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Uri

Lernen ist angesagt: Die Abschlussprüfungen finden dieses Jahr ganz normal statt

Laut Bund sollen die diesjährigen Lehrabschluss- und Maturitätsprüfungen regulär durchgeführt werden. Das stösst nicht überall auf Verständnis.
Die angehende Bekleidungsgestalterin Larissa Schuler und ihre Lehrerin Katja Amstutz (rechts).  (Bild: Kristina Gysi (Altdorf, 16. März 2021))
Aurelia Epp und Daron Vaullandt, Automechatroniker/in und Autofachfrau/-mann in Ausbildung.  (Bild: Kristina Gysi (Altdorf, 16. März 2021))
Urs Burch, Leiter des Amtes für Berufsbildung Obwalden in seinem Büro.  (Bild: Marion Wannemacher (Sarnen, 1. Juli 2020))
Lea Bissig und Noel Arnold, KV-Lehrlinge und abschliessende Berufsmaturanden.  (Bild: Kristina Gysi (Altdorf, 16. März 2021))
Pius Felder, Leiter des Amts für Berufsbildung und Mittelschule. (Bild: Edi Ettlin (Stans, 6. Juli 2019))

Kristina Gysi

Kristina Gysi

Kristina Gysi

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Nun sind die Würfel gefallen: Die diesjährigen Lehrabschluss- und Maturitätsprüfungen werden laut dem Bundesrat regulär durchgeführt. Das Echo auf diesen Entscheid fällt unterschiedlich aus, wie ein Besuch am Berufs- und Weiterbildungszentrums (BWZ) Uri zeigt. Und ein Gespräch mit den Berufsbildungsvorstehenden der Kantone Nidwalden und Obwalden legt dar, weshalb dieser Entscheid besonders wichtig für die Lehrabgänger ist.

Zeigen, was man kann

Larissa Schuler sitzt im Klassenzimmer 206 des BWZ. Vor ihr ausgebreitet liegen Blätter mit Abbildungen von Pelzmänteln, die sie dem richtigen Tier zuordnen soll:

Scheinbar nicht allzu schwierig für die 18-Jährige – sie hat laut ihrer Lehrerin Katja Amstutz fast alles richtig. Wünschenswert wäre, wenn ihr diese Quote auch im Juni beim Schreiben der LAP gelingt, denn sie möchte dieses Jahr ihre Ausbildung zur Bekleidungsgestalterin abschliessen. Dass die Prüfung zwar unter einigen Vorlagen, aber grundsätzlich regulär durchgeführt werden soll, findet sie gut: «Nach drei Jahren Ausbildung möchte ich zeigen können, was ich gelernt habe.» Etwas, das den Lernenden des Abschlussjahres 2020 quasi vorenthalten wurde, wie Larissa Schuler sagt:

«Klar, es wäre schon cool gewesen, nicht lernen zu müssen, aber dann hätte ich auch nicht gewusst, ob ich den Abschluss wirklich verdient habe.»

Allgemein ist Schuler zuversichtlich gestimmt, Einbussen durch das Homeschooling habe sie – trotz anfänglicher Schwierigkeiten – keine. Und wenn, dann werden die Lücken im Nachhinein gefüllt, wie Katja Amstutz erklärt: «Wir Lehrpersonen haben den Auftrag, die Themen, die im Fernunterricht behandelt wurden, noch einmal anzusprechen und bei Bedarf zu repetieren.» Wissenslücken, die sich bei der Lehrabschlussprüfung in leeren Blättern der Ratlosigkeit widerspiegeln, sollte es also nicht geben. Schuler und Amstutz sind optimistisch: Das wird schon klappen mit der Abschlussprüfung.

Spezielle Situation macht Sorgen

Weniger zuversichtlich sind Aurelia Epp und Daron Vaullandt. Die 18- und der 17-Jährige absolvieren die Lehre als Automechatroniker/in und Autofachfrau/-mann und sie sind sich einig: Auch ihre Situation müsse man dieses Jahr berücksichtigen.

«Meiner Meinung nach wäre es gut gewesen, wenn es gleich oder ähnlich wie letztes Jahr gelöst worden wäre», sagt Vaullandt. Zumindest gewisse Vorteile solle man ihnen einräumen und vielleicht etwas weniger streng benoten als in den Jahren vor Corona. Epp ist der gleichen Meinung:

«Im Homeschooling waren wir oft abgelenkt und lernten weniger, als wenn wir in der Schule gewesen wären.»

Angst, nicht zu bestehen? Beidseitiges Nicken. «Sehr, ja», sagt Epp. Und Vallaundt: «Die habe ich auch. Aber ich denke, wir kommen schon alle durch.»

Dass die Situation mit dem Fernunterricht anspruchsvoll war – und teilweise noch ist –, redet auch Urs Burch nicht schön. Dem Leiter des Amts für Berufsbildung in Obwalden ist aber wichtig, dass man beim letztjährigen Abschlussjahrgang nicht von «geschenkten Abschlüssen» oder gar vom «Corona-Jahrgang» spricht:

«Auch die Lernenden des letzten Jahres mussten klare Anforderungen erfüllen, damit sie ihre Lehre erfolgreich abschliessen konnten.»

