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Luzern

«Das war das Kind in mir» – so der Unwetter-Schwimmer, der Luzern verblüfft

Am Donnerstagabend regnete es in Luzern so stark, dass die Strassen teilweise uberschwemmt wurden. Kein Problem fur einen jungen Mann. Spontan stürzte er sich beim Verkehrshaus ins Wasser und landete so auf einem Foto. Wir haben mit ihm gesprochen.
«Ich hörte auf das Kind in mir»: Omantekaya (24) aus Luzern genoss das aussergewöhnliche Bad auf der überfluteten Haldenstrasse. (Bild: Philipp Schmidli (Luzern, 2. Juli 2020))
Nach den heftigen Regenfällen stand die Haldenstrasse beim Verkehrshaus knietief unter Wasser. (Bild: Philipp Schmidli (Luzern, 2. Juli 2020))
«Zuerst wollte er mich wohl retten»: Omantekaya mit dem Hund seiner Kollegin. (Bild: Philipp Schmidli (Luzern, 2. Juli 2020))

David von Moos

David von Moos

David von Moos

«Omantekaya» nennt sich der junge Mann, der die Region zum Staunen brachte. «Ein vom Buddhismus inspirierter Künstlername», sagt der 24-jährige Informatiker aus Luzern, der seinen richtigen Namen nicht in der Zeitung lesen will. «Nicht, weil ich etwas zu verbergen habe, sondern weil er zu mir passt», so Omantekaya, der auch von seinen Freunden so genannt wird. Im Gespräch erklärt er, weshalb es ihn ins Wasser zog.

Wo andere fluchtartig das Weite suchten, sind Sie am Donnerstag baden gegangen. Wie ist es dazu gekommen?Es geschah aus purem Spass am Leben. Ich kam von der Arbeit nach Hause und habe dann gesehen, welche Wassermassen es vom Himmel regnete. Da habe ich die Badehose angezogen und bin raus.Wie haben Sie die Situation vor Ort erlebt? Es war «fun». Von der Temperatur her waren die Fluten auf der Haldenstrasse etwa wie das Wasser im See. Den direkten Vergleich hatte ich, weil ich mich nach der Aktion im See waschen musste. Das Bad auf der Strasse war schon ziemlich dreckig. Ich muss sagen, der Vorfall widerspiegelt gewissermassen die gesellschaftliche Situation und die Lage der Menschheit. Wichtige Probleme werden verdrängt, unter den Teppich gekehrt. Und plötzlich wird der ganze Dreck an die Oberfläche gespült und sicht- und spürbar. Viele Menschen in den betroffenen Gebieten sorgten sich um ihr Hab und Gut – Sie gingen baden. Was haben Sie sich dabei gedacht?Diesem Kontrast zwischen Freude am Menschsein bei jeder Art von Wetter und der Sorge um Gesundheit und materiellen Besitz war ich mir natürlich bewusst. Mein Mitgefühl denjenigen, bei denen es auf Grund des Hochwassers zu Schäden oder gar Verletzungen gekommen ist. Schlussendlich ging es mir bei meiner Aktion um die Einstellung zum Leben, um den persönlichen Umgang mit schwierigen oder aussergewöhnlichen Situationen. Motivationsfaktor Nummer eins für mein Bad auf der Haldenstrasse war das Kind in mir, das Baden wollte. Motivationsfaktor Nummer zwei war die Provokation. Gewissermassen wollte ich «gegen den Strom schwimmen», wie man so schön sagt. Ich bin der Meinung, dass die Menschen wieder mehr auf die kindliche Stimme in sich hören und nicht immer alles so todernst nehmen sollten.Das Bild von Ihnen machte in der ganzen Region die Runde. Was haben Sie für Rückmeldungen erhalten?Durchs Band positive. Ich habe nicht damit gerechnet, dass das Bild viral gehen könnte. Das war auch überhaupt nicht meine Absicht. Letztlich aber kommt schon die Message rüber, für die ich persönlich einstehe: Mehr Sorglosigkeit und die Leute daran erinnern, dass das Leben schön ist.Ganz alleine waren Sie nicht im Wasser. Sie hatten einen tierischen Begleiter mit dabei.Richtig. Haku, der Hund meiner Kollegin, hat mich begleitet. Er war völlig ausser sich vor Freude und Aufregung. Zuerst schien es so, als wollte er mich aus den Fluten retten, später aber genoss er das ungewöhnliche Bad ebenso wie ich. Für rund eine halbe Stunde war er kaum noch kontrollierbar aus purer Freude.An den meisten Stellen war das Wasser nur knietief und so trüb, dass allfällige Gefahren verborgen blieben. Hatten Sie diesbezüglich keine Bedenken?Aus meiner Sicht handelte es sich um ein kalkulierbares Risiko. Jeder Tag im Strassenverkehr ist aus meiner Sicht gefährlicher als ein Bad auf einer überfluteten Strasse, auf der sonst viel Verkehr herrscht. Ich denke, wir Menschen machen uns heutzutage viel zu viele Sorgen um alles – gerade in diesem Jahr. Ich meine 2020 ist «eifach dure bi rot». Da vergisst man immer wieder allzu gerne, weshalb wir überhaupt auf dieser Erde sind. Man muss sich immer wieder in Erinnerung rufen, dass das Leben schön ist und man es in jeder Lage geniessen muss.
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