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Luzern

32,5 Millionen Franken: Cheerstrasse wird nochmals viel teurer als angenommen

10 Meter hohe Stützmauern und der Neubau einer Strassenkreuzung verteuern den Ausbau Cheerstrasse massiv. Nun muss das Volk eventuell zum dritten Mal zum Projekt Stellung nehmen.
(Bild: Eveline Beerkircher (Littau, 18. Mai 2021))

Roman Hodel

Roman Hodel

Jetzt ist klar, wie viel die Sanierung und Erweiterung der Cheerstrasse zwischen Littau-Dorf und dem Littauerboden kosten soll: Der Luzerner Stadtrat beantragt beim Grossen Stadtrat einen zweiten Zusatzkredit über 12,3 Millionen Franken. Dies ist dem Bericht und Antrag zu entnehmen, über den Umwelt- und Mobilitätsdirektor Adrian Borgula (Grüne) am Dienstag vor den Medien informiert hat. Damit steigen die Brutto-Gesamtkosten um über einen Drittel auf total 32,5 Millionen Franken.

  • Die neue Strasse führt über ein belastetes Gebiet. Dort wurden von 1940 bis 1972 Bitumen- und Teerprodukte hergestellt. Danach diente das Areal bis 2002 als Tanklager etwa für Heizöl. Die Kosten für die Altlastensanierung steigen von 1,5 auf 3,4 Millionen Franken.
  • Der Kanton verlangt anstelle des Kreisels Bodenhof ultimativ eine Kreuzung mit Ampeln, damit der Verkehrsfluss auf der Kantonsstrasse gewährleistet bleibt. Die Stadt hätte ursprünglich lediglich den Kreisel auf zwei Spuren ausbauen wollen. Durch den Bau einer neuen Kreuzung steigen die Kosten von 600'000 auf 5,9 Millionen Franken. Der Kanton beteiligt sich mit 500'000 Franken. Der Veloverkehr würde rund um die Kreuzung geführt. Dieses sogenannte holländische Modell käme erstmals in der Schweiz zum Einsatz.
  • Weil es sich um einen Rutschhang handelt, braucht es Stützmauern mit bauintensiven Rückverankerungen. Diese sind neu dimensioniert und bis zu 10 Meter hoch, was das Projekt stark verteuert. Denn 2009 wurden die geotechnischen Annahmen etwa bezüglich Verlauf der Felsoberfläche oder der Grundwasserstände viel zu positiv beurteilt.
  • Die Kanalisation im Bereich Ober-Bodenhof muss umgeleitet werden. Die ursprünglichen Projektgrundlagen entsprechen jedoch nicht mehr heute gültigen Normen. So müssen manche Leitungen etwa tiefer in den Boden. Die Mehrkosten betragen 700'000 Franken.

Dass die Erweiterung der Cheerstrasse erneut teurer wird als angenommen, hat sich im vergangenen Herbst abgezeichnet. Das Fazit eines vom Stadtrat in Auftrag gegebenen externen Gutachtens zur langwierigen Geschichte rund um dieses Projekt lautete: «Hätte man 2009 sauber gerechnet, wäre man auf Kosten von 22 bis 28 Millionen Franken gekommen.» Daniel Meier, Leiter Tiefbauamt, versicherte denn auch am Dienstag, dass nun wirklich «alles dabei sei» bei diesen 32,5 Millionen Franken – «mit einer Genauigkeit von plus/minus zehn Prozent.»

Ziel der neuen Cheerstrasse ist ein besserer Verkehrsfluss. Autos, Busse und Lastwagen würden neu eine bereits 2005 erstellte SBB-Unterführung benützen. Das Projekt ist zudem abgestimmt auf den neuen Bushub und den Ausbau des Bahnhofs Littau. Der heutige Bahnübergang wäre nur noch für Fussgänger und Velofahrer offen:

Durchaus aufschlussreich war, wie Adrian Borgula den Zusatzkredit vor den Medien vertrat: «Wir sehen Verbesserungen für Autos und Busse sowie Synergien mit dem Ausbau des Bahnhofs und dem Bau des Bushubs – jedoch sehen wir keine wesentlichen Verbesserungen für den Fuss- und Veloverkehr und das Kosten-/Nutzenverhältnis ist noch einmal deutlich schlechter geworden.» Er sagte sogar:

«Verkehrlich überzeugt das Projekt nicht.»

Etwas später stellte Markus Sigrist, Projektleiter Tiefbauamt, allerdings klar: «Nicht dass hier ein falscher Eindruck entsteht, aber verkehrstechnisch entspricht das Projekt den neuesten Standards und 99 Prozent der Betroffenen im Gebiet stehen dahinter.»

Borgula betonte derweil, dass der Stadtrat bei seiner Haltung letztlich die Volksentscheide höher gewichte – zwei Volksabstimmungen, zwei Mal Ja. 2009 hatten die Stimmberechtigten der damaligen Gemeinde Littau einen Kredit über 13,8 Millionen Franken für das Projekt deutlich genehmigt. 2017 folgte in der Stadt Luzern ein allerdings hauchdünnes Ja zum ersten Zusatzkredit über 4,8 Millionen Franken. Dieser war nötig, weil der Littauer Kredit viel zu tief angesetzt war.

Zusatzkredit dürfte im Parlament erneut viel zu reden geben

Sicher ist, dass der zweite Zusatzkredit im Grossen Stadtrat viel zu reden geben dürfte, wie bereits der erste. Geht es etwa nach den Jungen Grünen, sollen die 32,5 Millionen Franken lieber in den Umweltschutz investiert werden. «Bei der Cheerstrasse stehen die Kosten in keiner Weise mehr im Verhältnis zum Nutzen», wird Grossstadtrat Jona Studhalter in einer Mitteilung zitiert. Konkret wolle man «den Kredit versenken». Wäre der grüne Mobilitätsdirektor Adrian Borgula insgeheim ebenfalls froh über ein Nein zum Zusatzkredit? Darauf angesprochen wiederholte Borgula:

«Wir gewichten die Volksentscheide höher.»

Sollte der Grosse Stadtrat den Zusatzkredit an seiner Sitzung am 24. Juni genehmigen, kommt es am 26. September zur Volksabstimmung. Denn der Stadtrat hat das obligatorische Referendum beantragt. Dieses würde sonst erst ab einem Betrag von 15 Millionen Franken greifen. Borgula begründete dies wiederum mit den bisherigen Zustimmungen an der Urne. Sagt auch das Stimmvolk Ja, würden die Bauarbeiten im Sommer 2022 beginnen und im Frühling 2025 abgeschlossen. Sagt das Parlament hingegen Nein, gibt's keine Abstimmung und das vorliegende Projekt ist vom Tisch. Dies hätte auch Auswirkungen auf den geplanten Bushub und den Ausbau des Bahnhofs. Borgula: «Einen Plan B haben wir noch nicht.»

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