Florian Arnold
Mit zügigen Schritten läuft sie die Treppen im Polizeigebäude an der Kreuzstrasse 1 hoch. Die entgegenkommenden Polizisten grüsst sie freundlich – per Du. In den Armen trägt sie eine Zimmerpflanze, die sie in ihrem Büro im obersten Stock des Gebäudes abstellt. «Die habe ich mir zum Geburtstag gewünscht», sagt die Oberdorferin, die gerade ihren Fünfundfünfzigsten feiern konnte. Weitere Pflanzen stehen bereits im Raum und verleihen diesem eine beruhigende Stimmung.
Eigentlich kann Karin Kayser auch beruhigt auf die kommenden Wahlen vom März blicken: Sie ist bereits während zweier Perioden im Amt und bei der letzten Wahl 2018 erhielt sie am meisten Stimmen. Doch für die engagierte Politikerin ist klar: «Wahlen sind Wahlen, da will ich nicht zurücklehnen.» Doch was ist ihr Erfolgsrezept? «Das Wichtigste ist, sich selbst zu sein», sagt die Justiz- und Sicherheitsdirektorin. «Natürlich habe ich während der Zeit als Regierungsrätin einen Wandel durchgemacht, ich bin erfahrener und versierter geworden. Dennoch können Dinge nur dann gelingen, wenn ich mich immer wieder auf mich selber besinne.»
Mitgestalten und Lösungen erarbeiten
Der Himmel über Nidwalden ist mit Hochnebel überzogen, sodass die Aussicht vom Büro aus etwas getrübt ist. Der Raum aber wirkt einladend. In einer Ecke stehen breite, gepolsterte Hocker. Hier bittet Karin Kayser ihre Gesprächspartner, Platz zu nehmen. «Ich bin immer mit Freude bei der Arbeit», sagt die Regierungsrätin. «Mein Grundziel ist es, mitzugestalten, positiv auf Prozesse und Geschäfte einzuwirken und tragfähige Lösungen zu erarbeiten. Dazu finde ich wichtig, unterschiedliche Menschen, Funktionen und Perspektiven zusammenzubringen.»
Karin Kayser denkt auch über die Kantonsgrenzen hinaus. Besonders stolz ist sie deshalb auf die Zusammenlegung des Feuerwehrinspektorats für Ob- und Nidwalden, ebenso die Wehrmännerentlassung und die gegenseitige Stellvertretung der Militärverwaltung. Über noch mehr Kantone zusammengearbeitet wird im Justizvollzug, in der Opferhilfe, der Bewältigung von Justizdelikten und der Einsatzleitzentrale.
Die Nidwaldnerin ist zudem Vizepräsidentin der Justiz- und Polizeidirektorenkonferenz. «Hier haben wir es geschafft, dass die Haftplätze von Basel bis ins Tessin koordiniert werden können.» In weiteren Zusammenschlüssen sieht Karin Kayser grosse Chancen für die Zukunft. «Es tönt paradox, aber um eigenständig bleiben zu können, müssen wir als Kanton Kooperationen eingehen.» Insofern sei sie eine Verfechterin des Föderalismus, «aber eines kooperativen Föderalismus, der nicht an der Kantonsgrenze aufhört», stellt sie klar.
Mit Gerüchten konfrontiert
Eigentlich beste Voraussetzungen, um auch in Bundesbern zu politisieren. So machen denn auch Gerüchte die Runde, Karin Kayser schiele mit einem Auge auf ein nationales Amt. «Ich stehe zur Wahl als Regierungsrätin. Ich liebe die Regierungsarbeit und fokussiere mich darauf.» Doch das ist nicht das Einzige, was man sich erzählt: Die heutige Justiz- und Sicherheitsdirektorin liebäugle auch damit, neu die Baudirektion zu übernehmen. Ihr knapper Kommentar dazu: «Ich bin sehr gerne Justiz- und Sicherheitsdirektorin und die Departementsverteilung findet nach den Wahlen statt.»
