches Interesse. Sein Grossvater war politisch aktiv, sein Onkel ist es noch. Er selbst bezeichnet sich als politisch neutral:

«Natürlich habe ich eine politische Meinung, aber als Wissenschaftlicher vertrete ich die Werturteilsfreiheit gemäss Max Weber. Für die Akzeptanz oder Verwerfung einer Theorie sind nur die Fakten und nicht die eigene Meinung des Wissenschaftlers entscheidend.»

Wie lautet seine Prognose für die Wahlen im Oktober? «Ich wusste, dass Sie mich das fragen werden», sagt er. «Ich habe mich für meine Masterarbeit jedoch mit den letzten drei Wahlen beschäftigt. Für die aktuellen Wahlen fehlen mir Daten – und auch die Zeit, diese zu recherchieren und wissenschaftlich zu analysieren.» Er werde es aber höchstwahrscheinlich nachholen: «Es interessiert mich natürlich, ob mein Modell besteht.» Seit Kurzem ist er bei einem Marktforschungsinstitut in der Region als Projektmitarbeiter angestellt. «Eine Weiterbildung wird sicher mal ein Thema, zuerst aber schätze ich es, erstmals einen vollen Lohn zu verdienen.»

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