Spätestens, seit Halloween auch in unserem Kulturkreis Einzug gehalten hat, ist der Oktober bei uns ebenfalls die Zeit der gruseligen Gestalten. In der Schweiz ist eines dieser unheimlichen Wesen besonders bekannt: der «Bölimaa» oder «Bölimänggu». Sein Unwesen treibt er in vielen Kantonen, das Mundartwörterbuch Idiotikon bezeichnet ihn als eines der «allgemeinsten schweizerischen Landesgespenster».
Den «Bölimaa» beschwören Eltern, die ihre Kinder durch Angstmacherei zur Raison bringen wollen: «Sei brav, sonst holt dich der Bölimaa!» Es handelt sich um eine Nachtgestalt, wie das Idiotikon ausführt. Denn mit dem Bölimaa wollte man den Kindern vornehmlich einschärfen, unbedingt vor Einbruch der Dunkelheit nach Hause zu kommen.
Kalter Blick und langer Bart
Das Aussehen des Bölimaa liegt – sinnigerweise – im Dunkeln. Jeder kann sich ihn in der Fantasie selbst ausmalen. Der Zürcher Dichter Johann Jakob Reithard (1805-1857) beschreibt den Bölimaa in seinem Buch «Geschichten und Sagen aus der Schweiz» (1853) mit besonders drastischen Worten. Ein gräulich alter Mann sei er – und trage einen weissen, langen Bart. Sein Blick sei kalt und glotze aus grossen Augen. Gekleidet sei er in ein graues Gewand mit wallenden Falten.
Der Bölimaa stelle bösen Kindern nach, stecke sie in einen schwarzen Ledersack und entführe sie in eine Höhle auf dem Zürcher Uetliberg. Dort würden sie gezwungen, aus Holzspänen gebackenes Brot zu essen. Trinken können sie nichts anderes als ihre eigenen Tränen.
Vom Rumpelstilzchen zum Bogeyman
Der Wortteil «Böli» ist laut Idiotikon dem mittelhochdeutschen Verb «bolen» (rollen, schleudern) abgeleitet. Der so polternde Geist ist weitum verbreitet; das Rumpelstilzchen gehört zu dieser Familie ebenso wie der Popanz. Auf Hochdeutsch heisst der Bölimaa «Butzemann», die englische Entsprechung – wenn auch mit anderen Wurzeln – lautet «Bogeyman».