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Luzern

Landauf, landab: Tiefe Einblicke

Journalist Robert Bossart sinniert darüber, was man bei Videokonferenzen (un) freiwillig so alles preisgibt.

Zeig mir, wie du wohnst, und ich sage dir, wer du bist. Der Satz bekommt in Zeiten des Homeoffice eine neue Bedeutung. Was zeige ich meinen Arbeitskolleginnen am morgendlichen Meeting als Hintergrund: Die meisten lösen dieses Problem, indem sie eines dieser neckischen Hintergrundbilder einblenden.

Als ich noch nichts von solchen Möglichkeiten wusste, dachte ich bei einer Kollegin, dass sie aber ein hübsches Loft hätte. Kurz darauf sah ich die gleiche Wohnung bei diversen anderen Geschäftskollegen. Ich habe es dann auch ein paar Mal probiert. Ein Traumstrand passte ganz gut, fand ich, obwohl das vielleicht missverstanden werden könnte. Dabei meinte ich ja nur, dass zu einem Traumjob ein ebensolcher Strand ganz gut passe. Den Satz habe ich ein, zweimal von mir gegeben und war mir nie ganz sicher, ob die mit einem Augenzwinkern gemeinte Aussage richtig eingeordnet wurde.

Diese Verunsicherung war aber nicht der Grund, weshalb ich heute keine Hintergrundbilder mehr verwende. Schuld ist unsere schwache Internetverbindung, welche solch zusätzlichen Schnickschnack nicht zulässt. So habe ich mich entschlossen, zu unserer Unordnung und der etwas zusammengewürfelten Innenausstattung zu stehen. Allerdings kann es auch übertreiben mit der Authentizität, deshalb drehe ich den Bildschirm stets etwas zur Seite, damit man die Ecke mit dem Wäscheständer und dem Kabelsalat nicht sieht. Aber ganz sicher kann man sich nie sein. So sahen meine Gspänli kürzlich die in die Höhe gestreckten Füsse meiner Liebsten, als sie gerade ihre morgendlichen Yogaübungen machte. Vielleicht müssten wir uns doch mal um die Internetleitung kümmern.

Hinweis: An dieser Stelle äussern sich Gastkolumnisten und Redaktoren unserer Zeitung zu einem frei gewählten Thema.

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