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Zug

Kiesabbau Hatwil-Hubletzen: Resultate des Gutachtens sind umstritten

Der Plan, das Kiesabbaugebiet Hatwil-Hubletzen im kantonalen Richtplan festzusetzen, besteht seit einiger Zeit. Ein von der Gemeinde in Auftrag gegebenes Gutachten beurteilt das Vorhaben nun kritisch. Der Kanton kontert.
Im Gebiet Hatwil-Hubletzen soll Kies abgebaut werden. Ein Gutachten zeigt erhebliche Risiken auf. (Bild: Werner Schelbert, Cham, 14. März 2018)

Vanessa Varisco

Die Diskussionen darüber, ob das Gelände um Hatwil-Hubletzen in Zukunft im kantonalen Richtplan als Kiesabbaugebiet festgelegt wird, gehen in die nächste Runde: Die Gemeinde Cham, die sich seit Jahren gegen das Vorhaben wehrt, hat ein unabhängiges Gutachten in Auftrag gegeben, heisst es in einer Medienmitteilung. Rolf Ineichen, Vorsteher Planung und Hochbau, erklärt weshalb: «Das Thema hat für Cham eine grosse Bedeutung und eine langfristige Tragweite.» Er ergänzt:

«Mit dem Gutachten wollten wir schauen, ob die Pläne des Kantons nachvollzogen werden können. Nun bestätigt es jedoch, dass unsere Befürchtungen real sind und die Richtplananpassung zahlreiche Risiken mit sich bringt.»

Risiken bestehen laut dem Gutachten beispielsweise für die Trinkwasserreserven. Im Gebiet Hatwil/Knonau steht eine Reserve für rund 18 000 Personen zur Verfügung und der Kiesabbau habe qualitative und quantitative Auswirkungen auf das Grundwasser, kommen die Experten im unabhängigen Gutachten zum Schluss. Gemäss den kantonalen Grundlagen wird mit einer Abnahme der Trinkwasserreserven von rund 20 Prozent gerechnet. Das Gutachten zeigt nun auf: «Im Hinblick auf die Versorgungssicherheit in den zunehmenden Trockenzeiten wird der Kiesabbau im Gebiet nicht empfohlen.» Rolf Ineichen ist überzeugt: «Wasser ist unsere Lebensgrundlage. Dass der Kanton in seinem raumplanerischen Bericht die ausgewiesenen Auswirkungen auf das Grundwasser als vertretbar einstuft, können wir nicht nachvollziehen.»

Gutachten_Beurteilung der geologischen und hydrogeologischen Grundlagen Hatwil-Hubletzen.pdf

Kanton rechnet mit Reduktion von sechs Prozent

Auf Anfrage relativiert Baudirektor Florian Weber die Auswirkungen auf das Grundwasser: «Das Gutachten der Gemeinde Cham betrachtet nicht den ganzen Perimeter des Grundwassers. Die Beschränkung des Blickwinkels auf nur einen Teilbereich ist nicht statthaft.» Betrachte man das ganze Gebiet, sei eine Reduktion der Trinkwasserreserven von sechs Prozent zu erwarten. Bei Grundwasser, das für 26 200 Personen ohne Kiesabbau reicht, ergibt sich dadurch lediglich eine Reduktion um rund 1 600 Personen. «Das Kiesabbaugebiet nimmt umfassend Rücksicht auf das Grund- und Trinkwasser», versichert Weber.

Feuchtgebiete würden austrocknen

Auch weitere Bedenken bezüglich Umwelt, welche die Gemeinde Cham hegt, werden im neuen Gutachten laut der Medienmitteilung bestätigt: «Das gemeindliche Naturschutzgebiet Hatwiler Ried und weitere Naturobjekte sind laut dem neuen Gutachten unmittelbar durch den Kiesabbau gefährdet.» Denn, wie Manuela Hotz, Projektleiterin Umwelt der Gemeinde, erklärt: «Durch den Kiesabbau und die Grundwasserabsenkung würden die Feuchtgebiete austrocknen und die wertvollen Lebensräume verschwinden.» Dem widerspricht Florian Weber:

«Das Naturschutzgebiet Hatwiler Ried ist nicht von nationaler Bedeutung, da der Bund es nicht in sein Inventar aufgenommen hat.»

Ausserdem, argumentiert er, gäbe es viel wertvollere Gebiete in der Gemeinde Cham wie beispielsweise das Gebiet Bibersee-Tobelbach. Und er rechnet sogar damit, dass nach Abschluss des Kiesabbaus das Gebiet eine höhere Artenvielfalt aufweist als heute. «Unabhängig von dieser Wertediskussion wird das Gebiet nicht wesentlich tangiert», ergänzt Weber. Es liege zum Beispiel 75 Meter vom Abbaugebiet entfernt.

«Durch den Kiesabbau und die Grundwasserabsenkung würden die Feuchtgebiete austrocknen und die wertvollen Lebensräume verschwinden.» Dem widerspricht Florian Weber: «Das Naturschutzgebiet Hatwiler Ried ist nicht von nationaler Bedeutung, da der Bund es nicht in sein Inventar aufgenommen hat.» Ausserdem, argumentiert er, gäbe es viel wertvollere Gebiete in der Gemeinde Cham wie beispielsweise das Gebiet Bibersee-Tobelbach. Und er rechnet sogar damit, dass nach Abschluss des Kiesabbaus das Gebiet eine höhere Artenvielfalt aufweist als heute. «Unabhängig von dieser Wertediskussion wird das Gebiet nicht wesentlich tangiert», ergänzt Weber. Es liege zum Beispiel 75 Meter vom Abbaugebiet entfernt.

Bemängelt werden ausserdem die Berechnungen des abbaubaren Kies- und Ablagerungsvolumens. Nicht berücksichtigt worden sei etwa, dass das abgelagerte Material locker aufgeschüttet sei und damit nicht mit dem Volumen des abbaubaren Kieses gleichgesetzt werden könne, kritisiert die Gemeinde. Florian Weber räumt ein, bei der Berechnung des verfügbaren Ablagerungsvolumens sei tatsächlich eine Umrechnung von «Material lose zu Material fest» unterblieben. Das korrigierte Volumen wird den kantonalen Bedarf also nicht für 20 Jahre, sondern je nach Bautätigkeit für rund 15 Jahre decken können. Man ist sich nicht einig, so viel steht fest.

«Die finanziellen und wirtschaftlichen Interessen stehen in einem noch grösseren Missverhältnis zum Grundwasser- und Landschaftsschutz sowie dem Erhalt von Fruchtfolgeflächen»,

bilanziert Rolf Ineichen.

Das bestreitet Weber: «Bei der vorliegenden anstehenden Richtplananpassung fallen finanzielle und wirtschaftliche Überlegungen kaum ins Gewicht. Der Kanton beschliesst mit dem kantonalen Richtplan lediglich Grundsätze.» Welche Auswirkungen hat das neue Gutachten nun also für die Planung? Florian Weber nimmt dazu Stellung: «Das Gutachten der Gemeinde macht keine Interessenabwägung. Dessen muss man sich bewusst sein.» Es befasse sich nur mit wenigen Fachbereichen und nicht mit anderen Gesamtinteressen. Trotzdem sei es wertvoll, dass die Gemeinde Cham sich vertieft mit den Grundlagen auseinandergesetzt habe: «Es hilft dem Kanton, seine Interessenabwägung weiter zu schärfen.» Laut Weber wird der Kantonsrat voraussichtlich im Herbst/Winter 2019/2020 den Beschluss darüber fassen.

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