Ihre Direktion biete eine enorme Abwechslung, erzählt sie. Sie decke ein breites Spektrum an Aufgaben ab: Polizei, Straf- und Massnahmenvollzug, Militär und Bevölkerungsschutz; Themen wie Zivilstand, ebenso wie Migration, Grundbuch, Jagd, Fischerei und anderes. Die grosse Klammer all dieser Themen bilde die Sicherheit, die auch den für die Regierungsrätin wichtigen Aspekt der Rechtssicherheit umfasst. In vielen Belangen stehen ernste Themen im Fokus.
«Bei uns geht es auch um die Schattenseiten des Menschen.»
So etwa beim Strafvollzug. «Oberstes Ziel ist die Reintegration der Menschen, die straffällig geworden sind.» Die Vorstellung, dass man mit dem Wegschliessen von Menschen Probleme löse, sei zu kurz gegriffen. «Für die Menschen im Strafvollzug geht es darum, Sinnhaftigkeit in ihrem Alltag zu erleben und zu finden.» Mit diesen Themen umzugehen, hätte sie damals vor acht Jahren als Sprung ins kalte Wasser erlebt; heute gehörten diese zu ihrer täglichen Arbeit, so Karin Kayser.
Herausforderungen der Pandemie
«Wie empfindlich wir reagieren, wenn wir in unserer Freiheit eingeschränkt werden, haben wir während der Lockdowns oder der Isolation hautnah erlebt», ruft sie in Erinnerung. So sei denn auch der Vollzug der Coronamassnahmen eine Herausforderung gewesen. «Das hat das ganze Team, insbesondere die Kantonspolizei, auf die Probe gestellt.» Denn besonders in der Polizeiarbeit sind Massnahmen umzusetzen, welche vielleicht nicht immer der persönlichen Haltung entsprechen. «Dass jemand deswegen seine Polizeiarbeit aufgegeben hat, ist nicht vorgekommen», meint sie. «Es war sicher wichtig, dass jede und jeder mit sich ins Reine gekommen ist.»
Mehrmals im Gespräch streicht Kayser den Teamgedanken hervor. «Ich bin sehr offen für andere Meinungen und ich lasse mich auch gerne überzeugen. Dann legen wir einen Kurs fest und bleiben diesem treu.» In etwa so beschreibe sie ihren Führungsstil. «Ungeduldig macht mich nur, wenn Dinge nicht erledigt werden, die wir so abgemacht haben. Dass Fehler passieren, erachte ich als zum Leben und Arbeiten gehörend. Wichtig ist, dass wir aus diesen lernen und als Chancen für Entwicklung erkennen.»
Ist Karin Kayser ein Machtmensch? «Das Wort Macht ist oft negativ konnotiert. Wenn wir darunter verstehen, dass wir über andere Menschen verfügen, dann lehne ich das ab. Wenn wir Macht aber dazu nutzen, zu gestalten und zu entscheiden und dafür auch die Verantwortung zu übernehmen, dann wird der Begriff positiv.» So verstehe sie auch den Regierungsrat. «Die Regierung ist sehr durchmischt. Um den idealen Weg zu finden, muss es vor Entscheidungen eine kontroverse Auseinandersetzung geben. Wir alle haben eine Führungsaufgabe und vermutlich auch ein unterschiedliches Rollenverständnis.»
Humor als wichtiges Element
Karin Kayser macht keinen Hehl daraus, dass die Arbeit als Regierungsrätin auch eine starke Belastung darstellt. «Regierungsrätin bin ich sieben Tage die Woche und 24 Stunden am Tag.» Das merke sie auch, wenn sie sich zum Ausgleich in die Natur begebe. «Wenn ich Leute antreffe und auf meine Arbeit angesprochen werde, lasse ich mich gerne auf solche Gespräche ein. Für vertiefte Diskussionen jedoch ist der Wegrand nicht der richtige Ort», sagt sie mit einem Schmunzeln. Humor ist ihr auch bei der Arbeit sehr wichtig. «Es geht nicht darum, etwas lächerlich zu machen, sondern ab und zu über sich selber zu lachen.»
Wie von Zauberhand lichtet sich der Hochnebel über Nidwalden während des Gesprächs, sodass das Foto auf dem Balkon vor dem Büro bei Sonnenschein und bestem Blick auf den Pilatus stattfinden kann. Ob Karin Kayser mit einer speziellen Prise Glück gesegnet ist?
Hinweis: Weitere Infos unter www.karinkayser.ch.