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Luzern

Beispielhafte Karriere: Von der Pflege in die Klinikdirektion

Angefangen hat Erika Rohrer (40) als Pflegefachfrau, heute ist sie stellvertretende Klinikdirektorin vom St. Anna.
Seit diesem Jahr ist Erika Rohrer stellvertretende Direktorin der Hirslanden Klinik
St. Anna in Luzern und leitet ausserdem den Standort in Meggen. (Bild: Manuela Jans-Koch, Meggen, 11. Oktober 2019)

Yasmin Kunz

Wer Erika Rohrers Lebenslauf betrachtet, der merkt: Sie ist eine ehrgeizige und zielstrebige Frau. Im Schnitt hatte sie alle zwei bis drei Jahre eine neue Funktion inne. Sie ist ihrem Arbeitgeber dabei allerdings immer treu geblieben – seit ihrer Lehre als Pflegefachfrau arbeitet sie für die Hirslanden Klinik St. Anna in Luzern.

Nun hat sie ihren nächsten Karriereschritt vollzogen: Seit Mitte Jahr ist die 40-jährige stellvertretende Direktorin der Hirslanden Klinik St. Anna mit den Aussenstandorten am Luzerner Bahnhof und in Meggen (siehe Kasten am Ende des Artikels). Damit ist sie in den Spitälern der Zentralschweiz eine Rarität. In den meisten Spitälern sitzen vorwiegend Männer am Direktorenposten und haben oft einen Mann als Stellvertreter.

Sie war immer schon ambitiös und wissbegierig

Dass sich ihre Laufbahn so gestalten würde, ist in der Retrospektive keine grosse Überraschung. Erika Rohrer, aufgewachsen in Sachseln, wohnhaft in Kriens, ist wissbegierig und mag Herausforderungen. Nach ihrem Berufswunsch gefragt, habe sie schon als Schulkind immer gesagt: «Ich werde später einmal Oberschwester im St. Anna.» Heute muss sie schmunzeln ob ihrer damaligen Aussage. Doch diese zeigt auch, dass die Mutter eines dreijährigen Buben ihre Ambitionen hartnäckig verfolgt. In den vergangenen Jahren hat sie mehrere Ausbildungen – darunter ein Executive MBA (Master of Business Administration) – berufsbegleitend absolviert. Während sie in einem 100-Prozent-Pensum arbeitet, ist ihr Lebenspartner Hausmann.

Muss sie sich deswegen den Vorwurf gefallen lassen, eine schlechte Mutter zu sein? «Nein, das passiert glücklicherweise kaum.» Wenn sie zu Hause sei, dann liege der Fokus auf der Familie. Zudem schaffe sie sich bewusst immer wieder Inseln zum Abschalten. So zum Beispiel am Tag unseres Besuchs, wo am Nachmittag die Lozärner Määs auf ihrem Programm stand.

«Priorisieren reduziert Stress»

Abschalten kann Erika Rohrer, die seit 2018 den Standort in Meggen leitet, nach eigenen Aussagen gut. Sie betreibe viel Sport und gehe gerne mit der Familie auf Reisen. Generell legt sie den Begriff «work-life-balance» wohl etwas anders aus als die meisten: «Die Arbeit ist ein Teil des Lebens und sie macht mir unheimlich viel Freude.» In ihrem Job sei insbesondere wichtig, dass man priorisieren könne. «Das reduziert Stress. Ich muss nicht das Gefühl haben, jede Anfrage gleich zu beantworten, aber ich muss erkennen, wann ein Problem akut ist und einer schnellen Lösung bedarf.» Dafür setze sie sich am liebsten mit den Leuten an einen Tisch, um Schwierigkeiten von Angesicht zu Angesicht zu lösen. Sie sagt:

«Das direkte Gespräch mit den Mitarbeitenden ist mir sehr wichtig. Ich will spüren, wie es den Leuten geht.»

