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Luzern

Luzern prüft Übernahme von Zürcher Meldetool für Opfer von sexueller Belästigung

Wer in Zürich im öffentlichen Raum sexuell belästigt wird, kann dies auf der Plattform «Zürich schaut hin» melden. Nun interessiert sich die Stadt Luzern für das Tool.
So sieht das Online-Meldetool «Zürich schaut hin» aus.  (Bild: mts/LiZ)
Auch eine ungewollte Berührung kann ein Opfer auf dem Tool «Zürich schaut hin» melden. (Symbolbild: Michel Canonica)

Roman Hodel

Roman Hodel

«Mach deine Erfahrungen und Beobachtungen hier sichtbar. Denn nur was sichtbar ist, kann bekämpft werden.» Mit diesen Worten empfängt die Website «Zürich schaut hin» die Nutzerinnen und Nutzer. Diese können hier anonym sexuelle Belästigungen im öffentlichen Raum melden – als Betroffene oder Beobachtende. Das Tool fragt beispielsweise, was passiert ist. Zur Auswahl stehen verschiedene Möglichkeiten von «Belästigung mit Worten» über «Verfolgen» bis zur «ungewollten Berührung». Je nach Auswahl fragt das Tool, ob man Anzeige erstatten möchte, und verweist in diesem Fall weiter an die Polizei. Dann fragt es, wer belästigt hat, worauf die Belästigung abzielt, wann es passiert ist und wo. Schliesslich kann die Nutzerin oder der Nutzer auch noch eine Nachricht hinterlassen.

Die Stadt Zürich hat das Meldetool im Mai 2021 aufgeschaltet und macht damit gute Erfahrungen. Sie verzeichnete bis Ende Februar total fast 1000 Meldungen über sexuelle, homo- oder transfeindliche Belästigungen. Täter sind häufig Männer, Opfer Frauen. Oft finden Belästigungen tagsüber statt, während sie vor Corona vorwiegend im Nachtleben stattfanden. Die häufigsten Meldungen betreffen Belästigungen mit Worten.

Ein gewisses Risiko für Falschmeldungen wird in Kauf genommen

Dass unter den gemeldeten Fällen auch Falschmeldungen sein können, ist der Stadt Zürich bewusst. Im Zwischenbericht zum Tool, der im Januar erschienen ist, heisst es dazu: «Die Anonymität muss gewährleistet sein, es sollen keine Rückschlüsse auf die meldende Person gemacht werden können. Um diesen Ansprüchen gerecht zu werden, waren Kompromisse notwendig. Dazu gehört ein gewisses Risiko für Falschmeldungen, das im Sinne des Datenschutzes in Kauf genommen wird.»

Nun prüft auch die Stadt Luzern, ob sie das Meldetool – oder zumindest Elemente davon – übernehmen soll. Dies schreibt der Luzerner Stadtrat in einer Antwort auf ein Postulat der SP und nimmt dieses entgegen. Darin fordert Grossstadträtin Maria Pilotto, die Übertragung des Projekts «Zürich schaut hin» für den Raum Luzern zu prüfen.

Kein Tracking und kein statistisches Instrument

Wie Sozial- und Sicherheitsdirektor Martin Merki (FDP) sagt, ist der Stadtrat überzeugt, dass dieses Meldetool einen Mehrwert schaffen könnte:

«Es geht in erster Linie um das Sichtbarmachen von sexueller Belästigung im öffentlichen Raum – es ist weder ein polizeiliches Instrument noch für die strafrechtliche Verfolgung gedacht.»

Es gebe kein Tracking und es sei auch kein statistisches Instrument. «Aber es liefert wichtige Hinweise für die künftige Präventionsarbeit.» Gerade bei der verbalen Belästigung gebe es eine hohe Dunkelziffer und die Erfahrungen aus Zürich zeigten ja, dass hauptsächlich diese über das Tool gemeldet werden. Wichtig ist gemäss Merki, dass das Meldetool mit einer Kommunikationskampagne und von Partnern wie etwa der Bar- und Clubkommission (BCK) begleitet würde, um es möglichst einem breiten Publikum bekannt zu machen.

Neben dem Meldetool will der Stadtrat aber auch das Sicherheitsgefühl im öffentlichen Raum stärken, indem zum Beispiel Beleuchtungskonzepte und Farbgestaltungen überprüft und optimiert werden. Auch das Pilotprojekt «Notrufsäulen» mit Standorten bei der Wiese Richard Wagner Museum, auf der Ufschötti und beim Lido trage als Alarmierungsmöglichkeit zur Sicherheit auf diesen Plätzen bei.

Delikte gegen sexuelle Integrität um 30 Prozent gestiegen

Dass es in Luzern immer wieder zu Diskriminierung und Belästigung im öffentlichen Raum kommt, ist dem Stadtrat bekannt. Und ein Blick in die Statistik zeigt, dass das Problem virulent ist: Denn die gemeldeten Straftaten gegen die sexuelle Integrität haben im ganzen Kanton Luzern von 2019 auf 2020 um 30 Prozent zugenommen auf 203 Delikte. Diese ereignen sich primär im häuslichen Bereich.

Es ist zwar nicht so, dass die Stadt bislang nichts getan hat gegen sexuelle Belästigungen im öffentlichen Raum, wie Merki betont: So sei sie bereits seit 2008 in verschiedene Gefässe involviert, die das Thema sexuelle Gewalt bedarfsabhängig behandeln. Dazu zählt unter anderem die SIP (Sicherheit, Intervention, Prävention) oder ab 2019 auch die Kampagne «Luisa ist hier» des damaligen Vereins Safer Clubbing Luzern. Doch bislang sei das Thema in der Stadt nicht breit auf der Grundlage von Hinweisen verfolgt worden. Das Meldetool kann hier laut Merki einen guten Beitrag leisten. Wie viel eine allfällige Übernahme von «Zürich schaut hin» kosten würde, ist unter Berücksichtigung der Zuständigkeiten noch nicht abschätzbar, schreibt der Stadtrat.

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