Kilian Küttel
Es sollten drei Tage zum Geniessen werden: Ein Ehepaar aus dem Zürcher Weinland kommt Anfang August nach Kriens. Die beiden wollen auf den Pilatus, in die Natur, den Alltag vergessen. Im Hotel Himmelrich oberhalb von Kriens buchen sie ein Zimmer für zwei Nächte.
Heute würden sie das nicht mehr tun: «Schon als wir ankamen, wurden wir skeptisch. Das Hotel war praktisch leer, die Réception nicht besetzt, das Restaurant geschlossen», sagt die Frau, die unserer Zeitung namentlich bekannt ist, aber anonym bleiben möchte.
Dreckige Toilette, kaputter Sitz
Als sie das Zimmer betritt, ist sie nicht mehr nur skeptisch. Sie ist bestürzt: «Die Bettwäsche war zerschlissen und dreckig, ebenso die Handtücher im Bad. Der Toilettensitz war kaputt.» Überhaupt sei die Hygiene mangelhaft gewesen: «Das WC und die WC-Bürste waren widerlich.» Nachdem sie sich beklagt hatte, habe jemand geputzt – aber nur sehr oberflächlich. Mangels Alternativen und weil sie das Zimmer schon bezogen hatten, bleiben die Eheleute trotzdem beide Nächte im Hotel: «Wir sind davon ausgegangen, dass wir so oder so unser Geld nicht mehr zurückerstattet bekommen.» Nur: Mit den offenbar fragwürdigen Zuständen im Zimmer war es noch nicht getan: «Das Frühstücksbuffet am nächsten Morgen war erstens sehr spärlich ausgestattet und zweitens waren Speisen wie Aufschnitt oder Butter schlecht gekühlt.»
Unterirdische Bewertungen
Nicht nur das Paar aus Zürich übt scharfe Kritik an den Zuständen im «Himmelrich». Die Bewertungen auf Portalen wie Tripadvisor sind zum Teil unterirdisch. «Aussicht top, aber alles Andere ist eine Katastrophe», lautet ein Kommentar vom Juli 2018. Ein anderer schliesst sich an. Er berichtet von dreckigen Betten, verschmutztem Lavabo und vergilbter Badewanne.
Auf die Idee, sich vor dem Aufenthalt auf Bewertungsportalen schlau zu machen, ist das Ehepaar nicht gekommen. «Die Bilder haben sehr ansprechend ausgesehen und noch viel wichtiger: Wir sind hier in der Schweiz. Da erwartet man nicht so eine Sauerei», sagt die Frau.
Bis vor kurzem wurde das Hotel Himmelrich unter dem Namen Peak Hotel im Portfolio der Lucerne Hotel Group aufgeführt – zusammen mit dem Post Hotel Weggis und dem Hotel Tellsplatte in Sisikon. Die Domain der Internetseite wurde im Oktober 2013 registriert. Auf den Namen Afrim Baftiroski. Dieser nennt sich mittlerweile Baftiri und machte sich in den letzten Jahren in der Luzerner Gastro-Szene einen Namen als umtriebiger Hotelier, Club- und Restaurantbetreiber. Das Jail-Hotel in Luzern, der «Sternen» in Beckenried oder das «Flora» in Vitznau sind einige Stationen in Baftiris Karriere. Unlängst wurde bekannt, dass die Lucerne Immobilien GmbH neue Besitzerin der Himmelrich-Liegenschaft ist («Zentralschweiz am Sonntag vom 29 Juli). Deren einziger Gesellschafter ist Urim Baftiri – Afrims Bruder.
Betreiber winden sich
Was sagen die Betreiber zu den Vorwürfen aus dem Weinland? Wer im «Himmelrich» anrufen will, landet im Post Hotel Weggis. Dort wissen die Angestellten nicht, wer für eine Anfrage zum «Himmelrich» zuständig ist und verweisen auf eine allgemeine E-Mail-Adresse. Einen Tag später antwortet die Lucerne Hotel Group per Mail. Darin wird die Nennung von Personen und Unternehmensnamen unter Androhung rechtlicher Schritte untersagt. Auf die Vorwürfe wird nicht eingegangen. Jedoch heisst es, das Hotel Himmelrich habe mit der Lucerne Hotel Group nichts zu tun. Aber weshalb sagen die Angestellten, das «Himmelrich» gehöre zur Gruppe? Und wieso wirbt diese im Internet mit dem «Himmelrich»? Eine brauchbare Antwort geben die Verantwortlichen nicht.
«Wir haben den Kontakt
mit den Betreibern gesucht,
jedoch erfolglos.»
Ron Prêtre, Präsident Kriens Tourismus
Sie schweigen lieber. Nicht so Ron Prêtre. Er ist Direktor des Hotels Sonnenberg und Präsident von Kriens Tourismus. Auf Anfrage unserer Zeitung sagt er, das Hotel Himmelrich werfe nicht immer das beste Licht auf den Tourismusstandort Kriens: «Auch Kriens Tourismus hat Reklamationen erhalten. Und wir haben den Kontakt mit den Betreibern gesucht, jedoch erfolglos.» Das Hotel scheine regelmässig Gäste zu beherbergen, so Prêtre. Es würden immer wieder Reisecars zum «Himmelrich» fahren. Weil das Hotel im Tiefpreissegment agiere, müsse man damit rechnen, dass der Standard nicht dem eines Fünfsternehauses entspreche.
Trotzdem: Wie unsere Zeitung weiss, gab es eine Meldung bei der Luzerner Gastgewerbepolizei. Und zwar wegen der Betriebssicherheit, konkret wegen defekter Steckdosen. Dies bestätigt auch Kurt Graf, Sprecher der Luzerner Polizei.
Nach ihrem Aufenthalt im «Himmelrich» wollen sich die Eheleute wehren. Jemanden vom Management habe sie aber nicht ans Telefon bekommen, berichtet die Frau. Schliesslich habe man sie mit 80 Franken in bar «abspeisen wollen». Ihr ist das zu wenig, da sie 330 Franken für die Übernachtungen samt Frühstück bezahlt hätten. «Zuerst wollte man uns sogar noch einen Gutschein geben. Aber das wäre ja noch schöner gewesen. Wir gehen nie wieder dorthin.»