Während unseres Termins in der neuen Kantine der Klinik Meggen wird sie immer wieder von Mitarbeitern gegrüsst – und grüsst zurück. «Da ich schon seit knapp 20 Jahren in diesem Unternehmen tätig bin, kenne ich fast alle Angestellten mit Namen.» Der enge Draht zu den Angestellten sei ihr sehr wichtig. «Ich sehe mich als eine Mitarbeiterin von vielen.» Dieser Haltung entsprechend liess sie an ihrem ersten Tag als Standortleiterin den reservierten Direktions-Parkplatz aufheben. Sie sagt:

«Ich kann mir doch wie alle anderen auch einen Parkplatz suchen.»

Ihren Anfang genommen hat Erika Rohrers Spitalkarriere mit der Ausbildung zur Pflegefachfrau. Ihr drittletztes Praktikum absolvierte sie damals in der Klinik St. Anna. Wenige Jahre nach Abschluss wurde sie Stationsleiterin, zwei Jahre danach stellvertretende Pflegedirektorin, dann Pflegedirektorin. Die Herausforderungen habe sie einerseits gesucht, andererseits habe sich auch immer wieder eine Tür geöffnet für den nächsten Schritt, sagt Rohrer.

Ab und zu fehlt ihr den Kontakt zu den Patienten

Hat sie nie in Betracht gezogen, das Unternehmen zu wechseln und zum Beispiel an einem Universitätsspital Karriere zu machen? «Ein paar Mal habe ich mich gefragt, ob ein Wechsel womöglich angezeigt wäre. Doch mir gefallen die Arbeit, die Kultur und die Entwicklungsmöglichkeiten im St. Anna. Deshalb bin ich letztlich immer wieder zum Schluss gekommen, hier zu bleiben.» Was sie als stellvertretende Direktorin etwas vermisst, ist der Kontakt zu den Patienten. Die Arbeit heute findet mehrheitlich im Büro, an Sitzungen und Führungsgesprächen statt und nicht mehr auf einer Pflegestation. Dafür habe sie einen engen Austausch mit den Angestellten, betont sie und fügt mit Blick in die Zukunft an. «Es ist nicht ausgeschlossen, dass ich in Zukunft einst wieder am Patientenbett stehe und in der Pflege arbeite.»

Die Zahl der Auszubildenden mehr als verdoppelt

Interne Karrieren wie jene von Erika Rohrer sind auch für das Unternehmen ein Gewinn. «Wenn wir motivierte Mitarbeitende fördern und dabei unterstützen können, ihre beruflichen Ziele im eigenen Haus zu verwirklichen, ist das ein grosser Vorteil», sagt Rohrer. «In Anbetracht des schweizweiten Personalmangels in der Pflege müssen wir selber anpacken und bemüht sein, den eigenen Nachwuchs zu rekrutieren.» Das sei in den letzten Jahren sehr gut gelungen. Zahlen belegen ihre Aussage: Wurden im St. Anna im Jahr 2010 noch 61 Personen in Pflegeberufen ausgebildet, sind es dieses Jahr 143. Davon verblieben mehr als 95 Prozent auch nach der Ausbildung in der Klinik.

Damit dieses Ziel erreicht werden konnte, wurden verschiedene Massnahmen getroffen. Eine davon ist zum Beispiel die Zusammenarbeit mit den Luzerner Volksschulen. Auch beim Bildungszentrum Xund mit Sitz in Luzern und Alpnach engagiert sich Erika Rohrer. Im kommenden Jahr dürfte sie das Präsidium des Verbands übernehmen, wie sie sagt.

Als wir die Klinik in Meggen nach unserem Gespräch verlassen wollen, bittet Erika Rohrer, die an diesem Tag eigentlich frei hätte, um einen Moment Geduld und sagt: «Ich möchte noch kurz auf der Station vorbeischauen, um zu sehen, wie es meinen Mitarbeitern geht.»

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