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Luzern

Koreanisch für Fortgeschrittene: Eine Luzernerin war zu Gast in Seoul

Im Rahmen eines Sprachaufenthaltes studierte Aline Bucher während der Sommerferien in Seoul Koreanisch. Dessen Alphabet hat sie sich gleich selber beigebracht.
Mal was anderes probieren: Aline Bucher studiert Koreanisch. (Bild: Roger Grütter, Luzern, 21. August 2018)

Thomas Heer

In den 1960er-Jahren bis hinein ins folgende Jahrzehnt war es so, dass in der Schweiz vereinzelt Kinder aus Korea auf den Schulhöfen anzutreffen waren. Bei den Knaben und Mädchen handelte es sich aber nicht etwa um die Sprösslinge von Expats, die hierzulande temporär bei international tätigen Konzernen anheuerten. Nein, die Kleinen wurden von einheimischen Ehepaaren adoptiert. Dies war eine direkte Folge der desaströsen Auswirkungen des mehrjährigen Koreakrieges, der 1953, mit einem bis heute geltenden Waffenstillstand, beendet wurde. Mit mässigen Aussichten auf Erfolg reisen die in der Schweiz aufgewachsenen Koreanerinnen und Koreaner auf der Suche nach den leiblichen Eltern noch heute vereinzelt in ihr Geburtsland zurück.

Als Aline Bucher in diesem Sommer sich in Zürich ins Flugzeug setzte und den elfstündigen Trip nach Seoul antrat, hatte dies keinerlei familiären Hintergründe. Als wäre es das Normalste der Welt, reiste die 16-Jährige für ­einen Sprachaufenthalt nach Ostasien. Zum Abschluss des vierten Kanti-Jahres sind die Schülerinnen und Schüler dazu angehalten, entweder ein Praktikum oder aber eine sprachliche Weiterbildung im Ausland zu absolvieren.

Das Studium der Sprache bereitet ihr keine Mühe

Als Aussenstehender fragt man sich unweigerlich, wie es dazu kommt, dass ein Schweizer Teenager Koreanisch lernt. Aline Bucher klärt auf: «Mit meiner Mutter spreche ich zu Hause Fran­zösisch.» In Alines familiärem Umfeld wird auch Englisch gesprochen. Die Schülerin sagt: «Ich wollte etwas lernen, das sich von der europäischen und amerikanischen Kultur unterscheidet.» Also brachte sie sich im Alter von zwölf Jahren das koreanische Alphabet selber bei. Die Kanti-Schülerin sieht in ihrer Leidenschaft nichts Aussergewöhnliches. Sie sagt: «Es ist nicht sonderlich schwierig, diese Sprache zu erlernen.» Schliesslich bestehe das Koreanische im Gegensatz etwa zur japanischen Sprache aus einem Alphabet. Dazu gehören 19 Konsonanten- und 21 Vokalbuchstaben.

Damit lassen sich Wörter bilden. Das mache das Ganze übersichtlicher. Die Plackerei, sich für jedes Wort ein anderes Zeichen einzuprägen, bleibt dem Lernenden erspart. Heute ist Aline Bucher so weit, dass sie in koreanischen Zeitungen einfachere Texte liest und den Inhalt versteht. Gemessen an international geltenden Bemessungsrichtlinien, ist die Luzernerin auf Stufe Pre-Intermediate angelangt.

Während ihres dreiwöchigen Aufenthaltes lebte Aline Bucher bei der Gastfamilie Cho. Der Vater Geschäftsmann, die Mutter ebenfalls teils berufstätig, die drei Kinder, sechs-, acht- und zwölfjährig. Aline Bucher erinnert sich gerne an die Zeit in Seoul zurück: «Es war immer etwas los. Ein Teil der Geschäfte sind rund um die Uhr geöffnet.» Sie erzählt auch vom hohen technischen Standard, dem man in der koreanischen Hauptstadt auf Schritt und Tritt begegnet, aber auch den kaum zu unterbietenden Metrotarifen. Umgerechnet 60 Rappen bezahlte Aline von ihrem Wohnort für die 20 Minuten dauernde Fahrt zu ihrer Schule. Und natürlich behagte der Studentin das ­koreanische Essen vorzüglich. Das war übrigens mit ein Grund, weshalb die Heranwachsende vor vier Jahren mit dem Studium dieser Sprache begann.

Einen Blick nach Nordkorea sparte sie sich

In den Medien beschränkt sich die Berichterstattung über Korea vielfach auf die problematische Trennungssituation zwischen den beiden Bruderländern nördlich und südlich des 38. Breitengrads. Davon habe sie, so Aline Bucher, während ihres Aufenthaltes nichts mitbekommen. Auf einen Besuch an die keine 100 Kilometer von Seoul entfernte Demarkationslinie hat sie verzichtet. Sie hätte, so sagt die 16-Jährige, dabei kein gutes Gefühl gehabt.

Was aber hat Aline Bucher an den Koreanern besonders beeindruckt? Die Antwort kommt, kaum ist das letzte Wort ausgesprochen: «Die Leute sind im Vergleich zu uns Schweizern viel grosszügiger.»

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