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Uri

Lehrermangel in Urner Samaritervereinen: Nun soll es einen Umschwung geben

In Schattdorf wird die Auflösung des Vereins diskutiert, Gurtnellen hat bald keinen Instruktor mehr – ein Augenschein im Urner Samariterwesen.
Roland Gamma, Präsident des Samariterverbands Uri.  (Bild: PD (Altdorf, 18. Februar 2021))
Engpass: In Gurtnellen fehlt es derzeit an Samariterlehrern. Hier eine Feldübung in Wassen im Jahr 2018. (Bild: PD (Wassen, 28. April 2018))
Ingrid Oehen, Zentralpräsidentin des Schweizerischen Samariterbunds SSB.  (Bild: PD (14. August 2020))

Kristina Gysi

Kristina Gysi

Kristina Gysi

«Was zurzeit in Schattdorf passiert, ist sehr schade», sagt Roland Gamma. Er ist der Präsident des Samariterverbands Uri und hat den drohenden Untergang des Ortsvereins, über den diese Zeitung am Dienstag berichtete, von Anfang an miterlebt. Nach dem Austritt der drei Samariterlehrer stand der Verein vor zwei Jahren plötzlich ohne Ausbildner da. Man habe Lösungen erarbeitet und Alternativen geboten, so Gamma. «Es wurde ein Pool gegründet mit Lehrern, die solche Engpässe überbrücken, und stellvertretend Kurse anbieten können.» Schliesslich seien Samariter Profis im Improvisieren, um anderen zu helfen. «Aber leider wurde diese Hilfe nicht angenommen.»

Strenge Grundausbildung schreckt Samariterlehrer ab

Der Verein in Schattdorf ist mit dem Mangel an Ausbildnern aber nicht allein. Zwar hat Rosmarie Zgraggen, Präsidentin des Samaritervereins Gurtnellen, keine Mühe, neue und junge Mitglieder für den Verein zu finden – aber: «Unsere Samariterlehrerin hört auf und ich habe bisher noch keinen Ersatz für sie.» Das Problem sei, dass man kaum jemanden für die Ausbildung zum Samariterlehrer begeistern könne. «Die Vorschriften des Schweizerischen Samariterbunds für die Ausbildung zum Samariterlehrer sind sehr streng», sagt sie. Die Grundausbildung sei zu intensiv, fordere zu viel von den Leuten, die ihre Freizeit dafür investieren. «Was die alles wissen müssen», sagt Zgraggen. «Die müssen nachher halbwegs Ärzte sein.» Jedoch tue sich etwas, seit die Zentralpräsidentin des Schweizerischen Samariterbundes SSB im Jahr 2018 ihr Amt antrat. «Wir hoffen sehr auf einen Umschwung durch Ingrid Oehen», so Zgraggen. Und dieser soll kommen, wie ein Gespräch mit Oehen zeigt.

Sie stand vor einer schwierigen Situation, als sie im Jahr 2018 Zentralpräsidentin wurde, sagt Oehen. «Die Mitglieder schwanden, auch finanziell sah es nicht rosig aus», erzählt sie. «Wir mussten umstrukturieren und innerhalb von zwei Jahren eine Verbunds-Strategie auf die Beine stellen, die aufzeigt, wie der Samariterbund in Zukunft aussehen und funktionieren soll.» Wie wird diese Struktur aussehen, wie findet man neue und junge Mitglieder – und: Sind wir zeitgemäss? Diesen Fragen stellte sich Oehen zusammen mit der Geschäftsstelle und erhielt für ihre Antworten Zuspruch von den Mitgliedern. Die geplante Neuausrichtung des Verbunds wurde an der Abgeordnetenversammlung im letzten Jahr gutgeheissen. Nun geht es ans Umkrempeln.

Scheinbar besonders drängend: Ein Wandel im Ausbildungsaufbau für Samariterlehrer. Die Vereine in Schattdorf und Gurtnellen markierten dieses Thema als besonders grosse Problematik. Ingrid Oehen sieht sich hier in einem Dilemma: «Jeder, der ein Dorffest oder einen Fasnachtsball besucht, möchte im Ernstfall durch einen kompetenten Sanitätsdienst umsorgt werden», sagt sie. Deshalb müsse eine Grundausbildung sichergestellt werden, die den Auflagen des Interverbands für Rettungswesen IVR 2 entsprechen. Der IVR ist die Dachorganisation des medizinischen Rettungswesens der Schweiz. «Aber ich gebe Frau Zgraggen recht», so Oehen weiter. Der Ausbildungsaufbau Stand heute sei zu komplex. Anpassungen müssten vorgenommen werden und Menschen, die bereits Fachwissen mitbringen, sollten sich dies zukünftig anrechnen lassen können. «Die Leute werden durch genannte Anpassungen nicht schlechter, aber gezielter ausgebildet», so Oehen. Die ersten Schritte hierzu werden laut der Präsidentin noch dieses Jahr in die Wege geleitet.

Die Anforderungen an die Samariter sind gestiegen

Auch der Präsident in Uri ist zuversichtlich: «In den letzten drei Jahren ist viel passiert.» Und er befürwortet die strengeren Voraussetzungen für die Samariterausbildung. «Früher war der Samariterverein eher ein ‹Pflästerliverein›», sagt er. «Da musste man höchstens mal was verbinden oder andere kleinere Sachen machen.» Die Befugnis für Herzmassagen oder für die Anwendung eines Defibrillators hatte man nicht. Heute sei das anders, es gehe um eine qualifizierte Laienhilfe mit höheren Voraussetzungen, denn: «Wenn an einem Grümpelturnier jemand mit einem gebrochenen Bein versorgt, oder irgendwo bei einem Herz-Kreislauf-Stillstand interveniert werden muss, bringt ein Pflästerli nichts.»

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