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Luzern

1993 planten Architekten eine gläserne Kapellbrücke

Und was nun? Die Frage, wie es nach der Zerstörung der Kapellbrücke weiter gehen sollte, beschäftigte im August 1993 sowohl die Luzerner Öffentlichkeit als auch die Politik.
Kühner Vorschlag: die Kapellbrücke in Glas. (Skizze: Abächerli Architektur AG (1993))

Robert Knobel

Kaum eine Woche nach der Brandnacht ging im Stadtparlament auch schon der erste dringliche Vorstoss ein. Unter dem Titel «Neues Leben aus den Ruinen – Wettbewerb für eine neue Kapellbrücke» forderten die Grünen eine öffentliche Ausschreibung für den Wiederaufbau der Brücke. Am Wettbewerb teilnehmen sollten Architekten und Künstler. Gemäss den Grünen bot der Verlust des historischen Bauwerks eine «Chance, etwas Neues zu gestalten».

Erste Ideen liessen denn auch nicht lange auf sich warten. Am 24. August 1993 berichtete die Luzerner Zeitung über einen Vorschlag der Abächerli Architektur AG in Sarnen. Gemäss den Architekten aus Obwalden sollte die Kapellbrücke zwar in den bisherigen Formen und Dimensionen wieder aufgebaut werden. Doch anstelle von Holz sollten Stahl und Glas verwendet werden. Einzig die vom Brand unversehrten Brückenköpfe hätten gemäss dem Vorschlag weiterhin aus Holz bestanden (siehe Bild). Während der Nacht hätte man die Glaskonstruktion wunderbar beleuchten können. Für die Architekten hätte die gläserne Kapellbrücke «hervorragend die Verbindung von Altstadt und Neustadt» symbolisiert. Doch für den Luzerner Stadtrat waren solche Vorschläge nicht viel mehr als utopische Luftschlösser. Stadtpräsident Franz Kurzmeyer stellte klar: «Die Brücke soll wieder so entstehen, wie sie gewesen ist.» Alles andere sei schlicht undenkbar.

Die kühnen Neubaupläne verschwanden denn auch rasch wieder in der Schublade. Und schon am 14. April 1994 konnte die neu-alte Kapellbrücke eingeweiht werden. Sie sah wieder genauso aus, wie es sich die Luzerner seit Jahrhunderten gewohnt waren. Mit einem wichtigen Unterschied: Statt wie früher in dunkelbraun erstrahlte die neue Brücke in hellem Tannenholz. Das Holz werde im Laufe der Jahre von selbst abdunkeln, versicherte die städtische Baudirektion. Sie behielt Recht – heute sieht die Brücke wieder aus wie vor der Zerstörung. Apropos Holz: Auch wenn die Kapellbrücke «offiziell» aus dem 14. Jahrhundert stammt, war schon vor dem Brand kaum noch Originalmaterial vorhanden. So stammten zwei Drittel des Holzes aus der Zeit der grossen Sanierung 1968/69. Diese Sanierung erfolgte sinnigerweise exakt 100 Jahre nachdem der Luzerner Stadtrat entschieden hatte, die Kapellbrücke ganz abzureissen, da sie den See-Abfluss behindere. Gerettet wurde die Brücke 1869 durch eine massive Pressekampagne.

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