Lucien Rahm
Lucien Rahm
Jetzt würden beim Urschner Höhenweg die Alarmglocken läuten, schreibt die Mountainbike-Fachzeitschrift «Ride Magazin» auf ihrer Website. Der Grund: Die Korporation Ursern möchte für einen Wanderweg, der vom Höhenweg durch einen Schutzwald hinunter nach Realp führt, ein Fahrverbot erlassen. Am 12. März wurde der Erlass im Urner Amtsblatt publiziert. Derzeit läuft die 30-tägige Einsprachefrist, von der bislang noch niemand Gebrauch gemacht hat. Für das Fachmagazin hat der Weg durch den Bannwald, welcher nicht als offizieller Bikeweg gilt, offenbar einen grossen Wert. Ohne diese Abfahrtsmöglichkeit sei die Attraktivität des ganzen Höhenwegs in Frage gestellt. Denn dann müsste der Höhenweg in die umgekehrte Richtung gefahren werden, damit man in Andermatt die Abfahrt vornimmt. «Das aber führt dazu, dass der Höhenweg bergauf gefahren werden muss, er aber als Abfahrt wesentlich attraktiver ist», findet das Fachmagazin. Die andere Möglichkeit ist, oberhalb von Realp weitere 300 Höhenmeter zu bewältigen und dann eine andere Route zum Dorf runter zu nehmen.
«Für technisch versierte Biker ist das sicher ein Verlust», sagt der Andermattner Tourismusdirektor Thomas Christen auf Anfrage. Rechtlich gesehen holt die Korporation aber an sich nur nach, was eh bereits seit Jahren gilt. Denn schon seit Jahrzehnten hat die Korporation eine Waldverordnung, die das Ausüben von Sportarten im Schutzwald untersagt – auch ohne explizit signalisiertes Fahrverbot. «Damals hatten wir noch nicht so viele Biker bei uns, daher drängte sich ein solches auch nicht auf», sagt Christen. Im Zuge des Booms, den das Mountainbiken in den vergangenen Jahren erlebt hat, nahm auch die Zahl der Biker im Gebiet Andermatt stetig zu. Und auf dem besagten Wanderweg hat dies offenbar zu Problemen geführt. «Gewisse Leute finden das nicht so toll, wenn sie beim Wandern von Bikern überholt werden», so Christen.
Biker wurden lange toleriert
Lange habe man die Biker im Schutzwald toleriert, sagt auf Anfrage der Urschner Talammann, Beat Schmid. «Der Wanderweg ist lange einfach ab und zu mal befahren worden. Da haben wir immer ein Auge zugedrückt.» Durch den Ausbau des Höhenwegs zum Wander- und Bikeweg 2018 habe dann aber die Zahl der Biker, die via Wald nach Realp fahren, «extrem zugenommen». Vermehrte Reklamationen von Wanderern, darunter auch Einheimische, seien die Folge davon gewesen. Denn obwohl der Weg relativ breit sei, gebe es Stellen, an denen sich Wanderer und Biker beim Entgegenkommen erst kurz zuvor erblicken würden. «Das hat schon zu einigen Schreckensmomenten geführt», so Schmid.
Den Kanton Uri, welcher bei der Sanierung federführend war, habe man mehrmals gebeten, am Start der Bikestrecke in Andermatt eine Hinweistafel anzubringen. Mit dieser hätten Biker darüber informiert werden sollen, dass der Schutzwald keine Abfahrtsmöglichkeit biete. Passiert sei aber nie etwas, sagt Schmid. Auch deswegen habe man sich nun für das Fahrverbot entschieden. Die Ruhe der im Wald lebenden Tiere zu bewahren, sei zudem ein weiterer Grund. Ausserdem richte sich das Verbot an alle Fahrzeuge, denn auch mit Motocrosstöffs sei der Weg schon befahren worden. Man werde die Einhaltung kontrollieren und Verstösse mit Bussen ahnden.
Höhenweg ist nach wie vor befahrbar für Biker
Dass nun die Sanierung des Höhenwegs, die 2018 vom Kanton vorgenommen wurde, durch das Verbot «in Bezug auf die Mountainbiker mehr oder weniger für die Katz gewesen» wäre, wie es das «Bike Magazin» findet, verneint Tourismusdirektor Christen entschieden. Bereits bei der Planung des Höhenwegs habe man vom möglichen Verbot gewusst. Nach wie vor lässt sich der Weg, der sich zwischen 2000 und 2300 Metern über Meer befindet, in beide Richtungen befahren. «Wer von Andermatt aus startet und auf Höhe Realp an seine körperlichen Grenzen stösst, muss dann halt noch 300 Höhenmeter mehr zurücklegen oder umkehren und auf Höhe Hospental ins Tal rollen.» Ansonsten habe das Fahrverbot aber keine grössere Bedeutung für die Bikelandschaft Andermatt.
Dennoch würde sich Christen wünschen, dass als Ersatz für die nun wohl wegfallende Abfahrt an anderen Stellen neue Wege möglich würden. «Toll wäre, wenn die Korporation zusätzliche Wege offerieren könnte, die vom Höhenweg nach Andermatt führen.» Mit der Korporation, welche als Landbesitzerin solche Vorhaben erlauben muss, sei man hierzu im Gespräch. Talammann Schmid zeigt sich offen für die Umsetzung neuer Abfahrten, solange sie nicht durch Schutzwälder führen. Möglichkeiten dafür gebe es beispielsweise auf Höhe Zumdorf oder Hospental.
Christen findet, ein Ausbau des Angebots wäre angesichts der steigenden Nachfrage nötig. «Vor 15 Jahren hat man mit grosser Mehrheit Ja gesagt zum Ausbauprojekt Andermatt. Ein weiterer Ausbauschritt wäre die logische Konsequenz dieses Jas.»