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Luzern

Der Gemeinderat von Wikon muss das Vertrauen wiederherstellen

In der Wikoner Exekutive ist es jüngst zum Zerwürfnis gekommen: Neben Dossierentzügen und Abgängen legt sogar der Gemeindepräsident eine Pause ein. Nun ist der Gemeinderat gefragt, sagt Landreporter Ernesto Piazza in seiner Analyse.
Landreporter Ernesto Piazza.

Ernesto Piazza

Seit geraumer Zeit brodelt es in Wikon. Eine krankheitsbedingte Pause des Gemeindepräsidenten, Strafanzeigen gegen ihn und Ratskollegen, Rücktritt in der Exekutive: Die Ereignisse jagen sich nicht nur in kurzer zeitlicher Abfolge, sie strapazieren auch die Handlungsfähigkeit des Rates.

René Wiederkehr (FDP) nimmt sich eine Auszeit. Der Präsident der Exekutive wird die nächste Gemeindeversammlung nicht leiten. Das übernimmt Michaela Tschuor (CVP). An der Versammlung hat der Bürger ebenfalls über einen budgetierten Verlust von rund 450 000 Franken zu befinden. Und dies beim unveränderten kantonalen Spitzensteuersatz von 2,5 Einheiten. Gut möglich, dass diese Gemeindeversammlung viel Zündstoff beinhaltet – wie schon so oft in der Vergangenheit.

Der Gemeinderat hatte im Juni dem Finanzvorsteher Wolfgang Kunzelmann (SVP) die gesamte Ressortverantwortung entzogen. Jetzt hat sich herausgestellt: Es kam zu grossen Verfahrensfehlern, der Ressortentzug erfolgte zu Unrecht. Der SVP-Politiker kann mit diesem Entscheid seine Dossiers weiter bearbeiten. Dennoch ist es fraglich, ob das dabei verloren gegangene Vertrauen in der Kollegialbehörde wieder hergestellt werden kann.

Umso mehr noch, da Kunzelmann gegen Wiederkehr, die drei übrigen Gemeinderäte und die Gemeindeschreiberin Strafanzeige eingereicht hat. Amtsmissbrauch, Ehrverletzung, Urkundenfälschung und Amtsgeheimnisverletzung sind happige Vorwürfe – und alles andere als friedensstiftend.

Zudem hat Schulverwalter Markus Dietrich (FDP) aus beruflichen Gründen per Ende März seine Demission eingereicht. Im September musste er eine Niederlage einstecken: Die Bürger lehnten die Teilrevision der Gemeindeordnung ab. Der Gemeinderat wollte damit, dass die Bildungskommission künftig nur noch eine beratende Funktion hat. Der Entscheid an der Urne war aber weniger gegen die Person Dietrich gerichtet. Vielmehr machten die Bürger mit diesem Resultat ihrem Unmut über die Art und Weise des Vorgehens der Exekutive gebührend Luft.

Mit dem Abgang von Gemeindeschreiberin Janine Bron kommt es nun auch auf der Verwaltung zu einer Vakanz. Am Mittwochabend hat sie per Ende Februar ihre Kündigung eingereicht. Über die Gründe herrscht Stillschweigen. Bron möchte eine Freistellung erwirken. Darüber entscheidet der Gemeinderat nächste Woche.

Dass viel Unbehagen in der Wikoner Bevölkerung gegenüber der Exekutive vorhanden ist, zeigte im vergangenen Jahr auch die Abstimmung über das Projekt «Wohnen mit Dienstleistungen». Der Nein-Anteil lag bei rund 64 Prozent. Beim Landverkauf Spychermatte hätte für die Gemeinde ein Buchgewinn von 5,9 Millionen Franken resultiert.

Von der Exekutive im Stich gelassen und nicht ernst genommen werden: Diese Aussagen hört man von Wikoner Bürgern immer wieder. Dass sich Wiederkehr bei Kunzelmann für Fehler im Zusammenhang mit dem Entziehen der Ressortverantwortung nicht entschuldigen will, stösst ebenfalls sauer auf.

Eine bürgernahe, auf Vertrauen basierende Politik ist in der rund 1500 Einwohner zählenden Gemeinde bei den aktuellen Baustellen ein absolutes Muss – und gefragter denn je.

In diese Kerbe schlägt auch ein Flugblatt, welches die unheilige Allianz von SP und SVP am Freitag herausgegeben hat. Unter dem Titel «uns reicht’s» schreiben die beiden Parteien unter anderem: Gemeinderat sowie Gemeindeverwaltung hätten ein Führungsproblem. Und es könne nicht sein, dass die Verantwortung finanziell abgegolten, aber von den Betroffenen nicht wahrgenommen werde. Im Flugblatt wird auch gefordert, der Gemeinderat solle wieder konstruktiv und zielorientiert zusammenarbeiten – und das mit einem neuen Präsidenten. Weiter verlangt man eine neue, kompetente, offene und ehrliche Führung auf der Verwaltung.

Die Leitplanken sind also gesetzt. Jetzt muss der Gemeinderat Farbe bekennen und möglichst schnell beweisen, dass er die Bürger mit ins Boot holen und Wikon in der passenden Konstellation vorwärts bringen will. Eine erste Chance bietet sich bereits in zehn Tagen an der Gemeindeversammlung.

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