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Obwalden

Grössere Löcher in Kasse: Der Lockdown hat sich für Engelberg verheerend ausgewirkt

Die Coronakrise trifft Engelberg wirtschaftlich besonders hart, da fast die ganze Bevölkerung vom Tourismus lebt. Nun gibt es erste Lichtblicke am Horizont. Doch der Tourismusdirektor bleibt skeptisch.
Litt stark unter der Coronakrise: der Tourismusort Engelberg. (Bild: Romano Cuonz (2. September 2014))

Matthias Piazza

«Ich war total happy, als ich am Samstag wieder nach Engelberg zurückkehrte. Am Montag ging ich in mein Stammcafé, kaufte ein Paar Schuhe und ass in einem Restaurant im Dorf zu Abend. Mir liegt jetzt noch mehr daran, das lokale Gewerbe zu unterstützen.» Das erzählt Susy Schär aus dem zürcherischen Stäfa. Sie besitzt seit fünf Jahren eine Ferienwohnung in Engelberg und hält sich normalerweise regelmässig dort auf.

Zwei Monate lang blieb die ehemalige SRF-Sport- und Tagesschau-Reporterin dem Klosterdorf fern. Dies auf Empfehlung des Gemeinderates, der an die Besitzer von Ferienhäusern und -wohnungen appellierte, zu Hause zu bleiben, um im Falle einer Ansteckung mit dem Coronavirus nicht das örtliche Gesundheitssystem zu belasten. «Für dieses Anliegen hatte ich vollstes Verständnis. Es machte Sinn, aus Rücksicht auf die Obwaldner auf einen Aufenthalt in Engelberg zu verzichten», meint Susy Schär dazu. Nicht alle hätten sich allerdings an die Empfehlung gehalten. Sie wisse sie von Leuten, die Ostern in ihrer Engelberger Ferienwohnung verbracht hätten, was sie nicht verstehe.

Jährlich 400'000 Hotelübernachtungen in Engelberg

Gemäss Talammann Alex Höchli habe dieser Appell aber grösstenteils gewirkt. Der Lockdown traf Engelberg mit jährlich 400'000 Hotelübernachtungen in einem normalen Jahr hart. Die Coronakrise legte den Tourismus lahm. Im März verzeichneten die Hotels noch halb so viele Übernachtungen wie sonst, im April blieben die Gäste praktisch ganz aus. Die Umsätze in diesen zwei Monaten gingen gegenüber der Vorjahresperiode um total 7 Millionen Franken oder 80 Prozent zurück. Die Titlis- und Brunnibahnen stellten Mitte März wie alle Bergbahnen ihren Betrieb ein, ebenso ein Grossteil der Engelberger Hotels, wie Andres Lietha, Direktor von Engelberg-Titlis-Tourismus AG, auf Anfrage sagt.

Die vergangenen zwei Monate praktisch ohne Tourismus seien für Engelberg eine schwierige Zeit gewesen. «Der Lockdown hat sich für uns verheerend ausgewirkt. Fast jeder der rund 4500 Engelberger lebt direkt oder indirekt vom Tourismus und so litten fast alle unter der Situation», sagt Alex Höchli. Konkurse seien ihm bis jetzt allerdings noch keine bekannt, doch viele Unternehmen hätten Kurzarbeit beantragt.

Appell an die Solidarität der Engelberger

Höchli appelliert an die Solidarität der Engelberger, vermehrt die eigenen Läden und Restaurants zu berücksichtigen, um so die Krise besser zu meistern. Er geht davon aus, dass die ausländischen Touristen – sie generieren sonst 70 Prozent der Übernachtungen – erst im nächsten Jahr wieder kommen. Für Höchli ist klar:

«Auch wenn dieses Jahr wohl mehr Schweizer im eigenen Land Ferien machen, vermögen sie diesen Ausfall wohl nicht zu kompensieren.»

Trotzdem sei er mit Blick in die Vergangenheit überzeugt, dass die Engelberger sich nicht unterkriegen lassen. «Ich staune immer wieder, wie die Engelberger mit früheren Krisen fertig wurden, indem sie das Beste aus der Situation machten.»

Frage nach der Wirtschaftlichkeit

Nun, nachdem mit dem zweiten Lockerungsschritt am vergangenen Montag auch alle Läden und die meisten Restaurants wieder öffneten, wirbt Engelberg Tourismus aktiv um Touristen. Ein Drittel der Hotels haben wieder ihre Tore geöffnet. Tourismusdirektor Andres Lietha geht davon aus, dass wenn – wie vom Bundesrat angedacht – am 8. Juni die Bergbahnen ihren Betrieb wieder aufnehmen dürfen, die meisten Hotels wieder offen haben. «Wir sehen Licht am Horizont.» Doch er bleibt skeptisch. «Es hängt von den Auflagen des Bundes ab. Je nach Schutzkonzept stellt sich die Frage, ob eine Bergbahn Gewinn macht, wenn sie beispielsweise nur halb so viele Leute wie üblich transportieren darf.»

Ruedy Langenstein, Präsident des Geschäfts- und Gewerbeverbandes Engelberg mit rund 138 Mitgliedern, rechnet damit, dass sich die Coronakrise verzögert auf das Gewerbe auswirkt. «Die Handwerker waren grösstenteils mit Renovationsarbeiten von Ferienhäusern beschäftigt, die in den vergangenen Wochen nicht bewohnt waren.» Und die Geschäfte, die nicht offen haben durften, hätten den fehlenden Umsatz mit Online-Verkauf teilweise kompensieren können. «Die Einnahmeausfälle der Hotels werden die Handwerker in der nächsten Zeit zu spüren bekommen, wenn die Hotels sich mit Aufträgen für Sanierungen oder Umbauten zurückhalten.»

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