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Luzern

Künftige Kompetenzen der Luzerner Gemeinden spalten die Parteien

Die Inkassohilfe wird landesweit vereinheitlicht. Wie der Kanton Luzern die Bundesvorgaben umsetzen soll, ist hochumstritten. Nur eine Partei und ein Verband stützen die Regierung in allen Punkten.
Damit die Alimentenhilfe optimal funktioniert, braucht es das Ineinandergreifen aller Beteiligten. (Symbolbild: Getty)

Lukas Nussbaumer

Der Bund will die Alimentenhilfen, die Inkassohilfe und die Alimentenbevorschussung vereinheitlichen. Das hat massive Auswirkungen auf die Luzerner Gemeinden, welche bis jetzt dafür zuständig sind. Das sollen sie im Grundsatz auch bleiben. Doch die Alimentenhilfen sollen künftig von einer vom Bund vorgeschriebenen Fachstelle erbracht werden. Wie die Anforderungen an diese Stelle lauten, ist noch nicht definiert. Die Regierung will sie später in einer Weisung festhalten.

Dass auf die Gemeinden einiges zukommt, macht das für die Revision des Sozialhilfegesetzes zuständige Gesundheits- und Sozialdepartement in den Vernehmlassungsunterlagen jedoch sehr deutlich: Es sei «davon auszugehen, dass gerade kleinere Gemeinden nicht selber eine solche Fachstelle effizient und effektiv führen können, weshalb die Zusammenarbeit mit anderen Gemeinden oder Dritten notwendig sein wird». Die Höhe der finanziellen Mehraufwendungen lässt die Regierung offen, geht jedoch davon aus. Für den Kanton sollen sie pro Jahr bei 50'000 Franken liegen. Nun ist die Vernehmlassung zu Ende gegangen – und die Reaktionen fallen sehr unterschiedlich aus.

Mitte, GLP und Gemeindeverband begrüssen Gesetzesrevision

Ausgesprochen positiv kommen die Pläne des von Mitte-Regierungsrat Guido Graf geleiteten Gesundheits- und Sozialdepartements nur bei einer Partei an: bei seiner eigenen. Die frühere CVP dankt gar für die «sinnvolle Revision des Gesetzes». Auch der Verband der Luzerner Gemeinden (VLG) und die Stadt Luzern sind mit der Überarbeitung grundsätzlich einverstanden. Das erstaunt allerdings nicht: Sowohl der VLG als auch die dem Verband als einzige Gemeinde nicht angehörende Stadt wurden in die Revision einbezogen.

Auch die GLP als kleinste im Luzerner Kantonsrat vertretene Partei hat am Vernehmlassungsentwurf wenig auszusetzen. Sie vermisst in der Botschaft einzig Angaben zum finanziellen Mehraufwand, der bei der Dienststelle Soziales und Gesellschaft durch den für sie vorgesehenen Koordinationsauftrag entstehen wird.

Erfahrung soll genauso zählen wie die Ausbildung

Andere Töne schlagen die SVP und FDP an. Sie leisten zwar keine Fundamentalopposition – aus dem einfachen Grund, weil das zwecklos ist. Die neuen Regeln des Bundes müssen von den Kantonen umgesetzt werden. Bei der Frage, wie weit die Kompetenzen der Gemeinden beschnitten werden sollen und wie stark ihnen der Kanton künftig auf die Finger schauen soll, sind die beiden Parteien jedoch dezidiert anderer Meinung als die Regierung.

So sperrt sich die SVP zwar nicht gegen die Definition von fachlichen Mindestanforderungen für im Alimentenwesen arbeitende Personen. Es dürfe jedoch nicht nur die Ausbildung berücksichtigt werden, sondern auch die Erfahrung. Die Basisarbeit müsse weiterhin von jenen Personen in den Gemeinden geleistet werden, da sie eine Nähe zur Kundschaft aufgebaut hätten.

