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Luzern

Der Bund ist auf der Suche nach Luzerner Bauern mit raren Wiesen

Die genetische Vielfalt in den Schweizer Futterwiesen nimmt ab. Der Bund will nun ein Reservoir an Pflanzen schaffen, um für die Zukunft gerüstet zu sein. Luzern tritt dabei als Pilotkanton auf.
Wiese, vielseitig, gesucht – maximal 250 Bauern können sich im Kanton Luzern melden. (Bild: Urs Bucher/Tagblatt)

Stephan Santschi

Die Mechanisierung und der Einsatz von Zuchtsaatgut haben die Landwirtschaft immer leistungsfähiger und ertragsreicher gemacht. Die Milchproduzenten beispielsweise versuchen, auf einer Wiese möglichst viel Futter mit einer möglichst guten Qualität zu produzieren. Doch das hat seinen ökologischen Preis. «Das Erbe des Futterbaus wird auf diese Weise verdrängt», sagt Otto Barmettler, Fachbearbeiter Biodiversität bei der Dienststelle Landwirtschaft und Wald des Kantons Luzern (Lawa).

Was er damit meint: Zuchtsaaten treten an die Stelle der ursprünglich vorhandenen Futterpflanzen, die genetische Vielfalt nimmt ab. «Wenn das geschieht, verlieren Wiesen und Weiden an Robustheit und sind gegenüber Krankheiten anfälliger. Auch bei Klimaveränderungen passen sie sich schlechter an.»

Bund ist alarmiert und lanciert neues Programm

Der Bund hat die Problematik erkannt. «Viele Wiesen werden auf Hochleistung getrimmt. Jene Flächen, die nicht übersät werden, gehen stark zurück», sagt Christina Kägi vom Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) in Bern. Deshalb wird nun ein neues Programm lanciert, um die genetische Vielfalt einheimischer Futterpflanzen zu fördern. Letztes Jahr diente Graubünden als erster Pilotkanton, in diesem Jahr kommt Luzern zum Handkuss, ab 2022 soll es auf die ganze Schweiz ausgedehnt werden. «Der Kanton Luzern ist ein typischer Mittelland-Kanton mit viel Futterbau und einer topografisch guten Mischung», erklärt Kägi die Wahl.

Förderung der Biodiversität reicht nicht aus

Bis Mitte März können Luzerner Bauern ihre Weiden und Wiesen beim Lawa für das Projekt anmelden. Voraussetzung ist, dass sie ihre Flächen seit mindestens acht Jahren standortangepasst nutzen. Das heisst: Keine Einsaat von Zuchtsorten, sondern ausgewogene, natürliche Bestände.

Die Frage aber sei erlaubt: Werden derartige Bemühungen der Landwirten nicht bereits mit den Fördermassnahmen der Biodiversität abgegolten? «Nur zum Teil. Damit werden extensive Wiesen, die nicht gedüngt werden, gefördert», erklärt Otto Barmettler vom Lawa und er führt weiter aus: «Mit dem aktuellen Projekt ist man auf der Suche nach standortangepassten Wiesen, die gedüngt und mittel- bis intensiv bewirtschaftet werden. Diese wurden bisher nämlich nicht berücksichtigt. Die neuen Direktzahlungen sind daher eine Ergänzung und keine Konkurrenz.»

Der Bund und mit ihm auch die Kantone erhoffen sich dadurch zweierlei. Erstens: Aufgrund der Rückmeldungen der Bauern soll es zu einer Bestandesaufnahme der natürlichen und wertvollen Pflanzenverbände kommen. «Wir wissen, dass bei uns Futterbau auf Naturwiesen betrieben wird. Wir wissen aber nicht, wie diese Bestände zusammengesetzt sind», berichtet der Agronom Otto Barmettler.

Zweitens: Der Bund erhofft sich durch die Vegetationsaufnahmen die Schaffung eines Reservoirs für Züchtungs- und Forschungszwecke. Ein Reservoir, dass im Zeitalter der Zuchtsaat die genetischen Ur-Informationen abspeichert. «Unsere Auflage ist darum, dass auf Anfrage Zugang zu den Flächen gewährt wird», sagt Christina Kägi vom Bundesamt für Landwirtschaft.

Auf der Suche nach 178 Fussballfeldern

Im Kanton Luzern ist der Bund auf der Suche nach insgesamt 127 Hektaren, was ungefähr den Massen von rund 178 Fussballfeldern entspricht. Die Fläche, die pro Betrieb gemeldet werden kann, ist stark beschränkt, bewegt sich zwischen einer halben und zwei Hektaren – eben weil das BLW möglichst viele verschiedene Pflanzenbestände berücksichtigen möchte. Somit werden in Luzern also mindestens 60, maximal 250 Bauern gesucht, die beim Programm mitmachen. Reich werden die Bauern mit dem neuen Direktzahlungsprogramm nicht, pro Hektare wird ab 2020 jährlich ein Beitrag von 450 Franken ausbezahlt. «Jene, die mitmachen, werden es nicht des Geldes wegen tun», betont Barmettler. «Vielmehr sind diese Bauern stolz, dass sie über viele Jahre hinweg ohne Saatgut zu ihren Futterbauwiesen geschaut haben. Und sie sind froh, dass die Öffentlichkeit nun erkennt, wie wichtig das ist.»

Noch hat Barmettler keine Kenntnis über die Anzahl der Anmeldungen, doch aufgrund der Reaktionen der Landwirte geht er davon aus, dass mindestens 127 Hektare zur Verfügung gestellt werden. Bis im kommenden Dezember wird das BLW dann entscheiden, welche Wiesen und Weiden ins Programm aufgenommen werden.

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