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Luzern

Kleine Luzerner Parteien reklamieren mehr Einfluss im Kantonsrat

Die Bürgerlichen haben den Grünen und der GLP nach den letzten Luzerner Kantonsratswahlen Kommissionssitze gestrichen. Nun verlangen die Kleinparteien eine Korrektur. Doch das kommt bei den Wahlsiegern schlecht an.
Die GLP mit Claudia Huser Barmettler, Fraktionschefin Michèle Graber und Urs Brücker (von links) verlangt mehr Sitze in Kantonsratskommissionen. (Bild: Pius Amrein, Luzern, 12. Dezember 2016)

Lukas Nussbaumer

Wahlerfolge sollen sich in Kommissionssitze ummünzen. Nach diesem Grundsatz handelten die Sieger der letzten Kantonsratswahlen im Mai 2015 – und verbannten die Grünliberalen aus drei kantonsrätlichen Kommissionen, die Grünen aus einer. Beide Parteien büssten Wähleranteile und Mandate ein.

Anders SVP und FDP: Sie konnten zulegen. Und schafften es, die achtköpfige Geschäftsleitung des Parlaments – bestehend aus den sechs Fraktionschefs sowie dem Kantonsratspräsidenten und dem Vize – von einer streng mathematisch begründeten Kommissionszusammensetzung zu überzeugen. Das Abstimmungsresultat war jedoch knapp – knapper ging nicht.

Die Neuverteilung passte der GLP, den Grünen und auch der SP, die ihre Kommissionssitze halten konnte, nicht. Ihre Vertreter sprachen von einer «Machtdemonstration der Bürgerlichen», von einem «unverständlichen Rauswurf», auch davon, dass man die Abweichung vom bisher geltenden Grundsatz sehr bedaure.

Regierung hat für Antwort auf Vorstoss ein Jahr lang Zeit

Das damals Gesagte gilt für die drei kleinsten Kantonsratsfraktionen noch immer. Und sie setzen alles daran, den bis 2015 geltenden Massstab künftig im Kantonsratsgesetz zu verankern: Alle Fraktionen sollen in allen Kommissionen mit mindestens einem Mitglied vertreten sein, verlangt GLP-Fraktionschefin Michèle Graber in einer Motion.

«Wenn ich mich im Kantonsrat umhöre, heisst es immer wieder, in den Kommissionen müssten alle Fraktionen vertreten sein.»

Michèle Graber, GLP-Fraktionschefin


SP- und Grüne-Parlamentarier haben ihren Vorstoss mitunterzeichnet, dazu lediglich zwei Bürgerliche. Dennoch ist Graber davon überzeugt, für ihre Motion eine Mehrheit zu finden. «Wenn ich mich im Kantonsrat umhöre, heisst es immer wieder, in den Kommissionen müssten alle Fraktionen vertreten sein. Das finden auch Regierungsräte.» Die Udligenswilerin hofft denn auch, die Regierung beantworte ihre Motion «zeitnah». Konkret: im Umfeld der Kantonsratswahlen vom 31. März 2019. Reizt die Exekutive ihren gesetzlich zugestandenen Spielraum aus, muss sie sich zum Vorstoss jedoch erst in einem Jahr äussern.

Das Entscheidende erfahren Räte in den Kommissionen

Doch warum wollen Grünliberale und Grüne partout in allen zehn Kantonsratskommissionen mitreden? Aus vier Gründen: Weil die wichtigen Geschäfte in diesen Gremien vorbereitet werden. Weil entscheidende Informationen zu vielen Vorlagen nur in den Kommissionen ausgetauscht werden. Weil mit dem Ausschluss der kleinen Fraktionen das Risiko besteht, dass Kommissionsarbeit ins Plenum verlegt wird – so passiert bei der Beratung des Energiegesetzes. Und weil es zum hiesigen Demokratieverständnis gehört, alle Meinungen einzubeziehen.

Hans Stutz, Vizefraktionschef der Grünen, unterstreicht die Forderung von Graber. Schliesslich hätten sämtliche Fraktionen den Auftrag ihrer Wähler, sich bei allen Geschäften einzubringen – und dazu sei eben die Vertretung aller Parteien in den Kommissionen nötig. Dies auch wegen der ausgeprägten Vertrauenskultur in diesen Gremien und den sehr knapp gefassten Sitzungsprotokollen. Würden die Bürgerlichen auf der mathematisch begründeten Zuteilung der Kommissionssitze verharren, sei dies «Ausdruck eines Machtwillens, der Minderheiten als geduldet, aber unerwünscht erachtet».

Die SP stehe ebenfalls hinter dem Vorstoss, wie Präsident und Kantonsrat David Roth sagt. Der Einbezug von Minderheiten und damit auch kleineren politischen Kräften gehöre geradezu zur DNA der Schweizer Demokratie. Deshalb dürften bei der Zuteilung der Kommissionssitze «nicht nur mathematische Kriterien ausschlaggebend sein».

Bürgerliche sehen keinen Handlungsbedarf

Für die Fraktionsspitzen von CVP, SVP und FDP besteht momentan «kein Handlungsbedarf», wie sich CVP-Fraktionschef Ludwig Peyer ausdrückt. Und sowohl der interimistische SVP-Fraktionschef Urs Dickerhof als auch FDP-Fraktionspräsident Andreas Moser betonen, die jetzige Verteilung sei korrekt. Moser: «Damit das politische Kräfteverhältnis nach effektiven Wähleranteilen abgebildet wird, ist eine Zuteilung der Sitze nach mathematischen Kriterien richtig.» Eine künstliche Korrektur der Mandate zu Gunsten der Verlierer sei falsch.

«Die Zuteilung der Sitze nach mathematischen Kriterien ist richtig.»

Andreas Moser, FDP-Fraktionschef


Ebenso falsch wäre es laut Urs Dickerhof, die aktuelle Zahl von 130 Kommissionssitzen zu erhöhen, um der GLP überall den Einsitz zu ermöglichen. «Das wäre teuer und ineffizient und ausserdem mit einem Milizparlament nicht zu vereinbaren, weil dann jeder Kantonsrat Mitglied in zwei Kommissionen sein müsste.»

Darum können Kantonsräte mühsam sein

Nichts hält der Kantonsratspräsident von 2013 zudem vom Argument, durch den Ausschluss der «Kleinen« aus mehreren Kommissionen werde die Arbeit dieser Gremien in den Rat verlegt. «Das ist in den letzten dreieinhalb Jahren sehr selten vorgekommen», blickt Dickerhof zurück. Mühsamer seien jene Kolleginnen und Kollegen, die ihre in den Kommissionen unterlegenen Anträge der Publizität wegen im Rat nochmals stellen würden. Und dies habe nichts mit der Fraktionszugehörigkeit zu tun.

Folgt das Gros der 92 Kantonsräte aus den Reihen von CVP, SVP und FDP seinen Fraktionspräsidenten, wird die Motion von Michèle Graber scheitern. Die Folgen wären nicht gravierend, glaubt der Luzerner Politikwissenschaftler Olivier Dolder. «Die Politik würde sich nicht grundlegend ändern, wenn alle Parteien in allen Kommissionen vertreten wären». Auch sei es eine Illusion zu meinen, dass sich dadurch alle politischen Spannungen im Kanton lösen würden.

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