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Luzern

140 Franken als maximale Ausgaben für Heimbewohner sind zu wenig – Luzerner Regierung unter Druck

Der Kanton Luzern begrenzt die Ergänzungsleistungen für Heimbewohner zu stark. Das Kantonsgericht will das korrigiert haben und heisst eine Beschwerde gut. Der Ball liegt jetzt beim Regierungsrat.

Dicke Post für die Luzerner Regierung: Das Kantonsgericht heisst eine Beschwerde gut, welche gegen die begrenzten Ergänzungsleistungen von Heimbewohnern zielt. Ein Betagter wehrt sich damit gegen seine zu tiefen Ergänzungsleistungen. Konkret rechnet ihm die Ausgleichskasse als Ausgabe eine Aufenthaltstaxe von nur 140 Franken pro Tag an, bei einer tatsächlichen täglichen Aufenthaltstaxe von 168 Franken. Pro Jahr sind das 10'220 Franken, die der Betagte bisher aus dem eigenen Portemonnaie zahlen musste.

Das Kantonsgericht schreibt nun in seinem noch nicht rechtskräftigen Urteil: Der Beschwerdeführer soll ab Heimeintritt am 18 Dezember 2017 bis zu einem noch zu ermittelndem Zeitpunkt eine Tagestaxe von 168 Franken angerechnet erhalten. Danach eine von 158 Franken, was den Kosten pro Person für ein Doppelzimmer bei Zweifachbelegung entspricht.

Rechtsanwältin Stephanie Zehnder von Häfliger Haag Häfliger AG, welche den Beschwerdeführer vertritt, sagt auf Anfrage:

«Das Urteil sagt lediglich, dass die bisher angerechnete Aufenthaltstaxe von 140 Franken für die Festsetzung der Ergänzungsleistungen zu tief ist. Wie hoch diese in Zukunft jedoch sein muss, um bundesrechtskonform zu sein, geht aus dem Urteil nicht hervor.»

Zu den Kosten von 158 Franken für ein Doppelzimmer sagt Zehnder: «Es gibt in den Luzerner Heimen wenig Doppelzimmer gemessen an der Anzahl Heimbewohner, die Ergänzungsleistungen beziehen. Oftmals bleibt den Betagten aufgrund das geringen Angebots an freien Betten keine Wahl.» Der Ball läge nun beim Regierungsrat, eine sachgerechte Lösung zu finden.

Im entsprechenden Bundesgesetz steht, dass die einzelnen Kantone die Tagestaxe begrenzen können, sofern sie dafür sorgen, «dass durch den Aufenthalt in einem anerkannten Pflegeheim in der Regel keine Sozialhilfe-Abhängigkeit begründet wird». Genau dies kritisiert der Heimbewohner. Unter den aktuellen Bedingungen sei sein Vermögen rasch aufgebraucht, und er werde in kürzester Zeit zum Sozialfall. Die wirtschaftliche Sozialhilfe ist Sache der Gemeinden.

Massive finanzielle Auswirkungen

In ihrer am Freitag verschickten Mitteilung spricht die Häfliger Haag Häfliger AG von «einem mutigen Entscheid von grosser Tragweite». Das Urteil habe erhebliche finanzpolitische Auswirkungen. Sie rechnet vor: Schätzungsweise zwei Drittel von den aktuell rund 4800 Heimbewohnern im Kanton Luzern, also über 3000 Personen, beziehen Ergänzungsleistungen. Bei der aktuell maximal anrechenbaren Ausgabe von 140 Franken fehlen bei allen Bezügern gerundet 25 Franken zur durchschnittlichen Tagestaxe von 164.50. Auf ein Jahr macht das gut 25 Millionen Franken.

Diese Summe spare der Kanton Luzern auf Kosten der Heimbewohner und der Gemeinden. Der anrechenbare Betrag von 140 Franken decke zudem lediglich einen Viertel der Ansätze sämtlicher Pflegeheime des Kantons. In der Planungsregion Luzern seien sogar nur 2,5 Prozent der Pflegebetten abgedeckt.

Das Anwaltsbüro fordert: «Der Regierungsrat muss schnellstmöglich eine existenzsichernde Lösung für Bezüger von Ergänzungsleistungen finden. Bis dahin sollte die Ausgleichskasse Luzern übergangsweise den rund 3000 Betroffenen rasch und unkompliziert eine existenzsichernde Ergänzungsleistung garantieren.»

Regierungsrat macht eine Analyse

In einer Mitteilung nimmt der Regierungsrat das Urteil am Freitag zur Kenntnis und lässt weiter verlauten: «Die Auswirkungen werden nun zusammen mit den Gemeinden und der Ausgleichskasse Luzern analysiert.» Ebenfalls Teil dieser Analyse sei gemäss Erwin Roos, Departementssekretär des Gesundheits- und Sozialdepartements, ob der Kanton das Urteil innert 30 Tagen beim Bundesgericht anfechten werde.

Sollte der Kanton vor Bundesgericht gehen, bleibt Rechtsanwältin Stephanie Zehnder zuversichtlich:

«Wenn wir nicht überzeugt gewesen wären, dass die jetzige Regelung bundesrechtswidrig ist, hätten wir keine Beschwerde ans Kantonsgericht erhoben und ein derart aufwändiges und komplexes Verfahren geführt.»

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