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Luzern

Bund und Kanton prüfen Etappierung des Durchgangsbahnhofs Luzern

Die neue Zufahrt für den Durchgangsbahnhof Luzern wird womöglich schon früher eröffnet werden als die technisch anspruchsvolle Seeunterquerung. Das könnte einem Projekt aus den Neunzigerjahren wieder Aufwind geben, glaubt ein Luzerner Ingenieur.
Die zweispurige Zufahrt zum Bahnhof Luzern im Bereich Bundesstrasse. Der Engpass könnte mit der Etappierung des Durchgangsbahnhofs schon vor 2040 entschärft werden. (Bild: Pius Amrein, 16. Juni 2017)

Robert Knobel

Robert Knobel

Die Planung des Luzerner Durchgangsbahnhofs wird vorangetrieben. Der Bundesrat hat 100 Millionen Franken für die weitere Planung in Aussicht gestellt, und die SBB haben inzwischen einen Projektleiter Durchgangsbahnhof eingesetzt (wir berichteten). Im Fokus der weiteren Planungen steht die Ausarbeitung von Vorprojekten für den unterirdischen Bahnhof sowie die beiden Tunnel, die von ihm weg führen. Fest steht schon heute: Die Seeunterquerung Richtung Ebikon wird das technisch anspruchsvollste Teilstück. Entsprechend lang und aufwändig wird die Planungs- und Bauphase ausfallen.

Unproblematischer ist hingegen der Tunnel in die andere Richtung: Geplant ist, die Züge aus dem Tiefbahnhof unter der Neustadt hindurch zu führen und beim Kantonspolizei-Hauptgebäude wieder in die Stammlinie einzufädeln (siehe Grafik). Diesen Neustadt-Tunnel könnte man wohl sehr viel schneller bauen als die Seeunterquerung. Deshalb wird im Rahmen der Vorprojekte auch eine Etappierung der Teilstrecken geprüft, wie das kantonale Baudepartement auf Anfrage mitteilt. Auch das Bundesamt für Verkehr (BAV) bestätigt, dass solche Etappierungen gegenwärtig geprüft werden. Während die ganze Durchmesserlinie frühestens 2040 eröffnet wird, könnten Tiefbahnhof und Neustadt-Tunnel allenfalls schon früher in Betrieb gehen und den Bahnhof Luzern bereits etwas entlasten. Interessant dabei: Bisher war eine Etappierung für den Bund kein Thema. Der Kanton hingegen schlug ursprünglich als erste Etappe den Bau der Seeunterquerung vor, kam jedoch wieder von dieser Idee ab. Nun ist also auch für den Bund denkbar, das Projekt aufzusplitten, vermutlich aber umgekehrt – mit dem vorzeitigen Bau des Neustadt-Tunnels.

Ingenieur will Tunnel bis zur Fluhmühle bauen

Ähnliche Überlegungen macht Peter Bucher. Der ETH-Ingenieur hat bereits 1996 aus eigenem Antrieb eine Machbarkeitsstudie für eine Umfahrung der Bahnhofszufahrt erstellt. Denn die Strecke zwischen Fluhmühle und Bahnhof war schon immer das grösste Nadelöhr im Luzerner Schienennetz – müssen doch sämtliche Züge mit Ausnahme der Zentralbahn über diese zweispurige Strecke fahren. Bucher schlägt deshalb den Bau eines neuen Gütschtunnels vom Paulusplatz bis zur Fluhmühle vor. So könnte die Bahnhofszufahrt durchgehend auf vier Spuren ausgebaut werden. Der Vorteil dieser Variante: Der Tunnel könnte gemäss der Machbarkeitsstudie nach nur dreijähriger Bauzeit bereits zur Verfügung stehen. Und er wäre mit dem Durchgangsbahnhof kompatibel: Er könnte später einfach bis zum unterirdischen Bahnhof zur Durchmesserlinie verlängert werden. «Der notwendige Landerwerb ist minim, und der Bau behindert den Bahnbetrieb nicht wesentlich», sagt Peter Bucher.

Beim Bundesamt für Verkehr (BAV) findet der Vorschlag allerdings kein Gehör. Er entspreche «nicht der Bestvariante», wie das BAV verlauten lässt. Denn mit einer durchgehend vierspurigen Strecke vom Bahnhof bis zur Fluhmühle hätte Luzern am Ende plötzlich zuviel Kapazität auf der Schiene. Die Erklärung ist einleuchtend: Wegen des Sackbahnhofs muss heute jeder Zug die Nadelöhr-Strecke zweimal befahren: Auf dem Hin- und auf den Rückweg. Nach Eröffnung der Durchmesserlinie werden die meisten Züge logischerweise nur noch einmal dieselbe Strecke befahren. Damit werden auf der Bahnhofszufahrt grosse Kapazitäten frei – die heutige Doppelspur reicht deshalb langfristig aus. Vierspurig wird einzig der kurze Abschnitt zwischen Bahnhof und Kantonspolizei, weil die Züge vom Tiefbahnhof ja durch den Neustadt-Tunnel wieder an die Oberfläche gelangen müssen.

Vorteil: Neue S-Bahn-Haltestellen in der Stadt

Für Peter Bucher steht hingegen fest, dass sich ein Vierspurausbau bis Fluhmühle nicht nur kurz-, sondern auch langfristig lohnen würde. «Es ist ein erster Schritt Richtung Durchgangsbahnhof, der aber schon bald die drängendsten Kapazitätsprobleme lösen würde». Die Kosten für den 2,3 Kilometer langen Tunnel wurden 1996 auf 135 Millionen Franken geschätzt.

Ein weiterer Vorteil wäre auch, dass auf der alten Linie neue S-Bahn-Haltestellen eingerichtet werden könnten, etwa am Kreuzstutz und am Paulusplatz. Diese Idee steht schon länger auf der Wunschliste Luzerns, scheiterte bisher aber an der beschränkten Kapazität der Bahnlinie. Ob die vom Bund favorisierte Version «Durchgangsbahnhof ohne Ausbau der Bahnhofszufahrt» genügend Kapazität für neue Haltestellen erlaubt, ist noch unklar. Der Kanton Luzern hat sie jedenfalls im Agglomerationsprogramm als langfristiges Projekt aufgeführt.

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