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Luzern

Absolvent Suhel Haji untersuchte die Integration von syrischen Flüchtlingen in die Luzerner Arbeitswelt

Er hat Soziale Arbeit studiert und ist ein Kurde aus Syrien: Suhel Haji. Doch wieso absolvieren nicht mehr syrische Flüchtlinge mit einer ausländischen Matura eine Ausbildung in der Schweiz? Dieser Frage ging er in seiner Bachelorarbeit auf den Grund.
Suhel Haji aus Luzern hat den Bachelor in Sozialer Arbeit an der HSLU abgeschlossen.
(Bild: Boris Bürgisser (Luzern, 8. März 2021))
(Bild: Boris Bürgisser (Luzern, 8. März 2021))

Salome Erni

Salome Erni

«Arbeitest du als Coiffeur?», wurde Suhel Haji einst gefragt, als er während der Mittagspause in der Zentral- und Hochschulbibliothek Luzern von seiner syrischen Herkunft erzählte. Die unvermutete Frage verneinte er, berichtet Haji lachend, denn er studierte zu diesem Zeitpunkt bereits Soziale Arbeit. Doch die versteckte Problematik liess ihn nicht mehr los.

Er begann, über die Berufe seiner syrischen Bekannten in der Schweiz nachzudenken. Tatsächlich würden auffallend viele syrische Flüchtlinge trotz ausländischer Matura oder Hochschulstudiums in der Schweiz im Niedriglohnbereich arbeiten und keine weitere Ausbildung machen, so Haji. Bei Flüchtlingen mit anderer Herkunft sei dies teilweise ganz anders, erklärt er.

Eine Ausbildung braucht Zeit

Also beschloss der gebürtige Syrer, seine Bachelorarbeit über die Integration von Flüchtlingen im Kanton Luzern zu schreiben. Dass er sich in seiner Arbeit nur Syrerinnen und Syrern widmete, sei schlicht dem begrenzten Umfang der Bachelorarbeit zuzuschreiben, sagt Haji. Er befragte vier Flüchtlinge mit einer ausländischen Matura oder einem Hochschulstudium über die Gründe, sich für oder gegen eine weitere Ausbildung in der Schweiz zu entscheiden.

Haji betont, dass seine Ergebnisse aufgrund der kleinen Gruppe nicht verallgemeinert werden können. Viel mehr als statistische Daten interessierte ihn aber sowieso das Zusammenspiel der Faktoren, die die individuellen Entscheidungen beeinflussten. Dabei fand er heraus, dass unter anderem die Schwierigkeit der Kinderbetreuung und eine unsichere Finanzierung den Eintritt in eine Ausbildung erschweren.

Ein anderer Grund sei die Zeit, so Haji. Zwischen der Einreise in die Schweiz und dem Abschluss einer Berufslehre oder eines Studiums liegen das Asylverfahren, Deutschkurse, eventuell ein Zwischenjahr zur Anerkennung der ausländischen Matura und dann oft ein Teilzeitstudium. Häufig ist es auf diesem Weg erst nach sechs oder sieben Jahren möglich, den ersten Erwerb in den Händen zu halten und so auf eigenen Füssen zu stehen. Dazu komme, sagt Haji, dass viele Flüchtlinge ihre Familie im Herkunftsland unterstützen möchten, sobald sie finanziell unabhängig sind.

Inspirierendes Umfeld

Haji kam vor mehr als zehn Jahren in die Schweiz, in seinem Lebenslauf stehen mittlerweile viele Aus- und Weiterbildungen. Vor seiner Flucht studierte er Englisch in Damaskus, hängte das Lehrerdiplom an und arbeitete ein Jahr auf dem Beruf. Die ersten vier Jahre in der Schweiz, während deren er als Asylsuchender nicht arbeiten konnte, «waren schon schwierig», sagt Haji, der heute in Luzern wohnt. Doch er nutzte die Zeit, um an seinen mittlerweile perfekten Deutschkenntnissen zu feilen. So bald als möglich absolvierte er dann Kurse, um als interkultureller Dolmetscher zu arbeiten, was er bis heute mit viel Freude tut.

Weshalb sich Haji, anders als andere gut gebildete Syrer in der Schweiz, für ein Studium entschied, liege nicht zuletzt an einem kurdischen Sozialarbeiter, den er kennen lernte. «Er war für mich ein Vorbild», sagt der heute 37-Jährige. Ausserdem hätten ihn viele Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter aus seinem privaten Umfeld bei der Studienwahl bekräftigt. Auch auf seine Familie in Syrien durfte er zählen, sagt Haji dankbar.

Während seines Teilzeitstudiums legte Haji den Schwerpunkt auf den Bereich Flucht und Integration. Nun, wo er sein Diplom in den Händen hält, blickt Haji erwartungsvoll der Zukunft entgegen. Bald in diesem Bereich zu arbeiten, erfüllt ihn mit spürbarer Vorfreude.

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