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Zug

Kino Zug: Zwei Lebensentwürfe abseits gesellschaftlicher Normen

«Madame» von Stéphane Riethauser ist ein intimes Filmdokument über Sexualität und Geschlechterrollen.
Des Regisseurs Grossmutter Caroline war nie die Frau, welche das typisch weibliche Rollenbild erfüllt. (Bild: PD)

Andreas Faessler

Das Verhältnis von Stéphane Riethauser zu seiner Grossmutter ist innig – sein intimer Film «Madame» ist ihr gewidmet. Mit zahllosen Film- und Tonschnipseln sowie haufenweise Bild- und Notizmaterial zeichnet Riethauser das Leben seiner Oma wie auch seine eigene Entwicklung nach.

Stéphane seinerseits ist anders als die anderen, das merkt er als Teenager bald. Obschon er bis ins Erwachsenenalter selber überzeugt ist, dass er als Mann selbstverständlich einmal eine Frau heiraten wird – wie es Mama und Papa von ihm erwarten – weiss er, dass er sich von Männern angezogen fühlt. Doch verleugnet er sich selbst über zwei Jahrzehnte lang, was ihm mitunter psychisch zusetzt – bis er endlich sein Coming-out wagt.

Weniger wohlbehütet ist seine Grossmutter aufgewachsen, deren Leben der Film als paralleler Strang zu seiner Autobiografie zeigt. Der Genfer Bourgeoisie entstammend, wurde ihre Jugend durch eine frühe Zwangsheirat zerstört. Nach der Trennung wollte sie nie mehr von einem Mann abhängig sein und entwickelte sich zu einer selbstbewussten, erfolgreichen und geachteten Geschäftsfrau.

Die beiden in Form bunter Collagen aufgearbeiteten Biografien sind so unterschiedlich – und in zentralen Punkten doch so gleich: Beide erfüllen nicht die Geschlechterrollen, die ihnen von einer konservativ eingestellten Gesellschaft auferlegt sind. Es ist umso wohltuender, wie der Regisseur filmisch darstellt, wie beide schliesslich ihren Platz im Leben gefunden haben, um sich zu verwirklichen und glücklich zu werden. Stéphane Riethauser präsentiert seine Grossmama als humorvolle und liebenswerte, wenn auch resolute Frau.

Beide Lebensläufe stehen beispielhaft für die immer virulenter werdenden Diskussionen über die Selbstbestimmung der Frau einerseits und die Selbstverständlichkeit der sexuellen Orientierung andererseits. Was Stéphane Riethauser mit seinem sehr unterhaltsamen Filmdokument transportiert, ist ein wichtiger Beitrag zur Akzeptanz individueller Lebensentwürfe abseits der «Norm».

Hinweis
Der Fliz Filmclub Zug zeigt «Madame» am Montag, 10. Februar, 20 Uhr im Kino Gotthard, Zug. Der Regisseur ist Saalgast.

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