Zur Erinnerung: Das Qualifikationsverfahren wurde letztes Jahr in fast jedem der rund 250 Berufe angepasst durchgeführt. Der praktische Teil wurde gemäss den Vorgaben der Berufsverbände angepasst, die schulischen Prüfungen fanden nicht statt. Als Grundlage für die Abschlussnoten in den schulischen Qualifikationsbereichen dienten die Erfahrungsnoten. Also jene, die die Schüler während ihrer Lehrzeit bei den schulischen Prüfungen erbracht hatten. Geschenkt wurden die Abschlüsse also nicht, betont der Leiter des Berufsbildungsamtes Obwalden erneut. Dank der verbundpartnerschaftlichen Zusammenarbeit zwischen Bund, Kantonen und Berufsverbänden habe man dafür gesorgt, dass valide Prüfungen durchgeführt werden konnten, und die abgehenden Lernenden im Jahr 2020 arbeitsmarkttauglich und gut ausgebildet in die Berufswelt entlassen werden konnten.

Die Prüfungen als kleines Highlight

Ein weiteres Gespräch am BWZ Uri führt zu Lea Bissig und Noel Arnold, zwei KV-Lehrlingen, die nebst der Ausbildung die Berufsmatura absolvieren.

Dass ihre Prüfungen normal stattfinden, überrascht die beiden nicht. «Ich habe eigentlich nie damit gerechnet, dass wir so wie die Schüler vom letzten Jahr abschliessen werden», sagt Bissig. Ihr sei nur wichtig, dass dieser Entscheid nun auch wirklich umgesetzt werde:

«Es wäre ärgerlich, wenn wir jetzt lernen und dann doch alles anders kommt.»

Schulkollege Arnold stimmt ihr zu. Und er sagt: «Die Abschlussprüfung gehört zur Lehre und zur Berufsmatura dazu. Sie ist sogar ein kleines Highlight, das einen neuen Lebensabschnitt anstimmt.» Von grossen Einbussen durch das Homeschooling klagen die beiden nicht. «Das ist vor allem typabhängig», so Bissig. Trotzdem würde man sich wünschen, dass den Abgängern dieses Jahr etwas «zugutekommt» – wie das auch bei den Abschlussschülern im Jahr 2020 der Fall gewesen sei. «Zum Beispiel, dass man nur die Themen prüft, die wir im Präsenzunterricht hatten», sagt die Schülerin.

Laut Urs Burch stehen solche Prüfungsanpassungen nicht zur Debatte:

«Es wäre ein völlig falscher Ansatz, das Niveau der Abschlussprüfungen nach unten zu korrigieren.»

Die Prüfungen würden so ihre Glaubwürdigkeit verlieren. Zudem sei auch den Schülern des letzten Abschlussjahres nichts «zugutegekommen» – im Gegenteil. Er habe von Seiten vieler Schüler vernommen, dass sie den Ausfall der theoretischen Lehrabschluss- oder Maturitätsprüfung bedauerten. «Die Schüler wollten zeigen, was sie in den vergangenen Jahren gelernt haben.» Doch die Pandemie machte ihnen hier einen Strich durch die Rechnung.

Aus Nidwalden tönt es ähnlich, wie ein Gespräch mit Pius Felder, dem Leiter des örtlichen Bildungsamts, zeigt: «Es ist eher so, dass die Abschlussprüfung eine Chance ist, die bestehenden Noten noch aufzubessern», sagt er. Die Schüler des letzten Jahres hätten es also keineswegs einfacher gehabt, sondern mussten mit dem durchkommen, das sie bis zum Zeitpunkt des Lehrabschlusses geleistet hatten. Zudem gebe es kaum Fälle in denen eine Schülerin oder ein Schüler überraschend bestehe oder durchfalle. «Jene Lernende, die sich jetzt als benachteiligt gegenüber dem letztjährigen Jahrgang äussern, sind wohl jene, die bereits kritisch dran sind», schlussfolgert er.

Urschweiz zieht mit Luzern mit

Die Abschlussprüfungen finden also normal statt. Zumindest so normal, wie das in Zeiten einer Pandemie möglich ist. Vom Bund wurden jedoch Ausnahmeregelungen erlassen, die dann in Kraft treten, wenn die ordentliche Durchführung aufgrund der epidemiologischen Lage und trotz der Schutzkonzepte nicht möglich ist. In diesen Fällen liegt die Entscheidungskraft über das weitere Vorgehen bei den Kantonen. Ausser in Nidwalden und Obwalden, da sieht es etwas anders aus: «Wir haben hier eine spezielle Situation, weil nur sehr wenige Berufe in Nidwalden selbst geprüft werden», sagt Felder.

Bis auf die Elektroinstallateure, die Polymechaniker und die Konstrukteure werden alle anderen Lehrabgänger ausserkantonal geprüft. «Aus diesem Grund würden wir uns den anderen Kantonen anschliessen, falls diese aus derzeit nicht zu erwartenden Gründen eine Ausnahmeregelung bräuchten.» Dasselbe gilt laut Burch auch für den Kanton Obwalden: «Wir führen lediglich in sechs Berufen Prüfungen in Obwalden durch, alle anderen Lernenden weisen wir für das Qualifikationsverfahren zum grössten Teil dem Kanton Luzern zu.» Müsste Luzern nun aufgrund der Pandemie-Situation in einzelnen Berufen über eine Anpassung des Qualifikationsverfahrens entscheiden, würde der Kanton Obwalden diese Entscheide unterstützen und mittragen.

Für die abgehenden Lernenden und Maturanden heisst es nun also: Ran an die Arbeit, die Prüfungen kommen – und dies meist schneller als erwartet.

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