Im Kanton Zug lernen Sekschüler und Realschüler heute teilweise im gleichen Schulzimmer. Dies ist dann der Fall, wenn beide das gleiche Niveau erreichen – A für die stärkeren Jugendlichen und B für die etwas weniger starken Jugendlichen. Gemäss Schulgesetz sind diese sogenannten Niveau-Fächer verbindlich für Mathematik und Englisch. Freiwillig sind sie in Französisch und Deutsch. Für die restlichen Fächer sind sie nicht vorgesehen.
In Neuheim und Oberägeri gibt es jedoch auch in den Nicht-Niveau-Fächern schulartendurchmischte Klassen. Gemischt bedeutet, dass Werk-, Real- und Sekundarschüler zusammen in eine Klasse gehen. Notwendig dafür ist eine Bewilligung vom Kanton. Bedingung ist gemäss Schulgesetz, dass eine «sinnvolle Gliederung» in die verschiedenen Schularten nicht möglich ist. Typischerweise ist das bei kleinen Gemeinden der Fall, weil die Klassen sonst zu klein und zu teuer wären.
FDP will ohne Einbusse bei der Betreuung sparen
In einer Motion von Mitte Juli verlangt die FDP Kanton Zug, dass die Gemeinden auch ohne Bewilligung solche Klassen einführen dürfen. Die Begründung lautet, dass die Bewilligungen für schulartendurchmischte Klassen von der Direktion für Bildung und Kultur «restriktiv» gewährt werden und «in der Regel nur an sehr kleine Gemeinden». Der Bedarf für solche Klassen könne jedoch auch bei mittleren und grösseren Gemeinden entstehen. «Das Thema ist seit Jahren ein Dauerbrenner. In Baar beispielsweise hat das Gewerbe sogar mit einer Petition Anlauf genommen», sagt FDP-Kantonsrätin und Motionärin Karen Umbach (Zug).
Tatsächlich wurde 2016 ein Antrag von Steinhausen und 2015 einer von Unterägeri abgelehnt. Eine «sinnvolle Gliederung» sei auch ohne Schulartendurchmischung möglich, lautete die Begründung. Lukas Fürrer, Generalsekretär der Direktion für Bildung und Kultur, zeigt sich gegenüber der Motion vorsichtig kritisch: «Ein solcher Schritt würde es eher schwierig machen, die Oberstufe gegenüber den Eltern, Lehrbetrieben und abnehmenden Schulen zu erklären.»
Funktioniert das Modell in der Praxis? Ja, sagt Vlado Ganic. Der Oberstufenlehrer und Schulleiter in Neuheim unterrichtet eine zweite Klasse. Sie besteht aus zwei Werk-, vier Real-, und 16 Sekundarschülerinnen und -schülern. «Für mich ist es eine Win-win-Situation, ich möchte nicht mehr wechseln», kommentiert Ganic das Modell. Es sei eine grosse Bereicherung, wenn Schüler mit stark unterschiedlichen Bildungshintergründen zusammenkommen würden. Ausser bei den erwähnten Niveau-Fächern unterrichtet er immer seine ganze Klasse. Bei Nicht-Niveau-Fächern wird der Unterricht so gestaltet, dass gleichzeitig unterschiedliche Lernziele erreicht werden. Am Ende erhält der Sek-Schüler eine Sek-Prüfung und der Real-Schüler eine Real-Prüfung.
Das Modell habe in Neuheim aufgrund der kleinen Grösse Tradition – pro Jahrgang führt die Schule eine Klasse. Bei den sogenannten Stellwerktesten, die im ganzen Kanton durchgeführt werden, erziele man «durchs Band überdurchschnittliche Ergebnisse».
Schulleiter betonen den sozialen Mehrwert
Ganic gesteht, dass das Modell bei der Vorbereitung einen Mehraufwand für die Lehrperson bedeutet. Das Beurteilen über drei verschiedene Schularten hinweg ist nicht einfach. Doch die Schülerinnen und Schüler würden das Modell schätzen. Jedoch sei es manchmal schwierig, sie zu «bremsen». Das sei dann der Fall, wenn jemand in einem bestimmten Thema eigentlich die Fähigkeiten hätte, die Sek-Prüfung zu schreiben, aber der Realschulstufe zugeteilt ist.
Auch die Schule Oberägeri führt schulartendurchmischte Klassen. Wie in Neuheim wird hier der soziale Faktor betont: «Die Jugendlichen akzeptieren sich besser und wir haben weniger Ausgrenzungen», sagt Franz Hugener, Schulleiter Sekundarschule. Er wertet die Erfahrungen als positiv.