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Kulturvermittler im Kanton Zug: Wenn  Einwanderer ihre Landsleute betreuen

In Baar und Rotkreuz sind sogenannte Kulturvermittler im Einsatz. Ihre Aufgabe ist es, Einwanderern die Schweizer Kultur näherzubringen und sie auf die Angebote der Gemeinden aufmerksam zu machen. Dazu gehört manchmal auch, Ängste abzubauen.

Kulturvermittler sind gut integrierte Einwanderer, beispielsweise aus Albanien, der Türkei, Portugal, Bosnien oder Sri Lanka, die von der Gemeinde Baar beauftragt wurden, unter jenen Landsleuten zu vermitteln, die neu in die Schweiz eingewandert sind und in der Gemeinde wohnen. Diese sind der Sprache oft noch nicht mächtig und kennen die kulturellen Gepflogenheiten nicht. «Wir haben die Kulturvermittler vor zwei Jahren via Inserat gesucht oder angefragt», erzählt Clemens Eisenhut, Leiter der Sozialabteilung Baar.

Acht Leute sind es insgesamt, die bei Schulveranstaltungen übersetzen und ihre Landsleute zu Hause oder in ihren Communities besuchen und beraten. Die Vermittler wissen sehr gut Bescheid über Integrationsprojekte, Sprachkurse, Beratungs- und Sozialstellen der Gemeinde und Region. «Die Kulturvermittler nehmen eine Vorbildfunktion ein», erläutert Eisenhut. «Denn sie sind gut integriert und wissen, wie das Schweizer System funktioniert.»

Wichtig sei vor allem der Besuch von Sprachkursen, so Eisenhut. «Integration funktioniert vor allem über die Sprache», ist er überzeugt. Die Gemeinde Baar bietet denn auch kostengünstige Kurse für Erwachsene und Kinder an. «Mit der Spielgruppe ‹Deutsch macht Spass› für Vorschulkinder haben wir grossen Erfolg.» Die kleinen Einwanderer werden dabei auf den Besuch des Kindergartens vorbereitet und erhalten spielerischen Sprachunterricht sowie soziales Anpassungstraining in der Gruppe. «Die Kindergärtnerinnen stellen einen grossen Unterschied fest. Ihre Arbeit wird durch dieses Integrationsprojekt erheblich erleichtert.»

Ein Besuch beim Amt ist nicht gleich Gefängnis

Auch in Rotkreuz versucht man, die Einwanderer so rasch wie möglich zum Besuch eines Deutschkurses zu bewegen und deren Kinder für die Frühförderung zu gewinnen. Auch hier steht ihnen ein günstiges, vielseitiges Kursangebot zur Verfügung. In beiden Gemeinden setzt man seit 2017 Kulturvermittler – hier Schlüsselpersonen genannt – ein, wie sie in Rotkreuz heissen. «Sie führen ein Begrüssungsgespräch mit den neu eingewanderten Landsleuten, in dem sie ihnen erklären, wie beispielsweise die Behörden, Vereine oder die Schule funktionieren», erklärt Werner Lehmann, Bereichsleiter Generationen und Gesellschaft Risch. «Dass beispielsweise in der Schule die Eltern mit einbezogen werden, ist vielen Kulturen fremd.» Manchmal müssten auch Ängste abgebaut werden. «Nämlich, dass ein Besuch auf dem Amt bei uns nicht ‹Gefängnis› bedeutet und vollkommen ungefährlich ist», so Lehmann. Es sei erstaunlich, wie viele Menschen noch immer in die Gemeinde einwandern würden, vor allem aus Portugal, Spanien und Italien. «Der Arbeitsmarkt in Rotkreuz zieht sie an. Wir haben hier gleich viele Arbeitsstellen wie Einwohner, nämlich 10000.» Im letzten Jahr sei das Programm ausgebucht gewesen. «Wir haben ein Budget von 200 Stunden für den Einsatz von Schlüsselpersonen.»

Vonseiten der SVP wurde diese Praxis kürzlich kritisiert. Der Kantonsrat Beni Riedi appellierte an die Eigenverantwortung der fremdsprachigen Einwohner («Zuger Zeitung» vom 26. Februar). «Die Kulturvermittler holen die Einwanderer ja lediglich ab. Deutsch lernen und sich anstrengen müssen sie selbst», sagt Clemens Eisenhut. «Darin bin ich mit Beni Riedi durchaus einig.» «Wenn die Einwanderer die Sprache lernen, finden sie viel leichter eine Arbeitsstelle», betont auch Werner Lehmann. «Dann liegen sie dem Staat nicht mehr auf der Tasche. Also ist es aus meiner Sicht gut und richtig, ihnen den Einstieg zu erleichtern.»

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