Chiara Zgraggen
Chiara Zgraggen
Unauffällig, zurückhaltend, konzentriert: Ivan Acquisto scheint der perfekte Lehrling zu sein. Diesen Sommer hat er seine Ausbildung zum Koch mit Eidgenössischem Fähigkeitszeugnis abgeschlossen – der Weg dahin war allerdings steinig: Er rasselte vor einem Jahr durch die praktische Lehrabschlussprüfung. Nun, ein Jahr später, darf sich der Geuenseer «einer der besten seines Jahrgangs» nennen. Die Leistung bei der praktischen Prüfung war fast perfekt; er darf sich mit der Note 5,8 rühmen. «Das hätte ich nie erwartet. Ich dachte, mehr als eine Fünf liegt nicht drin», sagt er. Und lächelt schüchtern.
Seine Worte wählt der 21-Jährige mit Bedacht. Immer wieder wandert sein Blick zu seinem Tischnachbar und Ausbildner Hugo Horat. Der kurze Augenkontakt scheint ihm Sicherheit zu verleihen. Verständlich, strahlt Horat doch sehr viel Ruhe aus. Er, der bereits seit 24 Jahren für die Ausbildung der Köche in der Hirslanden Klinik St. Anna in Luzern verantwortlich ist. «Wir wollten diesem jungen Mann eine weitere Chance geben. Er fiel während der Schnupperwoche mit seiner ruhigen, freundlichen und sehr anständigen Art auf», begründet Horat den Entscheid, Ivan Acquisto ins Wiederholungsjahr aufzunehmen.
«Ich war einfach nicht gut in meiner ersten praktischen Lehrabschlussprüfung. Auch wenn ich sie geschafft hätte, hätte ich um eine Wiederholung des dritten Lehrjahres gebeten», gesteht Acquisto. Er habe mehr Zeit zum Üben gebraucht. Diese habe er glücklicherweise in der Klinik St. Anna erhalten. Ob er denn noch nervöser gewesen ist beim zweiten Anlauf für die Lehrabschlussprüfung? «Nein. Dank der vielen Übungsstunden war ich sehr entspannt. Offenbar war noch nie ein Kandidat vor mir so gelassen.» Er habe sogar mit den beiden Experten in der Küche ein Schwätzchen gehalten – sehr zur Überraschung ebendieser. «Sie fragten mich, ob ich denn nicht gestresst sei und lieber schnell machen würde», berichtet Ivan Acquisto stolz.
Seine Leidenschaft zu diesem Beruf hat Ivan Acquisto sprichwörtlich mit dem Löffel gegessen: Seine Mutter arbeitete in einem Restaurant. Schon in jungen Jahren half er in der Küche und im Service mit. «Im Moment kann ich mir aber nicht vorstellen, einen eigenen Betrieb zu leiten», sagt der 21-Jährige. Ganz grundsätzlich sind seine beruflichen Vorstellungen vage. Wie es nun weitergehen soll, weiss er noch nicht.
Wie der Ausbildner, so der Lehrling
Um eine Erfahrung reicher möchte Acquisto aber garantiert noch werden. «Ich würde gerne im englischsprachigen Raum ein Jahr verbringen.» Dabei will der Koch zwar vor allem der englischen Sprache mächtig werden. Das alleine reicht dem ehrgeizigen Mann aber nicht. «Ich würde auch gerne die Hälfte der Zeit als Koch arbeiten. Zum Meister wird man während der Arbeit», sagt er – und schaut einmal mehr zu seinem Ausbildner Hugo Horat, der auch in einem weiteren Punkt ein Vorbild zu sein scheint: Auch Horat verbrachte einst zwei Jahre im Ausland. «Ich kochte in Kanada. Zuerst war ich in Quebec, um neben dem Kochen Französisch zu lernen. Dann begab ich mich in den englischsprachigen Teil Kanadas», so der 64-Jährige. «Was ich dort in der Küche lernte, kann ich auch heute noch gut in meinem Beruf anwenden.»
Obwohl er nun beruflich zu den Besten seines Jahrgangs gehört: Zu Hause kocht Acquisto lieber einfache Sachen. Er nehme seine Arbeit nicht nach Hause. «Ein Lieblingsgericht habe ich nicht», so Acquisto. «Aber Innereien wie Leber mag ich nicht», ergänzt er, schüchtern, wie er ist, mit den Augen bei Hugo Horat.