Die Regierung zweifelt die fachliche Qualifikation vieler Gemeindeangestellten jedoch an. Obwohl ein genauer Überblick über die Organisation der Alimentenhilfen im Kanton fehlt, lasse die sehr heterogen organisierte Aufgabe «den Schluss zu, dass bei der Mehrheit der vor allem kleineren Gemeinden, welche die Aufgabe nicht delegiert haben, die fachlichen Zusatzqualifikationen bei den Alimentenhilfen fehlen». Heute wickeln viele Kommunen die Geschäfte selber ab. Andere delegieren sie an Dritte, so beispielsweise 15 Gemeinden an die Regionale Alimentenhilfe Sursee.

SVP und FDP gegen Oberaufsicht des Kantons

Gar nicht einverstanden ist die SVP mit dem Plan der Regierung, der Dienststelle Soziales und Gesellschaft einen erweiterten Koordinationsauftrag zu geben. «Wir wollen nicht, dass der Kanton zu sehr Einfluss nimmt», schreibt die Partei. Auch eine Oberaufsicht des Gesundheits- und Sozialdepartements über die Gemeinden stösst der Volkspartei sauer auf: «Sie würde zu einem erhöhten administrativen Aufwand führen.»

Ähnlich pointiert äussert sich die FDP. Auch sie fordert die Möglichkeit, dass erfahrene Personen, die bereits im Alimentenwesen arbeiten, dies weiterhin tun können. Und auch die Freisinnigen sträuben sich gegen eine Oberaufsicht des Departements von Guido Graf. «Eine solche erhöht nur die administrativen Aufwände», ist die FDP mit der SVP einig.

SP und Grüne wollen regionale Lösungen

Die Stellungnahmen von SP und Grünen haben eine ganz andere Stossrichtung als die der bürgerlichen Parteien. Sie befürworten regionale Lösungen, weil diese einen «höheren Durchlauf von Dossiers bedeuten und einer Organisation so ermöglichen, mehr Know-how aufzubauen», schreibt die SP. Auch eine Oberaufsicht über die Gemeinden durch das Gesundheits- und Sozialdepartement befürwortet die SP.

Gar noch weiter gehen die Grünen. Sie lehnen es ab, dass die Zuständigkeit im Bereich der Alimentenhilfen weiter bei den Gemeinden bleiben soll. Es sei «mit der Gesetzesrevision die Chance verpasst worden, grössere Einheiten zu schaffen». Auch hinter den Grundsatz, den Gemeinden sei bei der Organisation der Alimentenhilfen hohe organisatorische Flexibilität zu gewähren, können sich die Grünen nicht stellen.

Internationales Alimenteninkasso soll zum Kanton wechseln

Wiederum anderer Meinung ist Jim Wolanin. Der FDP-Politiker ist nicht nur Präsident der kantonsrätlichen Kommission für Gesundheit, Arbeit und soziale Sicherheit, die das Geschäft nach Auswertung der Vernehmlassung vorberaten wird. Wolanin ist auch Sozialvorsteher von Neuenkirch, wo durchschnittlich 20 bis 25 Inkassohilfe- und Alimentenbevorschussungsfälle bearbeitet werden, was einem 30-Prozent-Pensum entspricht. Der seit 2015 im Parlament politisierende Unternehmensberater spricht sich nämlich für die vorliegende Gesetzesrevision aus.

In einem Punkt ist er aber der gleichen Meinung wie die SP und die Grünen: Er befürwortet nämlich eine kantonale Lösung für das internationale Alimenteninkasso. «Es handelt sich um eine sehr anspruchsvolle Tätigkeit, und die Zahl der Fälle ist überschaubar. Deshalb soll dieser Bereich nicht auf der Gemeindeebene angesiedelt sein.» In der Tendenz sprechen sich auch FDP und SVP für eine kantonale Lösung aus. Die CVP fordert in diesem Punkt «Flexibilität in der Handhabung», die GLP will die Zuständigkeit bei den Gemeinden belassen.

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